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Liebe Mathematik, löse deine Probleme bitte selber - verblüffend einfache Lösungen für Mathematik im Alltag

Liebe Mathematik, löse deine Probleme bitte selber - verblüffend einfache Lösungen für Mathematik im Alltag

Titel: Liebe Mathematik, löse deine Probleme bitte selber - verblüffend einfache Lösungen für Mathematik im Alltag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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Operationen erfand (er führte + für Summen und – für Differenzen ein) und Gleichungen an sich generalisierte. Wo früher Mathematiker eine ganze Reihe von ähnlichen Gleichungen einzeln behandelt hatten (z. B. 2x + 3 = 10, 4x – 1 = 13,
6x + 23 = 132 usw.), fasste Viète alle Gleichungen dieses Typs in der verallgemeinerten Form ax + b = c zusammen, wobei a, b und c für die Zahlen in den konkreten Beispielen stehen. So konnte Viète ganz allgemein und viel prägnanter als seine Vorgänger erläutern, wie Gleichungen dieser Art zu lösen seien.
    Das klingt jetzt vielleicht nicht revolutionär, aber damals stellte es einen gewaltigen Durchbruch dar. Denn nun konnten Mathematiker generalisierte Ausdrücke aufschreiben, um ganze Typen von Aufgabenstellungen zu lösen. Bis dahin hatten die Araber und andere Kulturen jede quadratische Gleichung, die man ihnen hinwarf, lösen können. Allerdings operierten sie nicht mit einem Lösungsschema, sondern, je nach Typ quadratischer Gleichung, mit fünf verschiedenen Methoden. Beispielsweise kannten sie eine Methode zur Lösung von Gleichungen der allgemeinen Form bx = ax 2 (z. B. 2x = 3x 2 , 4x = 6x 2 oder 22x = 9x 2 ), verfolgten aber einen ganz anderen Ansatz, wenn sie vor einer Gleichung der allgemeineren Form ax 2 + bx = c standen (z. B. 4x 2 + 2x = 9, 1,5x 2 + 4x = 7 oder 6x 2 + 2x = 11). Die Methoden der Araber waren ungemein klug, doch weil sie Algebra generell mit Geometrie in Verbindung brachten und mit negativen Zahlen nichts am Hut hatten, erkannten sie nicht, dass sich alle quadratischen Gleichungen nach einem einzigen Schema lösen ließen.
    Nach Viètes Erfindung aber wurde klar, dass sich alle quadratischen Gleichungen auf eine generalisierte Art schreiben ließen: y = ax 2 + bx + c (wobei a der Koeffizient vor dem x 2 , b der Koeffizient vor dem x und c der Koeffizient am Ende des Terms ist). Davon ausgehend, konnte man eine Formel zur Lösung jeder quadratischen Gleichung ableiten. Hier ist sie – ich hoffe, Sie freuen sich, einen alten Bekannten wieder zu sehen:

    Das mag Ihnen wie kalter Kaffee vorkommen, aber Viètes Entdeckung hatte einen tief greifenden Einfluss auf das Leben seiner Zeitgenossen und aller nachfolgenden Generationen. Zuvor war die Mathematik eine Angelegenheit allein für Wissenschaftler und Priester gewesen und war vom Durchschnittsmenschen misstrauisch beargwöhnt worden, vor allem, weil sie derart kompliziert war, dass man als Laie gar nicht erst versuchen brauchte, irgendetwas zu kapieren. Doch mit dem Anschwellen des Handels im Europa des 17. Jahrhunderts erwies sich der praktische Wert höherer Mathematik. Die Algebra verschaffte Handwerkern und Geschäftsleuten einen Zugang zur Mathematik. Sie gab ihnen Formeln an die Hand, mit denen sie praktische Probleme lösen konnten, auch wenn sie die Herleitung der Formel nicht ganz verstanden. Man begann, die Mathematik als Werkzeug fürs Volk zu betrachten, nicht mehr als schwarze Magie, die von einer Elite praktiziert wurde.
    Die Algebra half nicht nur, die Mathematik zu entmystifizieren, sie erlaubte auch, komplexe Situationen zu analysieren und zu manipulieren. Bald würde Galileo Galilei (1564–1642) anfangen, die Gesetze der Bewegung zu untersuchen, Johannes Kepler (1571–1630) studierte die Bahnen der Planeten und Isaac Newton (1643–1727) beobachtete von Bäumen fallende Äpfel. Im zwanzigsten Jahrhundert sind wir auf den Mond geflogen, und Albert Einstein (1879–1955) hat die Relativitätstheorie entwickelt – aber ohne die vereinfachende Macht der Algebra und ihre Fähigkeit, Beziehungen und Muster herauszuarbeiten, wäre die Arbeit späterer Generationen unmöglich gewesen.

8 Charlies Rettung
    Charlie in der hintersten Bank wirkt noch nicht überzeugt. Er steckt nach wie vor tief in Schwierigkeiten. Die Relevanz von t, x oder y will ihm partout nicht einleuchten. Und wenn irgendwo gleich zwei dieser Buchstaben auftauchen, dann versinkt er in Selbsthass und Verzweiflung. Vielleicht hilft es Charlie, wenn er sieht, wie die Menschen mit Algebra rangen, bevor Mathematiker wie Viète kamen und sie zu ihrer verwirrenden Form reduzierten …
    Niemand sollte sich schämen, wenn er seine Matheaufgaben gerne konkreter hätte. Vor Viète verstanden selbst die meisten Mathematiker Gleichungen kaum, solange sie keinen Zusammenhang zu geometrischen Formen erkannten. Deswegen lautete das Wort der Babylonier für eine Unbekannte »Linie« und deswegen sprechen wir noch heute von

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