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Liebe und andere Parasiten

Liebe und andere Parasiten

Titel: Liebe und andere Parasiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Meek
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Schwelle des Hauses und beruhigten ihn, Rose werde schon nichts passieren.
    »Ich verstehe euch nicht«, sagte Matthew. »Ihr glaubt, dass dieses Leben auf Erden das einzige ist, das wir je haben werden, und dann geht ihr so leichtfertig damit um.«
    An dem Abend bekam Alex einen Anruf von einem Fernsehproduzenten, der Wissenschaftssendungen für die BBC machte. Er hatte Alex über seine Arbeit reden gehört und wollte sich darüber unterhalten, ob Alex Lust habe, einen Film über das Altwerden zu moderieren. Er fragte, ob er mit ihm essen gehen wolle.
    53
    Im Spätsommer, als die Vorbereitungen für die neue Staffel von Teen Makeover weit fortgeschritten waren und die Dreharbeiten für die erste Gruppe der Castings anfangen sollten, ging Lazz in eine Entzugsklinik. Midge gab Ritchie eines Freitagabends telefonisch Bescheid, wenige Stunden, nachdem Lazz mit seiner Reisetasche, einer CD mit Walgesängen und französischem Mineralwasser im Sechserpack hinter den hohen Mauern der Klinik verschwunden war. Midge mailte Ritchie die Erklärung, die Lazz an die Medien gegeben hatte, ohne mit jemandem Rücksprache zu halten. Darin verbreitete er sich ausführlich über seinen »langen Kampf mit dem Drogenmissbrauch« und gestand, dass er vor und nach seinem Schiedsspruch im Endwettkampf zwischen einer Schulmädchen-Bigband und einem Quintett fünfzehnjähriger Motown-Mimiker in seiner Garderobe Kokain genommen hatte. Die Erklärung werde morgen veröffentlicht. In ausgedehnten nächtlichen Telefonaten überzeugte Ritchie Riggsy davon, sich von der Klinik fernzuhalten, beruhigte Lazz’ Eltern und ließ Reporter wissen, Lazz habe die »tapfere Entscheidung, sich seinen Dämonen zu stellen«, getroffen. Ritchie sagte, es sei »ein Schock gewesen, zu erfahren«, dass Lawrence Jones, 29, den Millionen als Lazz kannten, im Studio von Rika-Films Kokain genommen hatte, während Kinder sich in der Nähe aufhielten. Es sei noch zu früh, um sich zur Zukunft von Teen Makeover zu äußern, sagte er. Er mailte seinen Mitarbeitern, sie sollten stark sein und zusammenhalten. Er trieb einen Fahrer auf, einen ehemaligen Fallschirmjäger, der im Notfall nicht davor zurückschreckte, den Wagen mit hoher Geschwindigkeit in eine Schar Paparazzi zu lenken.
    Gegen Abend benetzte ein kühler Nieselregen das Laub. Der Wagen kam, und Ritchie stieg mit dem Vorsatz hinten ein, die Fahrt über zu schlafen. Die Klinik war zwei Stunden entfernt in Suffolk, die Sitze waren tief und weich, und das Geräusch, das der Motor auf der rasenden Fahrt durch den Regen machte, war nicht mehr als ein leises Schnurren. Und trotzdem bekam Ritchie kein Auge zu.
    Er blickte zu seinem Haus zurück, wo gerade das automatische Tor zuglitt, und versprach sich, es niemals zuzulassen, dass Reporter und Juristen durch dieses Tor traten und seine Kinder belästigten. Nach der Furcht, die ihn seit zehn Monaten quälte, genoss er die nervöse Erregung einer unerwarteten Fahrt. Er ließ das Fenster herunter, sodass seine Wangen vom Sprühregen prickelten und seine Haare im Wind zurückflogen. Wie grün und festgefügt England im morgendlichen Regen aussah, wie unvergänglich. Es würde immer so aussehen, da war er sich sicher, einerlei worüber die Meute kläffte.
    Ich bin froh, dass es mich nicht getroffen hat, dachte er, schloss das Fenster und fragte sich: Bin ich ein schlechter Mensch, wenn ich so was denke? Die These, dass er ein guter Mensch war, ließ sich schwer beweisen, doch intuitiv stimmte sie. Das Gegenteil war unglaublich. Wenn er böse wäre, sagte sich Ritchie, würde er sich ärgern, dass ihm die Chance genommen war, seinen Ruf zu retten, indem er Lazz an die Moral Foundation verpfiff, aber er ärgerte sich nicht. Er war froh, durch England zu düsen, um einen im Kern anständigen Menschen zu trösten, der durch seine Schwäche zu Fall gekommen war.
    Am Eingang zum Klinikgelände standen bei ihrer Ankunft nur zwei Fotografen, was Ritchie als Zeichen der Respektlosigkeit gegen Lazz und weitergedacht gegen sich selbst auffasste. Er durfte nicht zum Hauptgebäude fahren, sondern bekam den Weg zu einem Gartenhaus einen knappen Kilometer weiter erklärt, wohin Patienten mit einem Golfwagen gebracht werden konnten. Ritchie wurde im Foyer von einem Wachmann durchsucht und in einen tristen Aufenthaltsbereich mit grauen Teppichfliesen und Sesseln mit festen Jutepolstern gebracht. Midge saß schon da und bearbeitete seinen BlackBerry derart ruckartig, als ob dieser ihm

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