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Liebe oder so

Liebe oder so

Titel: Liebe oder so Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holger Montag
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Carolin schlief noch, und ich ließ das Bild dieses Mädchens in meinem Bett ein wenig auf mich wirken. Jaja, das kommt in schwachen Momenten schon vor, dass man den Voyeur in sich von der Leine lässt.
    Ich ging hinüber in die Küche, um mir einen Kaffee au fzubrühen und ihr einen Zettel mit den nötigsten Instruktionen für den Tag zu hinterlassen. Vielleicht erbarmte sie sich ja meines leeren Kühlschranks und kaufte was ein.
    I n meinem Laden herrschte schon helle Aufruhr. Der Hauptkassierer, mein Chef, der Filialleiter, kurzum: alle Arschlöcher rannten hin und her und gaben den Kassiererinnen Anweisungen, was wohin geräumt werden solle. Emsig wie Ameisen wischten sie Staub, rückten Bilder gerade, bauschten die Deko auf und so weiter, wahrscheinlich waren sie schon seit Stunden zu Gange.
    „Guten Morgen“, sagte ich und gähnte, um meinen W iderwillen darüber kundzutun, dass man mich um diese Zeit antanzen ließ. Keiner antwortete mir, hie und da bekam ich einen schiefen Blick zugeworfen, der zu besagen schien: „Mach deine Arbeit das nächste Mal alleine!“ Unnötig zu erwähnen, wo genau mir die Angelegenheit vorbeiging. Im Grunde waren es bedauernswerte Geschöpfe. Dafür, wie sehr sie an ihrem Job hingen, bezahlte man sie viel zu schlecht.
    Gemeinsam mit dem Hauptkassierer hievte ich eine di eser potthässlichen, mobilen Bilderwände zur Seite, die einem bei der Arbeit immer im Weg rumstanden. Das Ding war ziemlich schwer, und da der Typ außer seinem Hemd, dem Schlips und diesem unsäglichen Pullunder nichts auf den Rippen hatte, brach er sich bei der Aktion beinahe einen ab. Am anderen Ende der Wand sah ich ihn Grimassen schneiden, als klemmte ihm einer die Finger im Schraubstock ein.
    Als die Bilderwand endlich in ihrer Ecke stand, befand der Filialchef, die vorherige Position sei doch die bessere gewesen. Anscheinend dachte er, er könne mich damit auf die Palme bringen, aber der Einzige, der murrte, war der Hauptkassierer. Ich selbst hatte nichts gegen körperliche Arbeit. Als man uns die neue Kreissäge hingestellt hatte, war ich fast ein wenig enttäuscht gewesen, weil man sie mit einem Finger betätigen konnte. Diese Ingenieure hätten vermutlich am liebsten noch nen Airbag eingebaut.
    Beim dritten Umstellen stolperte der Kassierer über seine eigenen Füße und geriet ins Straucheln. Die Bi lderwand riss er gleich mit sich, dadurch rutschte sie mir aus den Händen und begrub ihn unter ihrem Gewicht. Zu dritt zogen wir sie von ihm herunter. Mühsam rappelte er sich wieder auf und tastete vorsichtig seine Leistengegend ab.
    Viertel vor neun zogen alle ab, der Filialleiter verwies auf die Häppchen in der Kantine und versprach jedem, der Kaffee ginge auf ihn. Die Kassiererinnen waren offenbar heilfroh, ihn mal bei guter Laune zu erleben, sie seufzten regelrecht vor G lück, als sie zum Markt hinüberschlurften. Ich hatte mit ein paar Worten seitens meiner Chefs gerechnet, aber auch sie wollten das Frühstück wohl nicht länger warten lassen, und ich blieb alleine zurück - was mir nur recht war.
    Da der Laden nun blitz blank sauber war, beschloss ich, die Arbeit erstmal auf die lange Bank zu schieben. Spätestens mit dem Eintreffen des Gebietsleiters würden die Bänder ohnehin stillstehen, dann galt es einzig und allein, seine Ideen zur Absatzförderung genial zu finden und an den richtigen Stellen zu lachen.
    Ich nahm mein Frühstück normalerweise immer am Schneidetisch stehend ein, weil der über viele Ablag efächer für Kartonagen, Bilderglas, Passepartouts und Butterbrote verfügte und ich Letztere stets mit einem Handgriff verschwinden lassen konnte, wenn Kundschaft oder Entscheidungsträger auf der Bildfläche erschienen. Heute aber verunzierte kein Kartonstreifen die Tischplatte, kein Sägemehl, nicht das kleinste Glassplitterchen war zu sehen, also machte ich’s mir auf dem Tisch bequem und erquickte mich an dem Gedanken, nicht mit der ganzen Bagage frühstücken zu müssen.
    Gegen zwei war der Gebietsleiter endlich mit dem Baumarkt durch u nd sah sich zum Abschluss sein Steckenpferd an, wie er es nannte: meinen Laden. Er wurde flankiert vom Filialleiter, der sich in großen Gesten übte, während der Hauptkassierer und mein Chef sich ziemlich kleinlaut gaben. Sie schienen ihr Fett für heute schon weg zu haben. Der Kassierer hielt sich beim Gehen immer noch die Leiste.
    De r Gebietsleiter, der Heller hieß und den ich in den fünf Monaten, seit ich die Stelle hatte, erst zwei Mal

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