Liebe ohne Skrupel
erschauderte vor Begierde.
Der verzweifelte Hunger, den er jedesmal verspürte, wenn er sie in den Armen hielt, wallte auch jetzt in ihm auf. Zugleich verspürte er das übermächtige Bedürfnis, sie zu beschützen. Er mußte sie vor jeder Bedrohung bewahren. Clare war das Wichtigste, was er jemals besessen hatte.
Er zog sie enger an sich. Das drängende Verlangen war nicht nur sexueller Natur. Es war viel tiefgehender. Gareth wußte, daß er Clare mit mehr Stärke und Entschlossenheit halten mußte, als er jemals sein Schwert gehalten hatte.
Das Tor zur Hölle war schließlich nichts weiter als ein Instrument des Todes.
Cläre hingegen war das Leben.
»Verfluchter Nebel», murmelte Ranulf. »Er ist inzwischen so dicht, daß wir noch nicht einmal die Signalfackeln sehen werden, falls die Wachen auf den Klippen sie anzünden.«
»Ja.« Gareth stützte beide Hände auf das Geländer des Wachturmes und starrte hinaus in die von dichten Nebelschwaden durchzogene Dunkelheit. »Andererseits würde bei diesem Wetter auch kein normaler Mensch versuchen, mit einem Boot von Seabern nach Desire überzusetzen. In dieser Suppe würde er sich hoffnungslos verirren.«
»Kein normaler Mensch«, pflichtete Ranulf ihm bei. »Aber vielleicht ein Magier.«
Gareth sah ihn an. »Erzählt mir bloß nicht, daß Ihr die wilden Geschichten meines zukünftigen Knappen glaubt. Wir lauern nicht auf einen Magier, Ranulf. Wir erwarten nichts weiter als einen ziemlich cleveren Mann, der vor nichts zurückschreckt, um das zu bekommen, was er will.«
»Wenn Ihr es sagt, Mylord.«
»Habt Ihr etwa Angst, daß wir mit Lucretius de Valemont nicht fertig werden?«
»Nein.« Im Licht der glühenden Stücke in den Kohlebecken sah Gareth Ranulfs entschlossene Miene. »Wie Mylady sagt, Ihr seid jedem Magier weit überlegen, Mylord.«
»Danke, Ranulf.«
»Aber ich kann mir nicht helfen, es wäre einfach angenehmer, wenn uns nicht die Männer fehlten, die Ihr nach London geschickt habt.«
»Gerade die Tatsache, daß es uns an bewaffneten Männern fehlt, läßt mich glauben, daß der Magier sein Glück sobald wie möglich versuchen wird«, sagte Gareth.
Ranulf runzelte die Stirn. »Meint Ihr, er weiß, daß uns Männer fehlen?«
»Ja.«
Ranulf riß die Augen auf. »Meint Ihr, er ist so mächtig, daß er so etwas durch seine dunklen Künste in Erfahrung bringen kann?«
»Nein.« Gareth lächelte schwach. »Das hat er zweifellos auf die ganz normale Art herausgefunden. Durch einfache Beobachtung. Der Magier war auf dem Markt in Seabern. Also dürfte er ohne Schwierigkeiten mitbekommen haben, daß wir dem Händler eine Eskorte mitgegeben haben. Und daraus ließ sich dann problemlos unsere jetzige Stärke ableiten.«
»Natürlich.« Ranulf entspannte sich sichtlich. »Verzeiht mir, Mylord. Vielleicht habe ich wirklich etwas zuviel auf Dal-
Ians Geschichten gegeben. Wenn man ihn reden hört, bekommt man wirklich den Eindruck, daß der Magier ganz nach Belieben irgendwo auftauchen und wieder verschwinden kann.«
Beim Geräusch von Schritten auf den hölzernen Stufen wandte Gareth den Kopf. Clare erschien in der Öffnung, zwei dampfende Krüge in der Hand. Wegen der Kälte hatte sie die Kapuze ihres grünen Umhanges aufgesetzt. Das Licht des Kohlebeckens spielte auf ihrem ruhigen, gefaßten Gesicht.
»Ich dachte, ihr könntet etwas Warmes zu trinken gebrauchen«, sagte sie.
»Vielen Dank.« Gareths Finger strichen sanft über Clares Hand, als er ihr einen der Krüge abnahm. Er sah sie an und wärmte sich an der sanften Glut in ihrem Blick.
»Danke, Mylady.« Ranulf nahm den anderen Krug. »Ihr habt ein Talent, einem die Härte des Wachdienstes zu versüßen.«
Cläre ging zur Brüstung hinüber und starrte in den schwarzen Nebel. »In ein paar Stunden bricht die Dämmerung an, aber selbst wenn die Sonne aufgeht, wird man in diesem Nebel nichts erkennen können. Wie wollt Ihr das Licht der Signalfackeln sehen?«
»Wir werden es nicht sehen.« Gareth nippte an dem heißen Gebräu. »Wenn irgend etwas passiert, wird uns ein Bote die Neuigkeit mitteilen.«
»Ah, das ist vernünftig«, sagte Clare. »An etwas so Simples hatte ich gar nicht gedacht.«
»Es ist auch nicht an Euch, an solche Dinge zu denken«, sagte Gareth. »Überlaßt die simplen Dinge ruhig mir. Ich bin durchaus in der Lage, damit fertig zu werden.«
Ranulf erstickte beinahe an seinem Schluck Suppe. Gareth bedachte ihn mit einem mißbilligenden Blick, und der junge Wachmann
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