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Liebe und andere Parasiten

Liebe und andere Parasiten

Titel: Liebe und andere Parasiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Meek
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»Teil der Natur?«, sagte er. »Du?«
    »Der Entwicklung, die uns mit den Uranfängen verbindet«, sagte Alex verbissen.
    »Der Naturzug ist abgefahren, Amigo«, sagte Dougie. »Wo würdest du anfangen wollen? Leg deine Kleider und Schuhe ab, gib dein Haus, deine Bücher, das Einkaufen auf, dann kannst du anfangen, von ›Teil der Natur sein‹ zu reden. Ob du kranke Menschen gesund machst oder ob du Menschen machst, wo ist da der Unterschied? Was ist denn natürlich an der Medizin? Was ist natürlich an der Wissenschaft? Was ist natürlich an irgendwas, was du machst? Du kannst ja nicht mal ’nen Fisch fangen.«
    »Als Wissenschaftler versuche ich, Zusammenhänge zu verstehen«, sagte Alex. »Wenn andere Leute das zu medizinischen Zwecken verwenden, ist das ihre Sache.«
    »Du hast Harry vor seinem Abgang eine Dosis verpasst.«
    »Ach, das war Harry«, murmelte Alex.
    »Ich versteh dich nicht, Bruder.«
    »Es geht nicht um Gerechtigkeit. Es geht darum, wie das Universum organisiert ist. In jeder Generation gibt es eine Art Auswahl. Manche werden ausgewählt voranzugehen, andere werden nicht ausgewählt. Und wenn ich nicht ausgewählt werde, gut. Das akzeptiere ich. Das Universum kommt auch ohne mich aus.«
    Dougie beugte sich auf dem Klappstuhl vor. Alex dachte schon, er werde ins Wasser kippen. Als er Alex ansah, hatte er vor Lachen Tränen in den Augen. »Aha. Ahahaha. Jetzt kapier ich. Da denk ich die ganze Zeit, ich hätte einen Komplex, und dann stellt sich raus, dass das gar nichts ist im Vergleich zu dir. Stolz!«
    Er schwenkte seine Angel sacht hin und her. Die Leine im Wasser bewegte sich kaum, als hätte sie sich in etwas verfangen. »Wenn du den ganzen Tag dahockst und darauf wartest, dass dir die Evolution ein Fahrrad baut, wirst du am Schluss zu Fuß gehen. Es geht jetzt nicht mehr nur um dich. Zu Bec hast du das nicht gesagt, was du mir grade gesagt hast?«
    Alex schüttelte den Kopf.
    »Das ist gut. Tu’s nicht. Mach dir weniger Gedanken und steig mehr mit deiner schönen Freundin ins Bett. Wie wär’s, du heiratest sie?«
    Alex senkte rasch den Kopf, runzelte die Stirn und verzog den Mund. »Von mir aus bleiben wir zusammen, was auch geschieht«, sagte er. »Aber ich möchte ihr nicht im Weg stehen, wenn sie Kinder will, die ich ihr nicht machen kann.«
    »Ich sollte dir keine Ratschläge geben«, sagte Dougie. »Hör ja auf nichts, was ich sage. Sieh nur, wie weit du’s gebracht hast, und dann sieh mich an.«
    »Das stimmt nicht. Bloß wegen ein paar Rückschlägen stilisierst du dich gleich als verkrachte Existenz.«
    »Die Existenz gab’s schon, bevor sie sich verkracht hat. Das ist eine lange Geschichte. Du weißt doch noch, wie Harry mal versucht hat, mir zu helfen, weil dieses Arschloch Bridgeman mir in der Schule die Hölle heißmachte.«
    »Bridgie?«
    »Aye, Bridgie.«
    »Daran kann ich mich nicht mehr erinnern.«
    »Du warst damals auf Klassenfahrt in Paris. Bridgie hat Geld aus uns rausgepresst und gedroht, wenn ich keins rausrücke, verdreht er mir den Arm, und das hat scheißwehgetan. Harry kriegt Wind davon, und eines Tages komme ich nach Hause, und da sitzt Bridgie am Küchentisch, an unserem Küchentisch, und versucht, nicht zu lachen. Harry hat für uns eine Friedenskonferenz veranstaltet. Er hat Fahnen für uns gemacht, Karten mit unseren Namen drauf, und er hält uns einen Vortrag über Konfliktlösung und fängt an mit einem Zitat von Noam Chomsky.«
    »Und du warst wie alt?«
    »Elf. Onkel Harry hat also diese Friedenskonferenz veranstaltet, den ganzen Kram auf den Tisch gestellt, kleine Wasserflaschen und so, und er nennt uns die Punkte, die wir abarbeiten müssen, eine Abmachung treffen, dann eine gemeinsame Erklärung abgeben und uns die Hand reichen, während er uns fotografiert. Er hat diese Riesenanstrengung unternommen und versucht, das Richtige für mich zu tun und seinen Idealen von Humanität treu zu bleiben, und das Einzige, was ich davon mitgekriegt habe, war, dass mir mein Onkel meinen schlimmsten Feind ins Haus geholt hat. Ich hab Bridgie ein Glas Wasser ins Gesicht geschüttet und bin weg und hab mich in meinem Zimmer verkrochen. Ich wollte erst wieder rauskommen, wenn er weg war.«
    Dougies Angel krümmte sich. Eine Kraft im Wasser zog an der Leine, und Dougie zog seitlich dagegen. Die Leine zitterte. Dougie kämpfte mit dem Fisch, er versuchte, ihn zu ermüden, stand auf, zerrte an der Angel und drehte die Kurbel. Die Leine riss und flatterte frei in der

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