Liebe oder so
alles glatt geht, können Sie Ihre Karre übermorgen für zweihundert abholen. Wenn nicht, dauert’s länger und kostet entsprechend mehr.“
Ich war etwas unschlüssig. Das Auto hatte ich vor ander thalb Jahren gegen zwei Kästen Bier getauscht, eigentlich war es nur für den damaligen Winter bestimmt gewesen. So gesehen, hatte sich seine Anschaffung bereits mehr als rentiert, aber angesichts meiner etwas prekären finanziellen Situation und der übrigen Mängel war Vorsicht geboten.
„ Können Sie mal nach dem Anlasser und der Batterie sehen, ehe ich mich entscheide?“, fragte ich. „Wenn ich die auch noch machen lassen muss, wird mir die Sache wahrscheinlich zu teuer.“
„In Ordnung“, meinte der Mechaniker und reichte mir ein Ende seines Abschleppseils, „dann bringen wir die Kiste mal rüber.“
Ich verließ die Werkstatt in der dunklen Vorahnung, mein Auto nicht mehr lebend wiederzusehen. An der nächsten Haltestelle studierte ich den Streckenplan und notierte mir die Abfahrtszeiten der für mich in Frage kommenden Busse.
Es regnete immer noch, ich war inzwischen nass wie ein Hund und fror, während ein Auto nach dem anderen an mir vorüber donnerte. Alle schienen sich damit zu beeilen, das miese Wetter hinter sich zu lassen und so schnell wie möglich nach Hause zurückzukehren. Bis vor wenigen Stunden hatte ich noch dazugehört, nun stand ich mir neben all den anderen Autolosen die Beine in den Bauch und wartete auf den nächsten Bus.
Er kam mit Verspätung . Der Fahrer war unfreundlich, die Stimmung gereizt, und die Insassen sahen in dem unvorteilhaften Licht krank aus. Sitzplätze gab es natürlich keine, wer einen hatte, fuhr garantiert bis zur Endstation mit. Ich verhakte meinen Arm in einer dieser Kunststoffschlingen, die von der Decke baumelten, schloss die Augen und nahm mir vor, sie erst wieder zu öffnen, wenn ich zu Hause war.
Als ich ausstieg, hatte sich der Regen in Schnee ve rwandelt. In dem kleinen Wartehäuschen an der Haltestelle drängten sich bereits mehrere Dutzend Vermummte. Ich lief das letzte Stück. Mir war kalt, ich war müde und wollte nichts weiter als eine schöne heiße Tasse Kaffee. Bevor ich aber dazu kam, auch nur meine nassen Klamotten auszuziehen, läutete das Telefon.
„Hallo?“, sagte ich.
„Kannst du bitte sofort kommen? Ich weiß nicht, was ich tun soll, und ich kann Sonja nicht erreichen.“
„ Helene? Bist du das?“
„Ja. Kannst du kommen?“
„Was ist denn los?“, fragte ich. Sie klang total aufgelöst.
„ Ludwig hat sich in der Garage eingeschlossen und will nicht mehr rauskommen.“
„Was?“
„Ich habe Angst, dass er sich was antut.“
Ich atmete tief durch, ehe ich antwortete. „Ist gut, ich bin schon unterwegs.“
Ludwig litt seit Jahren unter schweren Aussetzern. Die Ärzte wollten sich nicht festlegen, mal waren es neurologische Störungen, mal Ticks, mal Depressionen. Er nahm Medikamente dagegen, aber von Zeit zu Zeit packten sie ihn mit Macht, und er kam nicht mehr dagegen an. In den Jahren mit Sonja hatte ich ungefähr vier oder fünf solcher Tiefpunkte miterlebt und wusste, dass es ernst war.
Ich zog mich um und klingelte nebenan bei Remy. Er wohnte erst seit wenigen Wochen im Haus, hatte aber schon einen schlechten Ruf weg, weil er des Öfteren Freunde bei sich übernachten ließ. „Immer Männer!“, hatte die Hexe aus dem zweiten Stock mal bemerkt und damit unterstellt, er sei ein promiskuitiver Schwuler, der nichts bei uns zu suchen habe. Ich für meinen Teil sah das nicht so eng, außerdem ging mich das Ganze wohl kaum etwas an.
„Hi, ich bin Alex von gegenüber“, sagte ich, als er die Tür öffnete, „wir sind uns schon ein paar Mal im Flur begegnet, erinnerst du dich?“
„K lar. - Komm doch rein“, forderte er mich auf.
„Ein andermal vielleicht. Hör mal, ich steck ziemlich in der Klemme. Mein Auto ist in der Werkstatt, aber ich muss dringend wohin . Da wollte ich dich fragen, ob du mir vielleicht deinen Wagen leihen könntest.“
„Meinen Wagen?“
„Ist echt ein Notfall. Das Taxi dauert zu lange.“
„ Okay“, meinte er nach einer Denkpause und ging die Schlüssel suchen. Im Hintergrund sah ich einen Typen mit Afrofrisur auf dem Sofa sitzen.
„Hier, Mann.“ Remy kam wieder an die Tür und drückte mir die Schlüssel in die Hand. „Aber pass gut drauf auf, klar?“
„ Klasse“, sagte ich. „Dauert auch nicht lange. In ein, zwei Stunden bin ich wieder da.“
„ Mach dir nicht ins Hemd,
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