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Liebe und andere Parasiten

Liebe und andere Parasiten

Titel: Liebe und andere Parasiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Meek
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aufsteigen. Unsere Botschaft ist, dass wir aus jedem was Besonderes machen können. Dass normale Leute gar nicht so schlecht sind, wie es scheint. Das hier ist keine Talentshow. Es ist eine Talentlosigkeitsshow. Deshalb sage ich euch gleich: Wir können euch nicht gewinnen lassen. Ihr seid zu gut. Ist das klar?«
    Murmeln und Kopfschütteln unter den Fransen. Es ist, als ob man mit Sträuchern im Wind redete, dachte Ritchie.
    »Ihr habt gezeigt, dass ihr gut genug seid, um so zu tun, als ob ihr es nicht bringt«, sagte Ritchie gewichtig. Er hieb mit der Faust in die Luft, um zu unterstreichen, wie ernst er es meinte. »Jetzt frage ich euch: Könnt ihr das noch mal machen? Habt ihr genug drauf, um Millionen am Bildschirm weiszumachen, ihr wärt eine Scheißband, und ihnen dann vorzuspielen, ihr wärt ein bisschen besser geworden?«
    Die Jungs sahen sich an. »Wir sollen so tun, als wären wir Nieten, irgendwie«, sagte der Sänger.
    »So tun, als wärt ihr Nieten, und dann vorführen, dass das richtige Tuning aus euch Leute machen kann, die definitiv keine Nieten sind, ohne jemand auf die Idee zu bringen, ihr hättet jemals Asse sein können.«
    »Nieten, keine Nieten, keine Asse«, sagte der Sänger langsam. Etwas geschah mit dem Bassisten: Er krümmte sich, wie in den Magen gestochen, fuhr herum, sodass er Ritchie den Rücken zukehrte, und fiel auf die Knie. Ritchie fragte, was mit ihm sei.
    »Machen Sie sich um den keine Sorgen, Mr. Shepherd«, sagte der Sänger. »Er kriegt so Anfälle. Wir können für Sie scheiße spielen.«
    »Und dann ein bisschen besser werden.«
    »Aye.« Der Sänger sah kurz zum Gitarristen hinüber, und der nickte, wie um ihn zu einem kühnen Schritt zu ermutigen. »Ein paar Lazygods-Sachen mögen wir ganz gern.«
    Ritchie lachte. »Ich hab schon Jahre nicht mehr gespielt«, sagte er. Das Bild eines Revivals schoss ihm in den Kopf: er, Ritchie, älter, klüger, stark. Er, der tote und in Glastonbury wiederauferstandene Rockgott. Angebetet von einer bis zum Horizont wogenden Menge, einem mit schwingenden Armen besäten Feld.
    »Wir wollen mit Karin spielen«, sagte der Sänger.
    Ritchies Grinsen schmolz wie im Feuer schrumpelndes Plastik.
    »Sie ist heute die Mutter von zwei kleinen Kindern«, sagte er.
    »Singen kann sie noch«, sagte der Bassist.
    »Wir haben sie voriges Jahr gesehen, wie sie einen Akustik-Gig gemacht hat«, sagte der Gitarrist.
    Ritchie wandte sich ab und hob winkend die Hand. »Macht, was wir vereinbart haben, dann rede ich mit ihr«, sagte er. Er schritt auf die Treppe zu und beschloss, stattdessen von der Bühne zu springen. Am Rand zögerte er. Er sah sich plötzlich sich den Knöchel brechen, aber er konnte vor den Kids und Midge keinen Rückzieher machen. Er ging in die Knie, hob die Arme, schloss die Augen und sprang. Er stolperte beim Aufkommen und richtete sich rasch auf. Über die Schulter sah er, wie der Bassist abermals einen Anfall hatte.
    Es war erst Mittag, stellte Ritchie fest, und mit Entschiedenheit und Köpfchen hatte er die Probleme gelöst, vor denen seine Mitarbeiter gezittert hatten. Er bot Midge an, ihn ins West End mitzunehmen; er wolle ohnehin in die Richtung, um Mutter und Schwester abzuholen.
    »Die schöne Bec«, sagte Midge.
    »Für einen kleinen Mann hast du ziemlich viel Testosteron in dir. Lass deine schmutzigen Pfoten von ihr.«
    »Sie ist nicht mein Typ. Ich mag nur die Dünnen. Heißt das, sie ist frei?«
    »Sie ist immer noch mit Val Oatman zusammen.«
    »Was meinst du, war Val Oatman schon vorher verrückt und hat dann eine verrückte Zeitung gemacht, oder ist er verrückt geworden, als er anfing, eine verrückte Zeitung herauszugeben?«
    »Er ist nicht der Richtige für sie«, sagte Ritchie. »Sie weiß über ihn nicht Bescheid.«
    »Was Val Oatman treibt, weiß ich. Von Bec kann ich das nicht behaupten. Du?«, sagte Midge.
    »Sie ist meine Schwester.«
    »Aber sie hat sich in eine Welt begeben, von der du keine Ahnung hast.«
    »Ich weiß, was sie macht.«
    »Ach ja? Was mit winzigen Lebewesen, die in ihrem Blut schwimmen, und mit Paradiesvögeln? Könntest du es mir aus dem Stand erklären?«
    Ritchie lachte und wechselte das Thema.
    8
    Zwei Tage zuvor hatte der Zeitungsherausgeber Val Oatman Bec einen Heiratsantrag gemacht, und sie, völlig überrumpelt, hatte Ja gesagt. Er überreichte ihr einen goldenen Ring mit einem Diamanten, umgeben von kleineren Rubinen, und sie nahm ihn zwischen den Daumen und die zerstochenen

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