Liebe stand nicht auf dem Plan
wenig Geld.«
»Passt.«
»Dann komm mit rein«, Mehmet schiebt eine Kunstpause ein, »Sepp.«
»Dali.«
»Wie du willst.« Mehmet hält die Tür auf. »Dann aber dalli, dalli, der Club macht bald auf.«
Keiner von beiden lächelt. Dali denkt, was für ein Arsch, ist aber zu neugierig, um auf dem Absatz umzudrehen.
Mehmet denkt gar nichts. Er geht vor dem Bayern her, zeigt auf die Bar und sagt: »Putzen. Gläser in die Spülmaschine. Putzmittel findest du unter der Spüle.«
Okay. Dali macht sich ans Werk. Das kann nicht so schwer sein. Er findet das Putzzeug, belädt die Spülmaschine, stellt sie an, bis von der Bühne jemand nach Sepp! brüllt.
Bis jetzt hat Nora gedacht, es sei Maika, die demonstrativ laut an der Bar herumhantiert. Auch Keath starrt verdutzt den Typen an. »Wer ist das?«
»Keine Ahnung«, sagt Nora und bläst sich die Haare aus dem Gesicht. »Ich hab den heute zum ersten Mal in der Schule gesehen. «
»Was, wenn Mehmet Maika gefeuert hat?«, fragt Keath leise.
»Will nicht hoffen, dass almighty Mehmets Befugnisse neuerdings so weit reichen«, murmelt Nora.
Auf der Bühne lässt sich »Sepp« von einer Ecke in die andere jagen, schleppt, schraubt und folgt Mehmets Anweisungen, bis auch Nora und Keath annehmen, dass er »Sepp« heißt.
»Sepp, kannst du kurz kommen, wenn du bei Mehmet fertig bist?«, ruft Nora ihm zu.
Er ist fertig, springt von der Bühne und antwortet laut, vernehmlich und für alle im großen Clubraum verständlich: »Ich heiße Dali!«
»Sorry, wusste ich nicht«, sagt Nora. »Weißt du, wo Maika ist?«
»Wenn Maika die von vorhin ist, dann ist sie ziemlich wütend vom Hof gerauscht. Verständlicherweise«, fügt er mit vielsagendem Blick Richtung Mehmet hinzu.
»Sepp! Komm mal her, aber dalli, dalli!« Mehmet winkt fordernd, kurz und zackig.
Nora wundert sich, wo Mehmet plötzlich die Gesten herhat, die ihr Vater immer vorgemacht hat, wenn er ihr von einer Großbaustelle mit besonders arroganten Vorarbeitern erzählt hat, die ihren ganzen Selbstwert daher bezogen, dass sie andere wie den allerletzten Dreck behandelten. Vorzugsweise solche, die sich nicht wehren konnten, weil ihre Aufenthaltsgenehmigungen an den Job gekoppelt waren.
Dali dreht ihm den Rücken zu und verschwindet hinter der Bar. Keath breitet die Arme aus und sieht Mehmet kopfschüttelnd an, als wolle er fragen: »Alter, drehst du durch oder was?« Nora ignoriert ihn komplett. Für sie ist der Mehmet, den sie mag und kennt, ihr Freund Mehmet, gar nicht da. Sie putzt die letzten paar Meter und will nur noch raus. Bis hinter ihr Turnschuhe auf dem nassen Boden quietschen.
Dali stiefelt mit großen Schritten Richtung Toiletten. Noch beim Gehen zieht er aus seinem Rucksack Spraydosen, klemmt sie untern Arm und sprüht auf die Wand zwischen dem- und dem-Klo dali. Das d verlängert er zu einer Giraffe und setzt ihre Mähne in Brand. Das l wird zu dem sehr langen Bein eines auf der Giraffe reitenden Manga-Girls im Bikini, das zufälligerweise Maika zum Verwechseln ähnlich sieht, außer, dass er den Oberschenkel mit Schubladen verziert. Die Ähnlichkeit zu Salvador
Dalís Bild »Die brennende Giraffe« ist ebenso gewollt wie frappierend.
»Hast du sie nicht alle!«, brüllt Mehmet.
»Wahnsinn! Super!«, freut sich die frisch zurückgekommene Maika, als sie sich zwischen den Klotüren verewigt findet.
»Kleb das sofort zu, bevor Leif kommt«, sagt Mehmet und wirft Keath eine Plakatrolle zu.
»Nein, lass es! Das sieht um Klassen besser aus als die bescheuerten Plakate«, protestiert Maika.
»Das gibt Stress. Das müsstest sogar du kapieren!«
»Pfoten weg, das ist noch feucht«, faucht Maika.
Und während der lautstarke Disput zwischen Mehmet und Maika in die nächste Runde geht, verkauft Nora Dali für seinen Putzlohn eine Kopie der Putz-Mix-CD des zeternden Kollegen. Ohne dessen Wissen natürlich.
Nach der geschäftlichen Transaktion macht sie Mehmet klar: »Er heißt Dali.«
Der kann lesen.
Leif auch. Der Chef platzt unvermittelt und unangekündigt in seinen Club. Das heißt, Mehmet hat geahnt und damit gerechnet, dass Leif kontrolliert, ob sie ja auch alles weisungsgemäß erledigen.
Dali hat keine Chance. Drei Montana-Spraydosen klemmen unter seinem linken Arm. In seiner Rechten hält er eine 400 ml-Dose, satinschwarz. Der Zeigefinger schwebt gekrümmt über dem Sprühkopf. Trotzdem versucht er mit letzter Kraft, unschuldig auszusehen.
»Du hast ab sofort Hausverbot«, sagt Leif zu
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