Liebe und andere Parasiten
seinen blonden Locken.
»Alex ist dich abholen gefahren«, sagte sie. »Ich sollte ihm Bescheid sagen, dass du hier bist.« Sie ging ins Zimmer, um ihr Telefon zu holen, und Dougie folgte ihr und setzte sich aufs Bett, während sie telefonierte.
»Ich hab nicht damit gerechnet, dass ich abgeholt werde«, sagte Dougie. Die Art, wie er dabei die Augen aufriss, erinnerte Bec an die Grundschule. Genauso hatten manche Jungen geguckt, wenn sie dem Lehrer erklärten, dass sie nichts angestellt hatten.
»Er kommt«, sagte sie.
»Ich brauch dringend ’ne Kippe«, sagte Dougie. »Du bist also Ärztin oder so was?«
»Ich mache medizinische Forschungen. Hat Alex dir nichts von mir erzählt? Wir leben seit zwei Monaten zusammen.«
»Auch so ’ne Blitzgescheite. Und ich dachte, er hätte was mit ’ner Kleinen in Afrika. Aber du bist das also, ach so!« Dougie lachte. Es klang ansteckend, und Bec lachte mit. »Da hätte ich doch glatt ins Fettnäpfchen treten können, hm? Ich will dir was sagen, ihr beiden, ihr seid wie so ein Agentenpärchen aus den Comics, aus Hollywood. Nur dass ihr Bazillen jagt statt Verbrecher. Tolle Sache. Ich könnte nie …« Dougie schüttelte den Kopf und klatschte sich an die Stirn. Er fischte ein Päckchen Silk Cut aus der Tasche und bot Bec eine an. Sie lehnte ab.
»Ist es ihnen recht, wenn du im Haus rauchst?«, sagte sie.
»Ah, da hast du recht.« Einen Moment lang blickte er düster auf die Zigarette, die er zwischen den Fingern zwirbelte, dann leuchtete sein Gesicht auf. »Hättest du Lust, auf ein Glas mit in die Stadt zu kommen? Da gibt’s eine kleine Kneipe, die ist gar nicht so schlecht.«
»Lieber nicht«, sagte Bec.
Dougie stand auf, die unangezündete Zigarette im Mund und mit einem Plastikfeuerzeug gestikulierend, während er weiterredete. »Ich wette, die haben dir nicht mal was zu trinken angeboten, hm? Ganz nette Leutchen, die Alten, aber sie haben einen englischen Begriff von Gastfreundschaft.«
Er führte Bec ins Wohnzimmer und suchte umständlich mit ihr eine Flasche aus dem Getränkeschrank aus. Jedes Mal, wenn sie sagte, es sei egal oder ja, die Flasche sei genau richtig, schlug er eine andere Kombination vor. Schließlich gingen sie mit einer Packung Orangensaft, zwei Gläsern, einer Flasche Wodka, einem Löffel und einer Schüssel Eis nach draußen und stellten alles auf eine Gartenbank.
Die Brüder waren hochgewachsen, beide gleich groß; Dougie hatte mehr Muskeln, breitere Schultern. Die Nase sah aus, als wäre sie mal gebrochen gewesen. Beim Reden warf er die Haare zurück und verlagerte das Gewicht von einem Fuß auf den anderen. Wenn Bec sprach, hielt er sich still. Es war kaum zu glauben, dass Dougie und Alex verwandt waren, und unbegreiflich, dass zwei Brüder, die im Abstand weniger Jahre geboren und auf dieselben Schulen gegangen waren, so unterschiedlich sprachen. Alex’ Aussprache war ganz leicht gefärbt, und er rollte das R, aber ansonsten unterschied sie sich kaum von Becs südenglischem Tonfall. Bei Dougie musste sie sich konzentrieren, um ihn zu verstehen.
»Mein Bruder hat ums Verrecken zur herrschenden Klasse gehören wollen«, sagte Dougie. »War nie so mein Ding. Ich bin eher so der Mann von der Straße. Nichts für ungut, man trifft halt seine Wahl. Meine Familie gehört zu dem ganzen kolonialen Klüngel hier.«
»Es gibt hier einen kolonialen Klüngel?«
»Na klar. Ich will gar nichts gegen sie sagen, sind gute Leute. Und du bist auch ’ne Gute, seh ich sofort. Ich bin kein Revolutionär oder Nationalist oder so, dafür hab ich nicht genug auf dem Kasten. Ich sage nur, das Genie Alex und der Prophet Matthew und die Alten: Ich bin nicht von ihrem Schlag, und sie sind nicht von meinem Schlag. Es gibt Orte, da kann ich hingehen und sie nicht, und umgekehrt genauso.«
»Was sind das für Orte, wo du hingehen kannst und sie nicht?«, fragte Bec.
»Schlechte Orte«, sagte Dougie. »Bist du sicher, dass du keine Kippe willst?«
»Lieber nicht«, sagte Bec. Sie hatte mit zwanzig zu rauchen aufgehört.
»Du willst eine«, sagte Dougie. Er steckte ihr eine Zigarette zwischen die Lippen und zündete sie an, und Bec zog einmal, zweimal.
Ein Auto bog in die Auffahrt ein, und sie ließ die Zigarette fallen und stellte den Fuß darauf. Aus irgendeinem Grund, den sie nicht verstand, war ihr, als hätte sie etwas Verbotenes getan, von dem Alex nichts wissen sollte.
»Er ist seit fünfzehn Jahren Postbote in Glasgow, aber er hat so zu sprechen
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