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Liebe Mathematik, löse deine Probleme bitte selber - verblüffend einfache Lösungen für Mathematik im Alltag

Liebe Mathematik, löse deine Probleme bitte selber - verblüffend einfache Lösungen für Mathematik im Alltag

Titel: Liebe Mathematik, löse deine Probleme bitte selber - verblüffend einfache Lösungen für Mathematik im Alltag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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Rücksicht auf einen Freund mit einem Wert belegen?
    Nehmen wir eine Skala von 0 bis 10, wobei 10 wirklich fantastisch gut (zum Beispiel man rettet die Erde im Alleingang vor einer Invasion durch Außerirdische) und 0 überhaupt nicht gut ist (zum Beispiel man zündet das Haus seiner Eltern an und kichert fröhlich, während es bis auf die Grundmauern niederbrennt). Wo ordnet man in dieser Skala saubere Zähne ein? Was ist der Wert geschrubbelter Beißerchen? Und selbst wenn man Leibniz nicht ganz so wörtlich nimmt: Ist es überhaupt möglich zu sagen, welche der Handlungsfolgen »besser« ist?
    Aber lassen wir diese Frage jetzt beiseite. Als Nächstes müssten wir ermitteln, wie hoch die Wahrscheinlichkeit dafür liegt, dass die Handlungen auch zu den angestrebten Folgen führen. Wenn man die Zahnbürste heimlich ausleiht, wie wahrscheinlich ist dann, dass man das Ziel sauberer Zähne erreicht? Das könnte Ihnen Ihr Zahnarzt vermutlich ungefähr sagen – aber da sein Interesse darin liegt, Sie möglichst oft zu sehen, würde ich seiner Aussage nicht besonders trauen.
    Und wenn Sie die Zahnbürste nicht verwenden, wird das zur Folge haben, dass Sie Ihrem Freund kein Unrecht tun? Ich schätze, ja. Aber vielleicht wollen Sie ihm gegenüber auch deswegen fair sein, weil Sie hoffen, dass er in der Zukunft Ihnen gegenüber ähnlich rücksichtsvoll ist. Vielleicht verzichtet er darauf, sich nach einem besonders schweißtreibenden Besuch im Fitnessstudio mit Ihrem Handtuch abzutrocknen. Allerdings wird Ihr Freund ja nie erfahren, dass Sie sich gegen den Gebrauch seiner Zahnbürste entschieden haben – außer Sie erzählen ihm hinterher, in welches moralische Dilemma Sie die Zahnbürstenfrage gestürzt hat. Aber in dem Fall regt er sich
entweder auf, dass Sie überhaupt erwogen haben, seine Hygieneartikel zu verwenden, oder er hält Sie für ziemlich seltsam, dass Sie ihm derart langweiligen Käse erzählen.
    Und so stehen Sie weiter ratlos im Bad, malen verzweifelt Rechtecke an den Spiegel und kommen immer mehr zum Schluss, dass Leibniz Ihnen da keinen Gefallen getan hat. Zwar hat er vermutlich insofern recht, als man bei Entscheidungen natürlich bedenken sollte, zu welchen Folgen sie führen, und mit welcher Wahrscheinlichkeit. Doch den Entscheidungsprozess macht das in keiner Weise einfacher. Es ist sicher annähernd unmöglich, verschiedenen Handlungsoptionen Werte zuzuordnen. Mein Vorschlag lautet daher: Schließen Sie die Badtür ab, lassen Sie Wasser laufen, um das verräterische Geräusch von über Zähne schabenden Borsten zu überdecken, und schrubbeln Sie fröhlich. Niemand wird es je erfahren.
    64.
    Sie haben fünf Paar Ohrringe, die aber im Schmuckkästchen wild durcheinander fliegen. Wie viele Ohrringe müssen Sie herausholen, um sicher ein Paar zu bekommen?
    Okay, die Wahrscheinlichkeitsrechnung bringt also nicht ganz so viel, wie ihre Pioniere anfangs gehofft hatten. Sie verrät einem nicht, was man tun sollte und enthüllt uns auch nicht die Zukunft. Trotzdem machten die Leute weiterhin imposant klingendes Gedöns um sie. Descartes etwa kam zum Schluss: Es ist »ein richtiger Grundsatz, dass, wenn wir die wahrsten Ansichten nicht deutlich zu erkennen vermögen, wir den wahrscheinlichsten folgen … müssen« 10 . Für Cicero (106–43 v. Chr.) war »Wahrscheinlichkeit die wichtigste Richtschnur im Leben«. Der amerikanische Mathematiker Charles Sanders Peirce (1839–1914)
erklärte: »Alles menschliche Tun beruht auf Wahrscheinlichkeiten. Das gilt überall. Besäße der Mensch das ewige Leben, könnte er mit Sicherheit davon ausgehen, dass er den Tag erlebt, an dem alles, worauf er vertraut hat, ihn verrät und er, kurzum, in hoffnungslose Not stürzt. Irgendwann stürzt auch er, wie jeder Reichtum vergeht, jede Dynastie endet und jede Hochkultur zerbricht.« 11 Was wohl eine gute Sache sein soll.
    65.
    Bei einem Brettspiel für zwei Leute ziehen beide Spieler abwechselnd. Gewonnen hat, wer das 100 Felder entfernte Ziel als Erster erreicht. Ernie zieht in jeder Runde drei Felder weiter, während Bert würfelt und die Zahl der Augen vorrückt. Wer gewinnt mit größerer Wahrscheinlichkeit, Ernie oder Bert?

2 Kugeln ohne Ende
    Das Problem mit der Übertragung von Wahrscheinlichkeiten auf das echte Leben besteht darin, dass das Leben so kompliziert ist. Ständig müssen wir Entscheidungen treffen, und oft lässt sich unmöglich sagen, was man am besten tun sollte. Andererseits wäre das Leben auch

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