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Liebe oder so

Liebe oder so

Titel: Liebe oder so Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holger Montag
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herrührten. Stück für Stück verschwamm die Welt um uns herum, ich fühlte mich wie in Watte gepackt. In manchen Momenten zeigt einem das Leben alle Möglichkeiten auf.
    Das Telefon läutete. E s musste mitten in der Nacht sein, Silvia beachtete es nicht. Stattdessen redete sie wie ein Wasserfall über sich, ihren Freund, frühere Gemeinsamkeiten und über eine Reihe unschöner Dinge, die seit dieser Zeit vorgefallen waren.
    Ich hörte nur mit halbem Ohr zu, im Grunde geno mmen ging mich das nichts an. Dafür genoss ich das Gefühl, nach all den Wochen wieder mit einer Frau alleine zu sein, die nicht Carolin war. Bei alledem verfolgte ich kein bestimmtes Ziel, wenn man mal von meiner Hoffnung absah, später mit Silvia im Bett zu landen. Sie musste das gespürt haben, denn irgendwann brach ihr Redeschwall ab, und sie entzog mir ihre Beine.
    „So“, meinte sie, „ich mach uns jetzt endlich mal den ve rsprochenen Kaffee. Der von heute Nacht dürfte inzwischen kalt sein.“
    Schwerfällig schälte ich mich aus den Polstern und fol gte ihr in die Küche. Draußen wurde es schon hell, auf dem Anrufbeantworter leuchtete eine rote Eins. Silvia zuckte leicht zusammen, als ich hinter sie trat. Noch ehe ich mich ihrem Hals nähern konnte, drehte sie sich um und gab mir einen Kuss auf die Wange.
    „Danke für heute Nacht.“
    Natürlich wusste ich, dass dies eine Abfuhr war, aber die Art und Weise, wie sie sie verpackte, war reines Aspirin und hinterließ keine Kopfschmerzen bei mir.
    „Es war mir ein Fest“, sagte ich und meinte das gar nicht mal unehrlich. Ich hatte schon Schlimmeres erlebt, und außerdem zähle ich zu den Typen, denen eine so lche Nacht etwas bedeutet, auch wenn sie nicht ablief wie erhofft. Es gibt Momente reiner Zufriedenheit, die durch nichts zu toppen sind, nicht mal durch Sex. Bei Silvia war es der, in dem ich sie zum ersten Mal lachen sah, dafür hatte sich die Sache allemal gelohnt.
    Wir tranken unseren Kaffee im Stehen. Sie druckste ein bisschen herum, offenbar war sie alles losgeworden und hatte nun keine Wörter mehr übrig. Seltsamerweise empfand ich diese Minuten in der Küche als die intimsten zwischen uns, als ich später in der Straßenbahn nach Hause saß und die Bilder der letzten Stunden im Kopf sortierte. Nachdem nichts mehr zu sagen war, wurde Silvia wohl bewusst, dass wir uns kaum kannten und welche Richtungen diese Nacht hätte einschlagen können.
    Ich hatte mich rasch verabschiedet und ihr meine Nummer aufgeschrieben für den Fall, dass sie wieder mal Hilfe bräuchte. Ich war mir natürlich im Klaren darüber, dass sie nicht anrufen würde, aber andererseits konnte es nicht schaden, dem Zufall gelegentlich ein wenig auf die Sprünge zu helfen.

 
    13
     
    Die neue Woche begann denkbar übel für mich. Nachdem ich total verschlafen hatte und auf mein Frühstück verzichten musste, weigerte sich meine Karre hartnäckig anzuspringen. Der Anlasser hatte schon seit längerem ne Macke, aber wer wollte ihm da einen Vorwurf machen, so was haben wir doch alle. Da ich ja Bescheid wusste, verpasste ich ihm ein paar wohldosierte Schläge mit dem Notfallhämmerchen, das Sonja vor Jahren aus einem Reisebus geklaut hatte und das seitdem im Handschuhfach herumlag.
    Soweit war mir das Prozedere bereits vertraut. Der Motor meldete sich zu Wort und sprang endlich an. Was neu war, war der Qualm, der während der Fahrt mitten in der Stadt aus dem Kühlergrill entwich und mir die Sicht versperrte. Gleichzeitig flammte die Kontrollleuchte des Kühlwassers rot auf und im selben Moment starb der Motor ab.
    Ich stieg aus, schob die Karre an den Straßenrand und drehte mit spitzen Fingern die Schutzkappe des Kü hlers ab. Die Wasserflasche, die ich für solche Gelegenheiten stets mit mir führe, war auf Grund der Außentemperaturen gefroren. Ich versuchte, sie überm Kühler aufzutauen, aber die Sache ging nicht schnell genug voran.
    Zum Glück war ich nur noch wenige hundert Meter vom Baumarkt entfern t. Ich ließ das Auto erstmal stehen und meldete mich stattdessen lieber zur Arbeit. Dort war man schon in heller Aufregung, mein Chef hatte sogar den Hauptkassierer dazu verdonnert, meinen Platz zu übernehmen. Beide waren anwesend, als ich den Laden betrat.
    „Haben Sie schon mal auf die Uhr gesehen?“, fuhr mich mein Chef an.
    „Ich hatte Probleme mit meinem Wagen“, erklärte ich und zeigte ihm meinen Ärmel, den ich mir an dem dreckigen Motorblock ruiniert hatte.
    „Ist mir egal, weshalb Sie zu

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