Liebe Mathematik, löse deine Probleme bitte selber - verblüffend einfache Lösungen für Mathematik im Alltag
immer wieder zum Wettstreit, um den allerbesten zu ermitteln. Scipione del Ferro war Lehrstuhlinhaber für Arithmetik und Geometrie an der Universität Bologna, trotz seiner Stellung als Autorität benahm er sich aber ziemlich unverantwortlich. So behielt er seine Methode zur Lösung kubischer Gleichungen für sich, um alle Wettbewerbe gewinnen zu können – als Preise winkten oft stattliche Geldsummen oder Posten an renommierten Universitäten. Immerhin vertraute er seine Methode einem seiner Schüler an, Antonio Maria Fiore. Gleichzeitig brüstete sich ein Konkurrent, auch er könne kubische Gleichungen lösen. Wenn man heute im Pausenhof so etwas macht, bekommt man in null Komma nichts zwei Veilchen verpasst.
Schließlich kam es zum großen Zweikampf. Um 1535 forderten Tartaglia und Fiore einander zum Mathematikduell. Jeder stellte dem anderen 30 Aufgaben. Fiore setzte alles auf eine Karte und stellte lauter Aufgaben mit kubischen Gleichungen. (Wie er sie selbst lösen musste, hatte er von del Ferro gelernt.) Tartaglia hingegen stellte Fiore sehr unterschiedliche Aufgaben. Zu Fiores Unglück konnte Tartaglia die ihm gestellten
kubischen Aufgaben tatsächlich lösen, sodass er viele Punkte sammelte. Für Fiore lief es weniger gut, und Tartaglia wurde zum Sieger erklärt. Großmütig (und wahrscheinlich ziemlich selbstgefällig) verzichtete er auf seinen Preis: 30 Bankette für sich und seine Freunde.
7 Algebra ist Demokratie
Auch wenn im 16. Jahrhundert Mathematiker wie Fiore und Tartaglia unser Wissen über Gleichungen vergrößerten, hatten sie aber noch keine Algebra entwickelt, wie wir sie heute kennen.
Wie gezeigt, bedeutet Algebra im Grunde zu verallgemeinern. Dieser Prozess der Generalisierung von Mathematik begann bereits zu Zeiten der Pharaonen, als ägyptische Mathematiker von unbekannten Zahlen als »Haufen« redeten. Viele andere Kulturen machten diesen Schritt ebenfalls. Die Babylonier nannten unbekannte Zahlen »ush« (»Länge«); als »sagab« (wörtlich tatsächlich »Quadrat«) bezeichneten sie das Quadrat einer Unbekannten. Der indische Mathematiker Brahmagupta (598–670 n. Chr.) verwendete die verkürzten Wörter für Farben, um unbekannte Zahlen darzustellen.
Der nächste Schritt bestand darin, die Verwendung von Symbolen auszuweiten. Auch das geschah wieder zu verschiedenen Zeiten an verschiedenen Orten. Der griechische Mathematiker Diophant, der im 3. Jahrhundert n. Chr. lebte, entwickelte um das Jahr 250 eine Kurzschreibweise für mathematische Ausdrücke. Die Terminologie war allerdings noch ziemlich kompliziert. Sein ΔγγςιβΜθ ließe sich übersetzen als »x 2 3 x 12 Einer 9« oder »3x 2 + 12x + 9«.
Bei dieser komplizierten Schreibweise übersah man leicht die Muster, nach denen Menschen mathematische Probleme lösten, und es war unmöglich, diese Muster einfacher auszudrücken. Allgemein listeten Mathematiker viele Beispiele dafür auf, wie man eine bestimmte Art Aufgabe löste, und hofften, dass ihre Leser die dahinter stehende Theorie schon verstanden. 1629 klagte der berühmte Mathematiker und Philosoph René
Descartes: »Algebra … müsste nur von den vielerlei Zahlen und unerklärbaren Figuren befreit werden, mit denen sie überladen ist, dass ihr nicht länger die Transparenz und höchste Leichtigkeit fehlt, die, wie wir voraussetzen, in der wahren Mathesis vorhanden ist.« 8
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Ein Händler führt zwei Parfums. Das eine verkauft er für zehn Euro pro Flakon, das andere für vier Euro pro Flakon. Welche Mischung der beiden müsste sechs Euro pro Flakon kosten?
Erst ein Mann namens François Viète (1540–1603) aus dem Poitou erdachte eine einigermaßen klare Sprache für die Mathematik. Zeit seines Lebens war er am Hof der französischen Könige mal wohlgelitten, mal geächtet. Das Land litt in jener Zeit unter dem Kampf verschiedener religiöser Gruppen gegeneinander. Schließlich gewann Viète die Gunst des Königs Heinrich IV., der sich von Viète Hilfe bei der Entschlüsselung der codierten Nachrichten versprach, die der König von Spanien, Philipp II., Heinrichs Feinden schickte. Viète hatte Erfolg – so großen, dass Philipp II. sich beim Papst beschwerte, gegen ihn würde schwarze Magie eingesetzt.
In den Perioden, da er keine königliche Gunst genoss, widmete sich Viète dem Studium der Mathematik. In der Algebra lag sein Verdienst darin, dass er nicht nur die Notation von Unbekannten verallgemeinerte, sondern auch Symbole für mathematische
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