Liebe, Sex und andere Katastrophen
ratterte mit voller Wucht ein gedankliches Eisenfalltor durch meine Visionen. Scheiße. Scheiße. Scheiße! Ich fluchte innerlich. Ich ärgerte mich maßlos. Ich schmiss mir selbst die übelsten Schimpfwörter an den Kopf, die mir im weinbenebelten Zustand einfielen. Ich hätte mich selbst in Stücke zerreißen können. Verdammte Kacke, ich konnte mit diesem heißen Typen hier keinen perfekten Sex haben! Es war nicht etwa das schlechte Gewissen wegen meinem Freund, das mich zurückhielt. Nein, das meldete sich überhaupt nicht. Es war viel schlimmer. Denn ich erinnerte mich plötzlich, dass ich überhaupt nicht sexfein zurecht gemacht war. Um genauer zu sein: Meine nackten Beine glichen einem Stoppelacker, und meine Bikinizone war auch schon lange nicht mehr von dichtem Urwald befreit worden. Was für eine beschissene Katastrophe! Unter gar keinen Umständen konnte ich in diesem Zustand Traumsex mit meinem Traumtypen haben! No bloody way! Was soll der denn bloß denken? Hippie-Alarm oder was?! Ich konnte meine eigene Blödheit nicht fassen. War ich denn eine solche Anfängerin? Wie konnte ich mit meinem Traumtypen um die Häuser ziehen, ohne für den Ernstfall zwischen den Beinen gewappnet zu sein? Ich hätte jaulen können vor überaus schmerzlicher Verdrießlichkeit. In der Tat, das „sich nicht rasieren“, welches amerikanische Highschool-Gören ganz bewusst als altbewährtes Rezept gegen die Versuchung einsetzen, gleich beim ersten Date mit dem Quarterback in die Kiste zu hüpfen, funktioniert spitzenmäßig. Es kam für mich auch überhaupt nicht in Frage, auch nur annähernd darüber nachzudenken, ob es mir nicht einfach egal sein könnte, dass ich nicht rasiert war. Dann lieber gar nicht. Wenn man denn dann 5 Jahre zusammen ist, jaaa, das ist dann was ganz anderes. Aber nicht beim ersten Mal. Und schon gar nicht bei dem Kaliber Mann, der da neben mir am Fenster dicht an mich gepresst stand. So eine Scheiße aber auch. Wie konnte ich nur so dämlich sein? Ich hatte alles gegeben, nur um kurz vor dem Ziel an eigener fehlender Intimrasur zu scheitern.
Irgendwann gähnte Nummer dreizehn nur noch und verabschiedete sich. Er machte jedenfalls keine Anstalten, über mich herfallen zu wollen, worüber ich sehr erleichtert war. Später erzählte er mir, dass er in dem Moment ganz verrückt nach mir war, sich aber nicht getraut hatte, den Anfang zu machen. Süüüß, mein cooler Superman war also schüchtern. Zum Glück. Denn so blieb ihm der Anblick dichten undurchdringlichen wildwuchernden Schamhaarurwalds erspart.
Als Nummer dreizehn weg war, stopfte ich mir vor lauter Frust die restlichen Pfannkuchen rein. Diese Gelegenheit würde nie wieder kommen. Verpasst. Vermasselt. Versaut. Du blöde dämliche Kuh. Das war mein Mantra für die nächsten äußerst schlecht gelaunten Tage.
Nun hatte der Gott der verpassten Gelegenheiten wohl ein Einsehen mit meiner misslichen Lage und schien etwas gut machen zu wollen. Er gab mir eine zweite Chance. Juhu! Nummer dreizehn blieb noch ein paar Tage in Bordeaux und kam von ganz allein auf die glorreiche Idee, mich nach einem Date zu fragen. Wir verabredeten uns, ganz offiziell und förmlich, zum Essen gehen. Es war sein letzter Abend im Franzosenland, am nächsten Tag musste er abreisen. Diesmal sollte nichts schief gehen. Ich plante alles generalstabsmäßig durch und verbrachte Stunden vorher im Badezimmer. Mein Körper wurde perfekt auf seinen späteren Betteinsatz vorbereitet. Der Zurechtstutzung der Intimfrisur schenkte ich aus bekannten Gründen besondere Aufmerksamkeit. Dass wir diesmal ganz sicher in der Kiste landen würden, war klar wie Kloßbrühe. Daran ließ ich keinen Zweifel. Ich wusste, das wird meine Nacht. Ich werde den besten Sex meines Lebens haben. Ich war willig und rallig und rollig und fuchsig und buttrig und sabbrig und heiß.
Eigentlich hätte Nummer dreizehn mich beim Abholen direkt packen können, wir hätten uns gleich aufeinander stürzen können, wir hätten gleich loslegen können. Wir hätten die ganze Nacht für uns gehabt und die vielen Stunden im Bett rumtoben können. Aber nein, wir dummen Blödochsen verplemperten unsere kostbare kurze Zeit mit altmodischem Dating-Knigge: Erst essen gehen, viel reden, dann was trinken gehen, noch mehr reden, sich dann langsam aber sicher unausweichlich näher kommen, und erst dann mit Pauken und Trompeten den Schlussakt der Nacht einleiten. Dabei hatten wir von Anfang an den selben Plan im Kopf: Ficken!
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