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Liebe oder so

Liebe oder so

Titel: Liebe oder so Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holger Montag
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meinen können, die hätten das alles für einen Film aufgebaut.
    Wir hielten vor einem freundlich aussehenden Altbau, Silvia schien sich nicht sicher zu sein, ob sie aussteigen solle.
    „Alles klar mit dir?“, fragte ich.
    Sie nickte und förderte etwas Kleingeld aus ihrer Hosentasche zu Tage. „Was macht das?“
    „El fzwanzig“, sagte der Fahrer. Ich schnappte mir ihre Jacke und stieg mit ihr aus.
    „Wollen wir tauschen?“
    „Schade“, meinte sie, „die hier ist gerade angewärmt.“
    „ Lass sie an, ich bring dich noch zur Tür.“ Ehe ich den Satz ausgesprochen hatte, fuhr das Taxi hinter mir an.
    „H ey!“ Ich machte auf dem Absatz kehrt und lief ihm hinterher, aber schon bog es um die Ecke und verschwand wieder in Richtung Innenstadt.
    „ ARSCHLOCH!“, rief ich ihm hinterher. In den Häusern rechts und links wurden Lichter eingeschaltet. Silvia stand noch immer vor dem Gittertürchen, das den winzigen Vorgarten von der Straße abtrennte.
    „Kann ich noch auf einen Kaffee und nen Anruf bei der Taxizentrale mit reinkommen?“
    „ Schätze, das bin ich dir schuldig“, lachte sie. Immerhin, ihre Laune begann sich zu bessern.
    Die Wohnung lag direkt unter dem Dach, aber das machte mir gar nichts aus . Alle meine Bekannten bewohnten grundsätzlich die obersten Stockwerke, das gehörte zu meinem täglichen Fitnessprogramm.
    Alle rdings hatte man in Silvias Reich das Gefühl, dass sich der Weg kaum lohnte. Es gab einen kleinen Korridor, ein Wohnzimmer, das von einem hölzernen Stützpfeiler durchkreuzt wurde, eine verwinkelte Küche mit mehreren Dachschrägen, ein winziges Bad und ein weiteres Zimmerchen, dessen Tür jedoch geschlossen war.
    „Setz dich, ich mach uns den Kaffee“, sagte Silvia und verschwand in Richtung Küche. Ich hangelte mich um den Stützpfeiler herum und nahm auf der Zweisitzercouch im Wohnzimmer Platz, neben der es noch einen Holzstuhl, einen tragbaren Fernseher und ein Bücherregal gab. Mich überkam ein Anflug von Klaustrophobie.
    Als ich mich umdrehte und eines der Bücher aus dem R egal zog, stieß ich mit dem Ellbogen gegen etwas, das auf der Fensterbank gestanden hatte und zu Boden fiel. Es war ein Foto von Silvia und einem jungen Burschen, vermutlich diesem Mario. Sie hatten beide Skimützen auf und sahen glücklich aus. Ich stellte das Foto wieder an seinen Platz zurück, eckte am Regal an und fluchte.
    „Alles klar bei dir da drin?“, rief Silvia aus der Küche heraus.
    „ Super“, antwortete ich. „Deine Wohnung erinnert mich irgendwie an die Puppenstube meiner Cousine.“
    „Wie alt ist deine Cousine?“
    „Sechsunddreißig.“
    Sie streckte den Kopf ins Zimmer. „Sechsunddreißig?“
    „Das mit der Puppenstube war früher “, erklärte ich.
    „Ach so.“ Weg war sie wieder. Aus der Küche kam das röchelnde Geräusch einer Cafetiè ra. Eigentlich trinke ich so spät keinen Kaffee, aber nach all dem Wein konnte er vielleicht nicht schaden. Ich unternahm einen weiteren Versuch mit dem Regal und blätterte in einem Buch mit dem Titel Die Weisheit der alten Kulturen . Gleich daneben stand ein Werk ähnlichen Kalibers, Sei eins mit dir . Zu jedem Kapitel gab’s ein ziemlich kitschiges Ruhemotiv, einen Bergsee, ein Einhorn, einen Kieselstein. Ich klappte das Ding zu und stellte es wieder an seinen Platz zurück.
    Da sie nicht mehr zurückkam, ging ich zu ihr hinüber in die Küche. Sie stand vor dem Herd mit der Kaffe ekanne und starrte die Wand an.
    „ Silvia?“
    Sie reagierte nicht. Ich trat neben sie, und zu meiner Übe rraschung schlang sie ihre Arme um mich und heulte lautlos an meiner Brust. Da ich nicht wusste, was ich sagen sollte, strich ich ihr einfach nur übers Haar und wartete ab, bis sie sich wieder beruhigte. Sie fühlte sich gut und leicht an in meinem Arm, und ich ertappte mich dabei, dass ich ihre Lippen fixierte, als sie aufsah.
    „Würdest du noch ein bisschen hierbleiben?“, fragte sie.
    „Wie?“ Ich traute meinen Ohren nicht.
    „Ich wäre bloß nicht gerne alleine jetzt, verstehst du?“
    Natürlich verstand ich nicht, aber was machte das schon? Ich habe immer den Standpunkt vertreten, dass man die Dinge manchmal einfach laufen lassen sollte. Die Nacht war noch jung, das Mädchen an meiner Seite hübsch und ich in meinem Zustand zu allem bereit.
    Wir machten es uns auf dem Sofa bequem. Irgen dwann stand eine Flasche Wein auf dem Tisch, und ich massierte ihr die Striemen aus den Füßen, die von diesen wahnsinnigen Schuhen

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