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Liebe Unbekannte (German Edition)

Liebe Unbekannte (German Edition)

Titel: Liebe Unbekannte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: István Kemény
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jedem anderen. Griegas Mann stürmte also in die Hütte von Pryzk, denn der Unglückliche ahnte schon, wohin er mit seiner Axt stürmen musste, und wen sah er da? Pryzk und Griega! Er erhob die Axt in der Absicht, beide zu erschlagen, Pryzk sprang jedoch augenblicklich aus dem Bett, drehte ihm die Axt aus der Hand und erschlug ihn.“
    „Warum?“, fragte Emma.
    „Ja, warum eigentlich?“, fragte Onkel Olbach, der im Grunde erst jetzt ein mulmiges Gefühl bekam.
    „Wartet das Ende ab. Griega kreischte und schrie so lange, bis sich die halbe Stadt bei ihnen versammelt hatte. Alle fielen sie über Pryzk und Griega her. Da hätten die Kobolde mit den behaarten Sohlen sich mal blicken lassen sollen.“
    „Warum?“
    „Weil wenn die Kobolde mit den behaarten Sohlen damals aus dem Wald gekommen wären, hätten sie Pryzk und Griega befreit und sie zu ihrem König und ihrer Königin gemacht. Aber leider kam es anders.“
    Emma fragte nichts, hörte jedoch zu.
    „Es kamen die Leute und zündeten die Hütte an“, fuhr Patai in mitleidvollem Ton fort. „Griega wurde vom Rauch erstickt, und Pryzk konnte zwar aus der Hütte flüchten, doch hielten ihn die Leute fest und erhängten ihn auf dem Marktplatz. Aber das ist noch nicht das Ende. Die beiden wurden in die Leichengrube des Friedhofs geworfen, dorthin, wo sonst die schlimmsten Verbrecher und Selbstmörder hineinkommen. Sie wurden in der Erde verscharrt. Dies geschah in der Stadt Krumlovice in Mähren im Jahr 1402.“
    Emma war am Boden zerstört.
    „Die Geschichte hatte aber kein gutes Ende.“
    „Wer sagte denn, dass sie schon zu Ende ist?“, fragte Patai. „Wer sagt, dass sie schlecht ausgehen wird?“
    „Ich habe da so meine Befürchtungen“, sagte Onkel Olbach.
    Das war sein gravierendster Fehler. Nämlich, dass er nur das sagte. Aber leider war er auch sehr gespannt auf den Ausgang von Patais Geschichte. Denn es gab auch Gerüchte, die besagten, Patai sei ein aus der Kutte gesprungener Mönch.
    „Mach, dass das Ende gut wird“, bat ihn Emma.
    „Es soll also gut ausgehen?“, fragte Patai nachdenklich. „Wir können es versuchen. Schließlich wird das Ende wirklich gut, nur der Anfang war schlimm. Hm, hm. Und es geht auch nicht besonders gut weiter. Aber das Ende wird gut.“
    „Versprich es“, sagte Emma.
    „Versprich es“, sagte Onkel Olbach mit drohender Stimme.
    „Versprich es, Péter“, sagte Ervin Gál.
    „Ich verspreche es“, antwortete der Teufel in Patai feierlich. „Das Ende wird ganz sicher gut.“
    Onkel Olbach verdrehte die Augen, er ahnte Schlimmes. Er zog Emma auf den Schoß.
    „Sag Bescheid, wenn du Angst hast, mein Engel.“
    „Erzähl weiter“, bat Emma Patai. „Ich werde sowieso schon schlecht träumen.“
    Ervin Gál lachte. Wie süß, die Kleine.
    „Da lag Pryzk also in seinem Grab“, fuhr Patai fort, „und dachte lange Zeit an gar nichts. Doch dann kam es, dass viele Jahre später ein anderer Mönch Pryzk und Griega in der Stadt Prag in ein Buch hineinschrieb. Er schrieb sie mit der Hand in sein großes Buch und während er Pryzk und Griega in das Buch schrieb, erwachten die beiden in ihrem Grab. Und als dieser andere Mönch ihre ganze Geschichte in das Buch geschrieben hatte, waren sie wieder ganz lebendig. Da berieten sie sich.“
    „Du, Griega“, sagte Pryzk. „Wir wurden in ein Buch geschrieben. Ich spüre es. Ich spüre es in meinen Knochen. Und solange es dieses Buch gibt, kann ich nicht ruhen. Ich werde losziehen, um es zu vernichten.“
    „Pryzk war aber doch gar nicht böse!“, rief Emma.
    „Bis jetzt nicht. Aber nun beschloss er, sich an den Menschen zu rächen, die ihn getötet und dann sogar noch in ein Buch geschrieben hatten. Aber wie sollte er aus dem Grab kommen? Wie ich schon gesagt habe, lagen sie am Rand des Friedhofs, in der Leichengrube gleich neben dem Weg. Ja, ihr Grab war nur eine Armlänge vom Weg entfernt. Nach kurzem Überlegen steckte Pryzk seinen langen, eiskalten Arm aus dem Grab und …“
    „Fahr zur Hölle, Patai. Emma, glaub ihm kein Wort.“
    „Und?“, fragte Emma.
    „Er steckte also seine lange, eiskalte Hand aus dem Grab und ergriff … wie soll ich sagen … den Knöchel eines Hirschs.“
    Beinah hätte er statt Hirsch Mädchen gesagt.
    „Und der Hirsch rettete ihn?“
    „Ja. Er zog ihn aus dem Grab. Hätte er das nur nicht getan. Denn seitdem irrt Pryzk in der Welt herum und sucht nach dem Buch, in das man ihn und Griega hineingeschrieben hat. Er streift durch die

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