Liebe um Mitternacht
Fordyce?«
Caroline zuckte überrascht zusammen. Der Stift fiel ihr aus der Hand und verwischte das Wort
Kontrolle.
Sie sah auf und entdeckte Mrs. Plummer, die an der Tür stand.
»Ja, was ist?«, fragte sie und versuchte, sich ihre Ungeduld nicht anmerken zu lassen.
»Es tut mir Leid, Sie beim Schreiben zu stören, aber dies hier ist gerade für Sie abgegeben worden.« Mrs. Plummer trat in das Zimmer, in der Hand hielt sie einen Umschlag. »Ein Junge hat das vor einem Augenblick an der Hintertür zur Küche abgegeben.«
»Eine Nachricht?« Caroline war vorsichtig. »Sie kommt doch nicht etwas von Spraggett, oder? Er weiß sehr gut, dass das Kapitel erst Ende der Woche fertig sein soll. Ich schwöre, wenn er nicht aufhört, mir auf die Nerven zu gehen, werde ich die Geduld verlieren und mich nach einem anderen Herausgeber umsehen.«
»Nein, ich glaube nicht, dass die Nachricht von Mr. Spraggett kommt. Er schickt doch seine Nachrichten immer durch diesen rothaarigen Jungen, Tom. Der Junge, der mir das hier gegeben hat, war mir fremd.«
Adam, dachte Caroline. Die Nachricht musste von ihm kommen. Sonst hatte niemand einen Grund, ihr eine Nachricht zu schicken. Ihr Herz schlug schneller, und ein angenehmes Gefühl der Erwartung ergriff sie. Doch dann überlegte sie, dass Adam vielleicht seine Meinung geändert hatte und sie heute nicht besuchen kommen würde.
»Danke, Mrs. Plummer.«
Sie riss der Haushälterin den Umschlag aus den Fingern und öffnete ihn.
Liebe Mrs. Fordyce,
ich muss Sie unbedingt sofort sehen. Es geht um eine Botschaft von der anderen Seite, die mir in der vergangenen Nacht mitgeteilt wurde, nachdem Sie mein Haus bereits verlassen hatten.
Ihre
I. Toller
»Wie eigenartig«, murmelte Caroline und überflog den Brief noch einmal. »Es ist eine Nachricht von dem Medium.«
»Von welchem Medium, Ma’am?« »Von Irene Toller. Die Frau, die gestern Abend die Seance veranstaltet hat, bei der ich mit meinem, äh, Freund Mr. Hardesty war.« Sie legte das Blatt Papier auf den Schreibtisch, stand auf und kam um den Schreibtisch herum. »Ich frage mich, was das wohl zu bedeuten hat.« »Werden Sie ausgehen, Ma’am?«
»Ja. Das ist eine sehr interessante Wendung der Dinge. Ich möchte mir diese Gelegenheit nicht entgehen lassen. Ich werde gleich nach oben gehen und mich umziehen.« Sie rauschte durch die Tür und blieb dann im Flur noch einmal stehen. »Wenn meine Tanten von ihrem Morgenspaziergang zurückkommen, dann sagen Sie ihnen bitte, dass ich schnell einen Besuch bei Mrs. Toller machen musste, und dass ich zum Mittagessen zurück sein werde.« »Jawohl, Ma’am.«
Caroline lief die Treppe hinauf und blieb dann noch einmal stehen, weil ihr ein Gedanke kam. »Noch eines, Mrs. Plummer. Mr. Hardesty hat erwähnt, dass er mich heute besuchen wollte. Wenn er kommt, ehe ich zurück bin, dann sagen Sie ihm bitte, dass ich bald wieder da sein werde. Er soll bitte warten.«
»Jawohl, Ma’am.«
Sie musste zwei hübsche zweirädrige Droschken vorbeifahren lassen, ehe eine holprige Mietkutsche anhielt. Es war wirklich sehr ärgerlich, dass sie keine zweirädrige Droschke benutzen durfte, dachte sie, als sie in die alte Kutsche kletterte. Nicht nur, dass die Aufmachung der Droschke mit der offenen Front und dem Kutscher, der hinten saß, so aussah, als würde er dem Mitfahrer eine herrliche Aussicht bieten, die Droschken waren auch wesentlich schneller und wendiger im Londoner Verkehr als die anderen Wagen.
Doch leider wurde eine Lady, die man in einer offenen Droschke sah, für leichtfertig gehalten, und das auf mehr als nur eine Art.
Irgendwann später hielt die Mietkutsche vor dem Haus von Irene Toller. Das Haus schien am Morgen genauso trübe und bedrückend zu sein wie am Abend zuvor, als es in Nebel und Dunkelheit gehüllt gewesen war, dachte Caroline, als sie aus der Kutsche stieg.
Sie konzentrierte sich so sehr auf den Grund, warum Irene Toller ihr wohl diese Nachricht geschickt hatte, dass sie im ersten Augenblick gar nicht die Menschen bemerkte, die auf der Straße vor dem Haus standen. Als sie endlich sah, dass sich eine kleine Menschenmenge dort versammelt hatte, verspürte sie einen Anflug von Beunruhigung. Irgendetwas stimmte hier nicht.
Sie hörte leise Bemerkungen, als sie die Treppe vor dem Haus hinaufging.
»Der Verbrecher ist in ihr Haus eingebrochen, als sie schlief, das habe ich gehört«, erklärte eine Frau, deren Schürze sie als Haushälterin auswies.
»Ich kann nicht
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