Liebe mit beschrankter Haftung
penibel zehn Minuten darauf ein, was Daniel mit einem amüsierten Lächeln beobachtet. »So, jetzt darfst du.«
»Okay, also. Ach, Moment mal, meine Aufzeichnungen …« Damit beugt er sich unter den Tisch und beginnt, in seinem ranzigen, grauen Rucksack, den er überall mit hinschleppt, zu kramen. Kati und ich wechseln einen erstaunten Blick. Aufzeichnungen? Daniel?
»Ähm, Daniel, deine Zeit läuft«, erinnert ihn Kati, da taucht sein dunkelblonder Haarschopf wieder auf und er streckt mir grinsend seine leeren Hände entgegen.
»Na, so was. Ich habe gar keine gemacht.« Ich kichere. »Was ich zu sagen habe, kann ich mir nämlich auch so merken.« Er holt tief Luft, sieht mir tief in die Augen und sagt: »Schneewittchen, ich bin seit sechzehn Jahren dein allerbester Freund. Ich liebe dich. Und ich werde unsere Kinder lieben.«
»Das werde ich natürlich auch, das versteht sich doch von selbst«, geht Marko dazwischen, was Kati veranlasst, wieder den Monsterhammer zu schwingen.
»Ruhe. Keine Unterbrechungen bitte.«
»Aber ich werde das Kind auch lieben.«
»Tja, nur war es dir offensichtlich nicht wichtig genug, das zu erwähnen.« Daniels sonst so sanfte braune Augen blitzen streitlustig.
»Ich wäre noch dazu gekommen …«
»Das ist doch gelogen.«
»Nein, ich …« Wieder knallt es ohrenbetäubend.
»Ruhe jetzt«, befiehlt Kati herrisch. »Marko, du hattest deine Chance. Daniel, du kannst fortfahren.«
»Danke, das war es schon.«
»Aber du hast noch siebeneinhalb Minuten Zeit.«
»Ich weiß, aber ich glaube, dass ich alles gesagt habe, was mich gegenüber meinem Konkurrenten zur besseren Wahl macht. Wir halten es seit sechzehn Jahren miteinander aus und haben eine Menge Spaß zusammen. Ich versichere dir, die nächsten achtzehn werden mit mir um einiges amüsanter als mit dem da.« Er lehnt sich auf seinem Stuhl zurück und verschränkt die Arme vor der Brust. Alle sehen mich an und ich fühle mich schrecklich unbehaglich. Ich will diese Entscheidung nicht fällen. Wie habe ich nur in diese Situation geraten können? Ich wünschte, Daniel wäre nie auf die Idee gekommen, sich ebenfalls als Vater meiner Kinder anzubieten. Dann wäre jetzt alles ganz unkompliziert und Marko und ich könnten unsere Pläne verfolgen, so, wie wir uns das vorgestellt haben. Ich sehe meinem besten Freund in die sanften, braunen Augen und auf einmal ist mir alles sonnenklar. Er hat es ja sogar gesagt: Er liebt mich. Immer noch. Nach sechzehn Jahren, in denen er den guten Kumpel gegeben hat, die Schulter zum Ausweinen, den asexuellen Kuschelbär, ist Daniel noch immer verliebt in mich. Er sieht mich an und lächelt. Ich lächele schief zurück, mein Blick wandert weiter zu Marko, der viel weniger selbstbewusst wirkt als sonst. Immer wieder fährt er sich mit den Händen durch das volle, braune Haar, seine strahlend blauen Augen suchen meine. Wie kann ein Mensch nur solche Augen haben? Ein Kribbeln läuft durch meinen ganzen Körper und mein Herz beginnt schneller zu schlagen. Ein Gedanke fährt mir durch den Kopf, und er ist so eindeutig, so unumstößlich und dabei gleichzeitig so oberflächlich und furchtbar, dass ich erschrecke: Ich will Kinder mit solchen Augen!
Kapitel 12
»Brauchst du vielleicht noch ein wenig Bedenkzeit«, erkundigt sich Kati sanft, »willst du drüber schlafen? Oder sollen die beiden wenigstens eine Runde um den Block gehen?« Ich schüttele entschlossen den Kopf. Die Spannung steigt ins Unermessliche. Wieder sehe ich Daniel an, der nervös eine rote Papierserviette in dünne Streifen zerlegt, und mit einem Mal wird mir wahnsinnig schlecht. Ich werde meinem besten Freund das Herz brechen. Schon wieder. »Ähm, Mia, bist du noch da?« Kati stupst mir leicht den Plastikhammer in die Rippen.
»Ja, ich bin da.« Ich hole tief Luft, fixiere eine einzelne, schwarze Olive, die einsam in einem der tönernen Schälchen liegt und sage schnell: »Ich entscheide mich für Marko.« Zwei Menschen stoßen hörbar die Luft aus. Ich hebe den Blick und sehe in Markos strahlendes Gesicht. Das Blau seiner Augen leuchtet vor Freude noch stärker als sonst, er springt auf und schließt mich in die Arme. Ich vergrabe meine Nase an seinem Hals und möchte, dass die Zeit stillsteht. Ich möchte einfach hier verharren, in Markos Armen, deren Muskeln ich durch seinen braunen Kaschmirpullover spüren kann. Ich will nie mehr aus dieser Umarmung auftauchen und den Blick nach rechts wenden, Daniel in die Augen schauen
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