Liebe und andere Parasiten
Gefühl, hundeelend auszusehen. Da kam ihr ein grässlicher Gedanke.
»Das ist doch nicht noch die IVF von damals, oder?«, fragte sie. »Als ihr noch zusammen wart.«
»Oh, nein!« Maria nahm Becs Arm. Ihr Mitgefühl und ihre allem Anschein nach sentimentale und uneigennützige Sorge um Alex’ Wohl verwirrten Bec. »Wir haben es auf die natürliche Art gemacht, ich und mein neuer Partner.« Sie wurde ernst. »Er hat dir also von der IVF erzählt? Na klar hat er das, na klar, warum sollte er nicht?«
Bec wollte sich Zeit zum Nachdenken nehmen, aber ihr fielen partout keine belanglosen Freundlichkeiten ein, und sie blickte Maria mit einem Ausdruck an, der offenbar in Alex’ früherer Freundin Mitleid auslöste, denn sie fasste Becs Hände, runzelte die Stirn und gab ein langes, mütterliches »Ooooh« von sich. »Ich hätte dich nicht belästigen sollen. Aber mein Büro ist gleich um die Ecke, irgendwann wären wir uns sowieso über den Weg gelaufen. Dein Institut ist auch hier in der Nähe, nicht wahr? Ich habe mich doch ein bisschen als Stalkerin betätigt. Ich habe dein Bild gar nicht in der Zeitung gesehen, ich habe es im Internet gesehen. Ich habe dich gesucht und Bilder von dir gefunden. Du bist eine ziemliche Berühmtheit. Ich war ein bisschen schockiert, um ehrlich zu sein.« Sie sah Bec an, als ob sie etwas Bitteres geschluckt hätte. »Natürlich hat er sich eine Jüngere gesucht.«
»Es war nichts zwischen uns, als ihr noch zusammen wart. Und du hast ja offensichtlich jemanden gefunden, der dir gefällt.«
Maria signalisierte mit Lächeln und Wegschauen, dass Bec recht hatte. Sie wurde ernst und sagte: »Ich habe Alex nicht erzählt, dass ich schwanger bin. Wirst du’s ihm sagen?«
»Ich weiß nicht.«
»Ich würde es nicht tun.«
»Irgendwann wird er es doch rausfinden.« Sie will mir zeigen, dass sie ihn besser kennt als ich, dachte Bec.
»So schnell nicht. Wir ziehen nach Italien, mein Partner hat dort eine Stelle. Ich weiß ja nicht, wie es zwischen euch steht. Geht mich auch nichts an. Aber wenn er dir von der IVF erzählt hat, muss er auch davon gesprochen haben, warum wir uns getrennt haben. Du hast ihn doch bestimmt gefragt.«
»Gibt es jemals den einen Grund?«
»Er hat es nie gesagt, aber ich bin sicher, er hat immer gedacht, dass es an mir liegen würde, nicht an ihm. Er hat diesen bescheuerten Stolz. Ego.«
»Warum soll er es nicht herausfinden?«
»Es wäre zu grausam. Es hätte so was Endgültiges.« Maria zog scharf die Luft ein und hielt sich die Hand vor den Mund. »Mein Gott, entschuldige, ich habe gar nicht nachgedacht. Ich habe nur an ihn gedacht, nicht an dich.«
Bec zuckte die Achseln.
Maria sagte: »Was ich ihm übel nehme, ist, dass er niemals bereit war, sich mit einer Fremdbefruchtung abzufinden. Wenn er so liberal ist, warum muss er dann darauf bestehen, dass das Kind genetisch seins ist? Was spielt es für eine Rolle, ob der Vater ein anonymer Spender ist, den man nie kennenlernt, einer, der in einer Kabine in Doncaster in einen Becher wichst?«
»Wieso Doncaster?«
»Keine Ahnung. Bei Samenspendern stelle ich mir vor, dass sie aus Orten kommen, wo man in seiner Freizeit sonst nicht viel tun kann. Hast du mal seine Mutter kennengelernt? Ich hatte immer das Gefühl, dass sie auf irgendwas anspielt. Ich sollte ›die Sache selbst in die Hand nehmen‹. Ich habe daran gedacht. Ich bin sicher, das kommt häufiger vor, als wir denken. Wenn es einen anständigen Mann nach meinem Geschmack gegeben hätte und er hätte nicht völlig anders ausgesehen als Alex, wäre ich das Risiko eingegangen, falls ich mir sicher gewesen wäre, dass Alex es nie herausfindet.« Ein abwesender Blick trat in Marias Gesicht, als fiele ihr eine alte Geschichte ein und sie entdeckte darin neue Nuancen. »Ich kann daran nichts Falsches finden. Alle würden bekommen, was sie wollen.«
»Und der andere Mann?«, sagte Bec.
Maria zuckte die Achseln. »Mit der Nächstbesten Sex haben, sie schwängern und sich keine Gedanken über das Kind machen müssen? Ist das nicht, was die Männer sich wünschen?«
»Nicht alle.«
Maria musterte sie kühl. Sie schob sich mit der Hand vom Tisch weg, sodass die Vorderbeine ihres Stuhls ein Stück vom Boden abhoben. »Wenn ich noch einmal in der Situation wäre«, sagte sie, »wenn ich mir sicher wäre, würde ich es machen. Ich würde es sofort machen.«
60
Durch den Zeitunterschied war es für Bec und Alex schwer, sich gegenseitig am Telefon zu
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