Liebe mit beschrankter Haftung
TAG DES ALTEN JAHRES ZUM ERSTEN MAL SEIN KÖPFCHEN SELBSTSTÄNDIG GEHOBEN HAT)
IHR LIEBEN …
Nachdem meine Hoffnung, dass möglicherweise wenigstens die letzte SMS an mich persönlich gerichtet sein könnte und vielleicht sogar inhaltlich mehr zu bieten hätte als das Übliche FROHES-NEUES-BLABLA, sich nicht erfüllt hat, überfliege ich sie nur noch und werfe einen kurzen Blick auf den Absender. Julia. Julia? Welche Julia? Ich kenne keine Julia, wenn man mal von Julia Konradi absieht, die damals in der Grundschule für ein halbes Jahr neben mir saß, bevor sie beschloss, sich einen Sitznachbarn zu suchen, der etwas von Mathe versteht und sie abschreiben lässt. Kurz fühle ich mich verpflichtet, die Neujahrsgrüße zu beantworten, entscheide mich dann aber dagegen. Wahrscheinlich wird es sowieso niemandem auffallen. Ich mag keine Massen-SMS zu Weihnachten oder Silvester. Rundmails sind doof. Über Rundmails freut sich nur einer, und das ist der Telefonanbieter. Was da alleine heute Nacht für ein Geld gemacht wird, da möchte ich gar nicht drüber nachdenken. Ich werde doch diese Verschwendung nicht noch unterstützen. Stattdessen rufe ich lieber meinen besten Freund Daniel an. Es klingelt ziemlich lange und ich fürchte schon, dass sich nur die Mailbox melden wird, als er schließlich doch noch drangeht.
»Hey, Schneewittchen«, so nennt er mich, weil ich pechschwarze Haare und blasse Haut habe, »frohes neues Jahr!«
»Das wünsche ich dir auch! Alles Gute! Und dass du dieses Jahr endlich deine Schreibblockade überwindest.« Trotz eines abgeschlossenen Jurastudiums hat Daniel sich nämlich für ein Leben als Schriftsteller entschieden. Eine tolle Sache, wie ich finde. Problematischerweise arbeitet er aber schon seit zehn Jahren an seinem Debütroman, hält sich mit einem Nebenjob an einer Tankstelle über Wasser und kommt irgendwie nicht in die Gänge.
»Ja, dein Wort in Gottes Ohr«, gibt er wenig zuversichtlich zurück.
»Was macht ihr denn gerade so?«, erkundige ich mich nach ihm und seiner neuen Freundin Franzi.
»Das ist doch nicht zu fassen, dass du jetzt ans Telefon gehst«, faucht jemand im Hintergrund.
»Oh. Störe ich?«, frage ich.
»Nein, du störst überhaupt nicht«, gibt Daniel zurück, während Franzi ganz anderer Meinung zu sein scheint.
»Du bist doch echt nicht mehr ganz dicht«, wirft sie ihm an den Kopf.
»Franzi, was ist denn los? Warum regst du dich so auf?«, höre ich ihn sagen und dann bricht seine Freundin in Tränen aus und stammelt irgendetwas, das ich nicht verstehen kann.
»Daniel, seid ihr etwa gerade miteinander im Bett?«, frage ich ahnungsvoll.
»Na ja«, gibt er gedehnt zurück, »aber doch, ähm, nachher.« Franzi heult noch ein bisschen lauter und ich kann über meinen stoffeligen besten Freund mal wieder nur den Kopf schütteln.
»Das kann doch nicht dein Ernst sein«, ergreife ich Franzis Partei, obwohl sie und ich nicht gerade das sind, was man Freundinnen nennt. Eher im Gegenteil. Sie hasst mich, wobei ich nicht genau weiß, weshalb, und ich kann sie nicht besonders gut leiden, weil, na ja, vermutlich weil sie mich hasst. Das ist eine Eigenschaft, die ich bei anderen Leuten nur schwer akzeptieren kann. Dennoch, während des Nachspiels ans Telefon zu gehen, das geht nun wirklich zu weit.
»Was habe ich denn gemacht? Ich hab doch gar nichts gemacht«, stammelt Daniel hilflos, »Franzi, lauf nicht weg. Bitte!«
»Du solltest sie lieber wieder einfangen«, rate ich ihm und kann förmlich vor mir sehen, wie er seinen nicht eben zierlichen Körper aus dem Bett wuchtet.
»Ich verstehe das nicht«, jammert er dabei vor sich hin. »Wieso kann ich nicht ans Telefon gehen, wenn meine beste Freundin anruft, die Silvester mutterseelenalleine zu Hause sitzt?«
»Ich bin nicht zu Hause, sondern im Waschsalon«, sage ich bestimmt.
»Was machst du denn im Waschsalon?« Im Hintergrund höre ich eine Tür zuschlagen.
»Daniel«, sage ich geduldig, »du solltest wirklich mal lernen, Prioritäten zu setzen. Es ist doch jetzt viel wichtiger, Franzi zurückzuholen, als herauszufinden, was deine jämmerliche beste Freundin jetzt schon wieder für einen merkwürdigen Einfall hatte.«
»Ich finde dich gar nicht jämmerlich!«
»Danke. Läufst du ihr jetzt hinterher oder nicht?«
»Ja, natürlich. Ähm, ich rufe dich morgen zurück, okay?«
»Mach das! Viel Glück!«
»Danke«, sagt er kläglich. »Eigentlich bin ich zu alt für so was!«
»Dann solltest du dir eine Frau
Weitere Kostenlose Bücher