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Liebe und andere Parasiten

Liebe und andere Parasiten

Titel: Liebe und andere Parasiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Meek
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Als Alex fort war, ging sie in die Apotheke und kaufte einen Test. Sie nahm an, die Verkäuferin werde sie anlächeln oder ihr viel Glück wünschen, aber das junge Mädchen scannte mit unbewegter Miene das Päckchen ein und nahm das Geld, als ob Bec eine Zahnbürste gekauft hätte.
    Als sie sich das letzte Mal einen Test gekauft hatte, erinnerte sich Bec, hatte sie die Schwangerschaft eher gefürchtet als erhofft. Zu Hause verließ sie die Toilette, setzte sich aufs Bett und wartete auf die Anzeige. Worte erschienen. »Nicht schwanger«, las sie. Ihr stockte das Herz. Sie starrte auf das Stäbchen und schüttelte es und fragte sich, ob sie es falsch gemacht hatte.
    Sie sah zur offenen Tür. Dougie stand dort und klopfte mit einem Knöchel an. Sie verbarg das Teststäbchen in der Faust, stand auf und knallte ihm die Tür vor der Nase zu. Sie schrie ihn an, er solle sie in Ruhe lassen und sich um seinen eigenen Kram kümmern. Zitternd ging sie im Zimmer auf und ab. Draußen hörte sie Stimmen, Dougie und ein kleines Mädchen, wie es klang. Sie trat hinaus und sah Dougie eine seiner Töchter die Treppe hinunterführen.
    »Entschuldige«, rief sie, und Dougie blickte sich um.
    »Komm mit uns essen«, sagte er.
    Sie gingen in eine Pizzeria in der Upper Street. Kirsty, die sieben war, war still und schüchtern und auf der Hut vor Bec, die ihr sagte, es tue ihr leid, dass sie so geschrien hatte. Sie sei wegen etwas wütend gewesen, erklärte sie Kirsty. Sie fragte sich, ob Dougie das Stäbchen in ihrer Hand gesehen hatte. Die trügerische Offenheit seiner Augen, die so freimütig in ihre schauten, aber mit nichts verrieten, was sie sahen, verlieh ihrer Dreierrunde eine Vertraulichkeit und Verbundenheit, vertiefte ihre Nähe zu Dougie und Kirsty und schob alle anderen Leute im Restaurant weiter weg. Es kam ihr vor, als würde sie ständig den Blick von ihm abwenden; jedes Mal war es, als geschähe genau in dem Moment, da sie wegschaute, eine feine Veränderung in seinem Gesicht, die sie neugierig machte, und sie schaute wieder hin.
    Eine Frau über sechzig am Nachbartisch guckte immer wieder lächelnd zu Kirsty hinüber und suchte den Blickkontakt mit Bec, die zurücklächelte und sich wünschte, Alex wäre da. Als Kirstys Schinken-und-Ananas-Pizza kam, sagte die Frau zu ihr, liebe Güte, so eine große Pizza, wolle sie die wirklich ganz aufessen? Und Kirsty sagte, ja, wolle sie, und die Frau lachte laut und sah Bec und Dougie an und versuchte, sie zum Mitlachen zu bewegen, und Bec lachte ein wenig. Kirsty wurde mit der Pizza nicht fertig, aber sie aß hinterher ein Stück Schokoladenkuchen, und die Frau beugte sich zu ihnen und sagte zu Kirsty, der Kuchen sehe unheimlich lecker aus! Sie sagte zu Bec: »In dem Alter sind die Augen immer so viel größer als der Magen, nicht wahr?«
    »Ich weiß nicht«, sagte Bec. »Ich bin nicht ihre Mutter.«
    Sie hatte nicht das Gefühl, unhöflich gewesen zu sein, aber das Gesicht der Frau verlor seine Heiterkeit, und sie drehte sich weg und sagte nichts mehr.
    Später, allein zu Hause, füllte Bec die Waschmaschine in der Waschküche hinter der Küche. Theoretisch gab es einen gemeinsamen Korb für schmutzige Sachen, und alle waren für die Wäsche zuständig. Bec hatte den Eindruck, dass sie sich öfter darum kümmerte als die Brüder. Ihr fiel auf, dass Dougie seine Unterwäsche tunlichst nicht in den Korb warf. Sie malte sich aus, wie er sich spätnachts nach unten stahl, um heimlich seine intimen Sachen zu waschen. Seine Hemden und Jeans und T-Shirts lagen mit in dem Korb. Ihre Farben und Stoffe und Muster waren Bec so vertraut wie ihre eigenen und die von Alex. Die Ärmel von Dougies rosigem Jeanshemd hatten sich mit den Ärmeln von Alex’ himmelblauem Hemd und einer weißen Bluse von ihr verflochten. Sie zog das Knäuel aus dem Korb und trennte die Kleidungsstücke voneinander. Sie tat ihre Bluse und Alex’ Hemd in die Maschine und warf Dougies auf den Fußboden. Sie trennte den ganzen Korbinhalt nach Dougies Sachen und ihren. Je näher sie dem Grund des Korbes kam, desto ärgerlicher wurde sie. Ich bin doch nicht das Dienstmädchen von Alex’ Bruder, dachte sie. Als sie den Korb leer hatte und Dougies Sachen auf dem Haufen zu ihren Füßen lagen, älter und abgetragener als die von Alex oder ihr und seltsam altmodisch, sah sie in ihnen nur einen Beleg für ihre eigene Idiotie. Sie hob die Sachen auf und stopfte sie zu den anderen in die Maschine und mischte sie mit den

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