Liebe oder so
Vielleicht gefällt ihm die Musik nicht?“, mischte sich Horst ein.
„Nein, gefällt mir kein bisschen, wenn du’s genau wissen willst.“
„Ach Gottchen“, meinte der Typ. „Weißt du, ich zwinge dich wirklich nicht zum Bleiben.“
„Zu gütig“, sagte ich, sah dabei aber Caro an. „Was ist nun, kommst du mit oder bleibst du?“
„Hör mal, ich weiß nicht, was mit dir los ist, aber ich hab nicht vor, schon zu gehen.“
„Wie du willst“, entgegnete ich. „Hast du Geld für ein Taxi dabei?“
„ Horst kann mich ja fahren. Oder?“
„Kl ar, mach ich gerne.“ Er schnitt mir eine Grimasse, und Carolin, diese Verräterin, setzte demonstrativ die Kopfhörer wieder auf und konzentrierte sich auf den nächsten Titel.
Ich sah ein, dass die Würfel gefallen waren, und ließ die beiden alleine. Auf dem Weg hinunter war mir ein bisschen übel , und das kam nicht nur von dem Cognac. Ich setzte mich auf eine Stufe und ließ mir die Sache durch den Kopf gehen.
Sie war ein großes Mädchen, und wenn ich ihre Bewe ggründe auch nicht immer verstand, so musste ich doch einräumen, dass sie meist genau wusste, was sie tat. Man konnte es drehen und wenden, wie man wollte, ich konnte mich bloß noch in meine Karre setzen und nach Hause fahren.
Gerade an diesem Punkt meiner Überlegungen erblic kte ich das Mädchen von vorhin. Sie stand ganz allein da, mit geschlossenen Augen gegen die Mauer gelehnt, und wirkte ziemlich abwesend. Ich spielte mit dem Gedanken, sie anzusprechen, ließ es dann aber sein. Für heute Abend hatte ich genug.
Der Student an der Garderobe brauchte eine Ewigkeit, bis er meine Jacke fand. Im Eingangsbereich herrschte Kehrausstimmung, überall lagen Papierschnipsel, Bierdeckel oder Visitenkarten rum. Ein paar Gäste standen im Neonlicht vor der Tür, schnappten frische Luft und unterhielten sich mit über die Schultern geworfenen Mänteln.
M ir war saukalt, als ich zum Wagen ging. Mein Atem gefror mir auf den Lippen, und während ich nach den Schlüsseln kramte, betete ich mein persönliches Vaterunser herunter, das die Starterbatterie, den Anlasser und das Warmluftgebläse mit einschloss. Da meine Karre nicht mehr die neueste war, konnte ein wenig Rückendeckung im Winter nicht schaden.
Keine Ahnung , wo sie so plötzlich herkam. Ich fuhr zusammen, als sie dicht neben mir sagte: „He du, nimmst du mich mit?“
Ich drehte mich um, es war das Wodka-Mädchen. Sie hatte offenbar ganz schön getankt, jedenfalls schwan kte sie im Stehen gehörig hin und her.
„Was ist nun? Muss ich erst nen Strip hinlegen, damit du mir ne Antwort gibst?“
Im Allgemeinen mag ich Frauen, die nicht auf den Mund gefallen sind, aber mir stand der Sinn nicht nach Spielchen. Der Abend war im Eimer, ich wollte nur noch nach Hause.
„Nein, musst du nicht .“ Ich öffnete die Tür und stieg ein. Das Mädchen war mir so was von egal. Sollte sie sich doch nen anderen suchen, da drinnen musste es doch nur so vor Typen wimmeln, die sich darum rissen, sie nach Haus zu fahren. Wenigstens würde sie in ihren Stiefeln keine kalten Füße kriegen.
Der Anlasser orgelte ins Leere, ich versuchte es no c einmal. Wieder nichts, die Kleine bummerte gegen meine Scheibe.
„Hey, sachte, was soll denn das?“ Ich stieg wieder aus und baute mich vor ihr auf. „Hör mal, als du mir me inen Wodka weggesoffen hast, fand ich das nicht weiter schlimm, immerhin gab’s ihn heute zum halben Preis. Aber mein Auto ist mir heilig, verstehst du?“
Sie nickte und meinte leise: „Nimmst du mich nun mit?“
Das war das Verteufelte mit den Frauen, sie wussten ganz genau, wann welcher Spruch ang ebracht war, darin unterschieden sie sich ganz klar von uns Männern. Ich stand da, den Zeigefinger noch erhoben, und kam mir vor wie der letzte Depp. Sie bekam einen Schluckauf und versuchte ein Lächeln, was dem Ernst der Situation alle Luft rausließ. Abgesehen davon, war sie tatsächlich hübsch.
„Steig ein!“, sagte ich und fügte mich in mein Schic ksal.
Die smal sprang die Karre sofort an, solche Dinge werden wohl immer unerklärlich bleiben. Das Mädchen neben mir zitterte vor Kälte, kein Wunder bei dem Fummel, den sie anhatte.
„Hier , ich will nicht, dass du mir unterwegs noch abkratzt.“
I ch gab ihr meine Jacke und bereute es im gleichen Moment, denn es war eisig kalt hier drinnen, und das Warmluftgebläse reichte kaum für die Fensterscheiben, wie ich wohl wusste.
Natürlich wohnte sie am anderen Ende der Welt, aber
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