Liebe mit beschrankter Haftung
»Jeder von uns kann weiterhin sexuelle Beziehungen haben, sofern diese nicht unser Familienleben stören. Das wird natürlich auch im Vertrag festgelegt. Jeder von uns hat zwei Abende in der Woche zu seiner freien Verfügung. Da kann er machen, was er will.« Ich nicke zustimmend.
»Ach so, und wenn Mia sich mit ihrem Liebhaber trifft, dann stillst du das Kind an dem Abend?«, erkundigt sich Daniel unschuldig, »nur, damit ich das richtig verstehe.«
»Na ja, während sie stillt, ist sie natürlich ein bisschen mehr gebunden als ich«, gibt Marko zu.
»Aber du wirst in der Zeit trotzdem mit anderen Frauen Sex haben?«
»Warum habe ich das Gefühl, dass du mich reinreiten willst, Mann?«, fragt Marko aggressiv, woraufhin Daniel nur umso freundlicher lächelt.
»Ich möchte nur die genauen Vorstellungen beider Parteien abklären, bevor ich den Vertrag aufsetze. Das ist alles. Also, wie stellt ihr euch das vor? So eine Art Kommune? Jeder bringt seinen Sexpartner mit nach Hause?«
»Nein«, sagen Marko und ich wie aus einem Munde und ich lächele ihn zufrieden an.
»Aha. Also Sex nur außerhalb der gemeinsamen Wohnung?«, fragt Daniel mit unbewegtem Gesicht und Marko nickt.
»Das würde ich vorschlagen. Zumindest ab dem Zeitpunkt, wo das Kind da ist.«
»Ich verstehe. Solange Mia hochschwanger auf der Couch sitzt, kannst du deine Gespielinnen aber noch mit nach Hause bringen, richtig?«
»Ich denke, da spricht nichts gegen. Oder, Schneewittchen?« Marko sieht mich fragend an, während Daniel auf meiner anderen Seite sich versteift. Verstohlen schiele ich zu ihm rüber, und richtig, er sieht jetzt echt sauer aus. Ich hätte Marko sagen sollen, dass er mich nicht so nennen soll.
»Willst du ihm nicht antworten? Schneewittchen?«, fragt Daniel wütend.
»Äh, doch, ich, also …«
»Umgekehrt gilt das natürlich genauso«, sagt Marko.
»Na klar, du meinst, falls Mia irgendeinen Fetischisten aufgabelt, der drauf steht, es mit einer Hochschwangeren zu treiben, die das Kind eines anderen im Bauch hat, dann darf sie den auch mit nach Hause bringen, ja?«
»Daniel, jetzt reicht’s aber«, geht Kati dazwischen, während ich meinen besten Freund entsetzt ansehe. Wie kann er nur solche Sachen sagen?
»Ja, mir reicht es auch. Und zwar gründlich«, knurrt er, kramt in der Innentasche seines Jacketts nach seinem Portemonnaie und wirft einen Fünfzig-Euro-Schein auf den Tisch. »Der Wein geht auf mich. Schönen Abend noch!«
Kapitel 10
In der darauffolgenden Nacht fahre ich erschrocken aus dem Schlaf hoch, weil es an meiner Tür Sturm klingelt. Noch halb im Delirium taumele ich in meinen Flur und nehme den Hörer von der Sprechanlage.
»Wer ist da?«, frage ich und mache mich auf das Schlimmste gefasst.
»Ich bin es, Schneewittchen. Mach mal bitte die Tür auf!« In der Gegensprechanlage knackst und knistert es, eigentlich ist sie schon kaputt, seit ich hier eingezogen bin. Aber es ist unverkennbar Daniels Stimme, die mir aus dem Hörer entgegenklingt.
»Weißt du eigentlich, wie spät es ist?«
»Moment, ich guck mal schnell … es ist gleich halb sechs«, gibt er mir Auskunft.
»Das weiß ich selber«, sage ich, »du hast mich aus dem Tiefschlaf gerissen.«
»Oh, tut mir leid. Ich musste bis eben arbeiten, weißt du. Deshalb komme ich so spät. Lässt du mich bitte rein?«
»Wenn du mir was zu sagen hast, dann kannst du das genauso gut jetzt tun.«
»Aber es ist kalt hier unten. Und ich habe meine Mütze verloren. Ich habe überall gesucht, sie ist verschwunden. Und dabei bin ich ganz sicher, dass ich sie gestern Abend noch hatte.« Ich nicke, während mein Blick auf die blau-weiß-gestreifte Kopfbedeckung an meinem Garderobenhaken fällt, die Daniel gestern bei seinem überstürzten Aufbruch im »Bodega« hat liegen lassen.
»Die war sowieso hässlich«, sage ich.
»Immerhin hat sie meinen Kopf warm gehalten. Und jetzt friere ich mir die Ohren ab.«
»Dann solltest du vielleicht langsam mal zum Punkt kommen.«
»Schneewittchen …«
»Entweder du sagst jetzt, was du willst, oder ich lege auf«, drohe ich.
»Schon gut, schon gut«, sagt er hastig, »also, ich wollte mich … war wirklich … und … Kerl … viel besser …«
»Was?«, rufe ich. »Ich verstehe kein Wort.« Muss die Gegensprechanlage ausgerechnet jetzt komplett den Geist aufgeben? Ich haue den Hörer ein paar Mal gegen die Tür. »Daniel?«
»Aua, was machst … Ohren … jedenfalls …«
»Okay, so hat das keinen Zweck«, schreie
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