Liebe um Mitternacht
spielen. Er betrachtete Caroline mit nur mühsam verborgenem Interesse.
»Ich fände es besser, wenn Drake von dem Helden, Jonathan St. Ciaire, erschossen würde«, meldete sich Miss Brick aufgeregt. »Dann könnten Sie Drakes Stöhnen beschreiben, wenn er stirbt und den Ausdruck von Schmerz und Bedauern auf seinem Gesicht.«
»Danke für Ihre Vorschläge«, meinte Caroline höflich, doch auf eine Art, die weitere Vorschläge nicht zuließ. »Aber ich habe mir schon ein Ende für meinen Bösewicht ausgedacht. Ich nehme an, es wird für alle eine Überraschung sein.« Sie lächelte. »Ganz besonders für Edmund Drake.«
Adam biss fest die Zähne zusammen. Er stellte fest, dass er das immer dann tat, wenn Edmund Drake erwähnt wurde. Es wurde langsam zu einer lästigen Angewohnheit.
Er zwang sich zu einem freudlosen Lächeln. »Vielleicht wird uns Mrs. Fordyce ja alle in Erstaunen versetzen, wenn sie Drake vor dem üblichen schrecklichen Schicksal bewahrt, das sonst all ihre Bösewichte ereilt.«
Miss Brick und Mrs. Trent starrten ihn an, als hätte er den Verstand verloren.
»Und da wir gerade von erstaunlichen Ereignissen reden«, sprach er schnell weiter, und sein Gedankengang gefiel ihm immer besser, »stellen Sie sich doch nur einmal vor, welchen Eindruck es auf die Leser machen würde, wenn sie Drake schließlich zum Helden der Geschichte machen würde, der am Ende die Heldin heiratet.«
»So etwas kann ich mir gar nicht vorstellen«, wehrte Mrs. Trent voller Überzeugung ab.
»Natürlich nicht«, fügte Miss Brick entschlossen hinzu. »Den Bösewicht zum Helden machen? Undenkbar.«
Gilbert Smith warf Adam einen interessierten Blick zu. »Darf ich fragen, was Sie an der Seance heute Abend interessiert, Sir?« »Mr. Grove ist mein Assistent«, erklärte Caroline schnell, noch ehe Adam antworten konnte.
Smith runzelte die Stirn. »Was tut denn der Assistent einer Schriftstellerin überhaupt?«
»Sie würden erstaunt sein, wenn Sie wüssten, wie vielfältig meine Aufgaben sind«, warf Adam ein.
Smith gab auf und wandte seine Aufmerksamkeit wieder Caroline zu. »Ich gebe zu, ich bin neugierig zu erfahren, warum eine Schriftstellerin an einer Seance teilnimmt, Mrs. Fordyce.«
»Einer der Charaktere in meinem nächsten Roman ist Medium«, erklärte Caroline. »Ich fand, es wäre eine gute Idee, an einigen Seancen teilzunehmen und einige der übersinnlichen Phänomene mitzuerleben, ehe ich darüber schreibe.«
Miss Brick war beeindruckt. »Sie sind also hier, um Nachforschungen für Ihren neuen Roman zu betreiben?«
»Jawohl«, stimmte ihr Caroline zu.
»Wie aufregend.«
Smith warf Adam einen nur mühsam verhüllten eindringlichen Blick zu. »Und Sie helfen ihr bei diesen Nachforschungen?«
»Meine Arbeit ist äußerst interessant«, erklärte Adam. »Es gibt keinen einzigen langweiligen Augenblick.«
Die Haushälterin erschien an der Tür, wie die Erscheinung eines Geistes.
»Es ist Zeit«, erklärte sie mit gewichtiger Stimme. »Mrs. Toller ist bereit für die Seance. Bitte, folgen Sie mir.«
Sie gingen hinter der Frau her in den halbdunklen Flur. Adam nutzte die Gelegenheit, um sich die Treppe im hinteren Teil des Hauses anzusehen und den Eingang zur Küche.
Nach ungefähr der Hälfte des Flurs öffnete die Haushälterin eine Tür. Einer nach dem anderen folgten ihr die Teilnehmer in ein abgedunkeltes Zimmer, sie alle setzten sich um einen Tisch, auf dem eine Decke lag.
Eine einzelne Lampe brannte mitten auf dem Tisch. Sie war so niedrig gestellt wie nur möglich. Das schwache Licht konnte die tiefen Schatten in dem Raum nicht durchdringen.
Adam rückte Caroline den Stuhl zurecht und setzte sich dann neben sie.
Er stellte fest, dass die schwere Decke, die auf dem Tisch lag, es unmöglich machte, unter den Tisch zu greifen, um nach versteckten Federn und anderen Vorrichtungen zu suchen. Genauso verhinderte die schwache Beleuchtung es, sich die Wände, die Decke und den Fußboden genauer anzusehen. Dennoch stimmte irgendetwas mit den Proportionen in diesem Raum nicht. Er schien viel kleiner zu sein, als er es eigentlich hätte sein sollen, wenn man die Entfernung bedachte, die sie durch den Flur zurückgelegt hatten.
Sehr wahrscheinlich war eine zweite Wand eingebaut worden und auch die Decke schien niedriger zu sein.
»Guten Abend«, begrüßte Irene Toller sie.
Sie stand an der Tür, als Silhouette vor dem Licht. Adam wusste, dass er von Damenmode nicht viel Ahnung hatte, doch selbst mit
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