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Liebe und andere Parasiten

Liebe und andere Parasiten

Titel: Liebe und andere Parasiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Meek
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werden, wie Staaten miteinander reden, die Körpersprache und die kryptischen Zeichen der internationalen Medikokratie.
    Bec überlegte, was Maddie veröffentlicht hatte, seit sie Direktorin geworden war. Es war nicht viel. Sie hatte eine erwachsene Tochter und einen Exmann, der erst stolz darauf gewesen war, ihretwegen umzuziehen, und dann darüber verbitterte.
    »Frauen in London sind gut darin, aus Angst pragmatisch zu werden«, sagte Maddie. »Dann heißt es, alles oder nichts. Forschung oder Verwaltung. Verantwortung oder Freiheit. Arbeit oder Mutterschaft.«
    »Warum erwähnen Sie Mutterschaft?«
    »Sie können die Seiten auf Ihrem Bildschirm wechseln, wenn ich in Ihr Büro komme«, sagte die Direktorin. »Aber ganz unten kann ich das letzte halbe Dutzend Seiten sehen, die Sie gelesen haben.«
    Bec wurde rot. »Ich habe mich ablenken lassen«, sagte sie.
    Ihr kam der Gedanke, dass sie vielleicht alles haben konnte, was sie sich wünschte. Doch im November, neun Monate nachdem sie die Pille abgesetzt hatte, war sie immer noch nicht schwanger.
    Harry hatte zu der Generation gehört, für die ein Bad im Haus genug war. Eines dunklen frostigen Morgens lehnte Bec im Bademantel an der Wand, die Hände auf dem Rücken und einen nackten Fuß auf den kühlen weißen Putz gepresst, und wartete darauf, dass Alex aus der Dusche kam. Sie hörte das Wasser auf das Emaille prasseln und Alex eintönig und fröhlich pfeifen. Sie versuchte, nach den Spritzgeräuschen zu bestimmen, welchen Körperteil er gerade bearbeitete und wie lange es noch dauern würde. Ihr schien, dass er sich dreimal am ganzen Körper wusch, und das Pfeifen ging weiter.
    Sie drückte die Tür auf und stellte sich mit verschränkten Armen auf die Schwelle. Alex schaute hinter der Duschabtrennung hervor, grinste und fuhr fort, sich zu waschen, als meinte er, sie wäre zum Gucken gekommen.
    »Warum pfeifst du in einem fort dieselben vier Töne?«, schrie sie.
    Alex stellte das Wasser ab und bat sie, das noch mal zu sagen. »Das ist Philip Glass«, sagte er. » Akhnaten . So komponiert er.« Er stand nackt und triefend da, klatschte zur Demonstration rhythmisch in die Hände und sang dieselben vier ansteigenden Töne: » La la la la, La la la la, La la la la, La la la la –»
    »Ich möchte die Testergebnisse von damals sehen, als du mit Maria ein Kind kriegen wolltest«, sagte Bec.
    Alex hörte auf zu klatschen und zu singen, trat aus der Dusche und nahm sich ein Handtuch, Schultern und Kopf leicht eingezogen, als hätte sie ihn geschlagen und als müsste er sich für das nächste Mal wappnen.
    »Sie konnten nichts finden«, sagte er, schlang sich das Handtuch um die Taille und blickte sie tapfer an.
    »Ich weiß, aber trotzdem.«
    57
    Bec hatte Dougie gern als Mitbewohner. Er erinnerte sie an die ersten Monate im Haus, als ihr Leben noch deutlich unbelasteter gewesen war. Seit er sie zu küssen versucht hatte, war er zu einer stilleren Präsenz geworden. Er fand einen Job bei der nahen Sortierstelle und zahlte Alex zweihundert Pfund Miete im Monat, was Becs Meinung nach schäbig von Alex war. Mehrmals die Woche ging er abends einen trinken; er aß nicht oft mit ihnen. Er übernahm das Unkrautjäten im Garten und das Sauberhalten des Teichs. Am Wochenende besuchte er immer eine seiner Töchter, die beide in der Nähe von London wohnten, jedenfalls dachte Bec das, bis sie ihn eines Samstagmorgens dabei ertappte, wie er mit Rucksack und Angelrute das Haus verließ. Er fahre manchmal mit dem Bus aufs Land, ließ er sie wissen. Er gehe gern angeln.
    »Mein Dad hat immer im Fluss unten in unserem Garten geangelt«, sagte Bec. »Aber ein Reiher hat ihm die ganzen Fische weggeschnappt.«
    Sie fragte Dougie, ob er Alex jemals zum Angeln mitgenommen habe, und er sagte, das sei ihm nie in den Sinn gekommen. Er habe sich nicht vorstellen können, dass es Alex gefallen würde, über Nacht im Freien zu kampieren. Bec riet ihm, es mal zu versuchen, und ein paar Wochen später wurde sie noch im Dunkeln davon wach, dass Alex ihr voll bekleidet und mit einem kleinen Rucksack auf dem Rücken einen Abschiedskuss gab.
    Alex und Dougie nahmen den Bus nach Norden in ein County, von dem Alex gedacht hatte, London hätte es längst geschluckt, aber das, wie sich herausstellte, in den freien Räumen zwischen Autobahnen und Pendlerbungalows noch von Hecken gesäumte Feldwege, Waldstücke und kleine Flüsse vorzuweisen hatte. Sie wechselten den Bus, stiegen in einem Dorf von sprödem

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