Liebe ohne Skrupel
sah sie alarmiert an. »Also, Clare -«
»Vielleicht ist eine entehrte Frau nicht nach Sir Gareths Geschmack. Dafür, daß er ein Bastard ist, ist er ein sehr stolzer Mann.« Clare machte eine kurze Pause. »Oder vielleicht ist er es gerade deswegen.«
Joanna runzelte die Stirn. »Schlag dir derartige Gedanken am besten sofort aus dem Kopf. Ich stelle mir lieber gar nicht erst vor, was passieren könnte, wenn Gareth das Schlimmste annehmen würde.«
»Hmmm.« Clare wandte sich zur Tür.
»Was hast du vor?« rief Joanna ihr nach.
»Ich werde unsere Besucher begrüßen. Was sonst?«
»Cläre, ich bitte dich, versprich mir, daß du nichts Unüberlegtes tun wirst.«
»Du klingst allmählich wie Beatrice die Einsiedlerin mit all deinen Warnungen und düsteren Prophezeiungen.« Clare bedachte sie mit einem beruhigenden Lächeln. »Aber keine Sorge. Ich werde mir eingehend Gedanken machen, ehe ich die nächste Figur in diesem Schachspiel setze.«
Sie stürzte durch die Tür und über den Korridor zur Treppe. Dann flog sie die Stufen hinauf in die Eingangshalle, wo inzwischen großes Durcheinander herrschte.
Eadgar kam auf sie zugelaufen, das Gesicht vor Aufregung und Besorgnis ganz zerfurcht. »Sir Nicholas und ein paar seiner
Ritter, Mylady. Sie sind bereits im Hof. Was soll ich mit ihnen machen?«
»Zunächst einmal werden wir herausfinden, weshalb sie ohne Vorankündigung von Seabern herübergekommen sind. Und dann werden wir sie einladen, heute abend mit uns zu essen und hier zu nächtigen.«
»Zu nächtigen?« Eadgar sah aus, als würde er jeden Moment in Ohnmacht fallen. »Aber wir haben bereits das Haus voller Gäste. Es ist kein Platz für noch mehr Leute.«
»Ich bin sicher, daß wir noch genug Platz für ein paar weitere Strohsäcke hier in der Halle finden.«
Cläre wandte sich ab und ging hinüber zur Haupttreppe. Im Hof herrschte noch regeres Treiben als in der Halle. Pferdeburschen rannten aus den Stallungen, um die Tiere der Neuankömmlinge entgegenzunehmen. Mehrere von Gareths Männern tauchten auf. Ihre Augen waren wachsam, und sie hatten die Hände dicht an den Griffen ihrer Schwerter.
Eine große, vertraute Gestalt warf ihren Helm einem Knappen zu und kletterte von ihrem Pferd.
»Ich grüße Euch, Mylady.« Nicholas' Stimme dröhnte über den Hof.
Cläre stöhnte.
Mit seinem sandfarbenen Haar und seinen blauen Augen war Nicholas of Seabern ein durchaus attraktiver Mann. Clare fand seine Züge ein wenig zu rauh, aber sie wußte, daß es genügend Frauen gab, die seinen Stiernacken, seine breite Brust und seine kräftigen Schenkel anziehend fanden. Sie hatte einmal gehört, wie eins der Mädchen einer Freundin kichernd anvertraute, daß Nicholas' Männlichkeit ebenso muskulös war wie der Rest seines Körpers.
Cläre selbst hatte jedoch nicht den Wunsch, den Wahrheitsgehalt dieser Behauptung zu prüfen.
»Willkommen, Sir Nicholas«, erwiderte sie kühl. »Wir hatten Euch nicht erwartet.« »Mir ist zu Ohren gekommen, daß die Jagd eröffnet wurde.«« Nicholas schlug zufrieden die Hände zusammen. »Und ich hatte schon immer Spaß an diesem Sport.«
»Was für eine Jagd?« Clare starrte ihn böse an. »Wovon sprecht Ihr, Sir?«
»Wie ich höre, seid Ihr nun doch gezwungen, Euch einen Ehemann zu suchen. Ist auch wirklich höchste Zeit, wenn Ihr mich fragt.«
»Ich frage Euch aber nicht.«
»Und außerdem habe ich aus zuverlässiger Quelle erfahren, daß bereits ein Bewerber auf Desire angekommen ist.« Nicholas grinste. »Und ich kann ja wohl kaum einem Fremden einfach das Feld überlassen.«
»Dies ist keine Jagd, Sir, und ich bin auch kein hilfloses Kaninchen, das sich einfach einfangen läßt. Ich habe in dieser Sache auch noch ein Wörtchen mitzureden.«
Nicholas' Grinsen wurde noch breiter. »Und, habt Ihr bereits eine Wahl getroffen, Madam?«
»Nein, das habe ich nicht.«
»Hervorragend. Dann ist es ja noch nicht zu spät. Ich werde mich also an der Jagd beteiligen.«
»Ich fürchte, die Lady beliebt zu scherzen.« Plötzlich stand Gareth hinter Clare. Arrogant baute er sich in seiner vollen Größe auf der obersten Stufe auf, eine seiner großen Hände lässig auf den Griff des Tors zur Hölle gestützt. »Die Jagd ist vorbei.«
»Wer seid Ihr?« wollte Nicholas wissen.
»Gareth of Wyckmere.«
»Der, den sie den Höllenhund von Wyckmere nennen.« Nicholas grinste. »Ich habe bereits von Euch gehört, Sir.«
»Ach, ja?«
»In der Tat. Ihr habt einen Ruf, der dem Teufel
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