Liebe ohne Skrupel
alle Ehre machen würde. Also seid auch Ihr hier, um um die Lady zu buhlen?«
»Sie findet es amüsant, so zu tun, als habe sie sich noch nicht für einen Gatten entschieden. Und wer kann es ihr schon verübeln, daß sie versucht, die angenehme Zeit zu verlängern, in der ihr der Hof gemacht wird? Aber in Wahrheit ist die Sache bereits entschieden. Ich bin der einzige Kandidat, der ihren Anforderungen entspricht.«
»Nicht unbedingt«, murmelte Clare. Es ärgerte sie, daß die beiden Männer sich einfach über ihren Kopf hinweg unterhielten. Außerdem drängten sie beide sich so in ihre Nähe, daß die Sonne sie nicht mehr erreichte. Sie stand völlig im Schatten.
Nicholas musterte Gareth von Kopf bis Fuß. »Ich weiß, daß Lady Clare gewisse Anforderungen an einen Ehemann stellt. Und ich möchte nicht, daß sie sich mit weniger zufrieden gibt, als sie verdient hat.«
»Darüber braucht Ihr Euch keine Sorgen zu machen«, entgegnete Gareth.
»Oh, doch.« Nicholas wandte seine Aufmerksamkeit wieder Clare zu. »Wir sind schließlich seit Jahren Freunde und Nachbarn, nicht wahr, Madam?«
»Zumindest sind wir seit Jahren Nachbarn«, sagte Clare.
»Ja, und wegen dieser engen Bindung habe ich das Gefühl, daß es meine Pflicht ist sicherzustellen, daß der Gatte, den Ihr wählt, genau weiß, was er bekommt.« Nicholas' Grinsen wurde hämisch. »Ein Mann sollte in der Hochzeitsnacht keine Überraschung erleben.«
Cläre sah ihn alarmiert an. Sie hob die Nase in die Luft und meinte, die bedrohliche, gefährliche Spannung zwischen Gareth und Nicholas beinahe riechen zu können.
Auf ihrer Insel war es noch nie zu Gewalttaten gekommen. Und sie würde nicht zulassen, daß es jetzt dazu kam.
In diesem Augenblick wußte Clare, daß sie ihren halbfertigen Plan, die Situation zu ihren Gunsten auszunutzen, aufgeben mußte. Plötzlich stand sie einem ganz anderen, viel drängenderen Problem gegenüber.
Sie mußte einen Weg finden, um Gareth und Nicholas davon abzuhalten, einander an die Gurgel zu gehen.
4. KAPITEL
Die Situation beim Abendessen erwies sich als genauso gefährlich wie Clare befürchtet hatte. Sie saß am Kopf des Tisches zwischen Gareth und Nicholas, und sie fühlte sich wie der Akrobat, den sie letztes Jahr auf dem Erntedankfest gesehen hatte. Es war sicher nicht schwieriger, auf einem straff gespannten Seil zu balancieren als zu versuchen, in einem Raum voller streitlustiger Ritter für Frieden zu sorgen.
Nicht, daß es bisher irgendwelche offenen Streitigkeiten gegeben hätte. Aber Clare spürte, daß die Anspannung der Männer wuchs. Diese spiegelte die Feindseligkeit wider, die zwischen den beiden Rittern am Kopf der Ehrentafel herrschte.
In dem Versuch, Gareths und Nicholas' Männern nur wenig Möglichkeiten für Provokationen zu bieten, hatte Clare dafür gesorgt, daß sie an den entgegengesetzten Enden der langen Tische saßen. Sie hoffte, daß der Abstand zwischen den Kriegern sich als nützliche Barriere im Fall von Ausschreitungen erweisen würde.
Falls es zu gewaltsamen Auseinandersetzungen käme, dann würden sie am Ehrentisch beginnen, sagte sie sich. Solange sie Gareth und Nicholas unter Kontrolle hatte, würde in der ganzen Halle Ruhe herrschen.
Es war keine leichte Aufgabe.
»Wie, noch mehr Gemüse?« Nicholas blickte auf das Sortiment neuer Speisen, die zwischen den Primeln abgestellt worden waren, die die Tische schmückten. »Wirklich, Ihr eßt mehr Grünzeug hier auf Desire als die Hasen und Rehe in meinen Wäldern.«
»Wir mögen frisches Gemüse, Mylord«, erklärte Clare mit einem entschlossenen Lächeln. »Aber vielleicht sind Euch die
Austern lieber? Die Köchin bereitet sie mit Mandeln und Ingwer zu. Ich bin sicher, daß Ihr sie mögt.«
Nicholas senkte die Lider und bedachte sie mit einem Schlafzimmerblick, der sicher das Feuer der Leidenschaft in ihrem Schoß entfachen sollte, ihr jedoch eher den Eindruck vermittelte, als schlafe er gleich mitten beim Essen ein. »Ich werde sie noch lieber mögen, wenn Ihr sie mir mit Euren zarten Fingern reicht, Mylady.«
Cläre biß die Zähne zusammen und schenkte ihm ein eisiges Lächeln. Es war allgemein üblich, daß man einem Ehrengast einen besonders guten Happen reichte, aber sie hatte nicht die Absicht, Nicholas diese besondere Ehre zuteil werden zu lassen. Schließlich betrachtete sie ihn nicht als Ehrengast. In der Tat war er eher lästig. Und außerdem wußte Clare nicht, wie Gareth reagieren würde, wenn er dächte, daß
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