Liebe und andere Parasiten
Händen unter, bis sie die Arme ellbogentief in verknäuelter Baumwolle und Polyester hatte und ihre Augen heiß und feucht waren. Sie riss die Arme heraus, ging in die Küche, schenkte sich aus einer halb vollen Flasche Wein ein Glas ein und setzte sich an den Tisch, wo sie versuchte, die Tränen zurücksickern zu lassen. Nach der Küchenuhr musste Alex’ Flugzeug in einer Stunde in L. A. landen.
Dougie kam herein. Bec stand auf, und er zögerte auf der Schwelle, beide in der Bewegung erstarrt, als hätten sie sich gegenseitig bei etwas Verbotenem ertappt.
»Ich wollte einen Happs essen«, sagte Dougie.
»Wie wär’s mit einem Wein?«
»Nein, danke. Alles okay mit dir?«
»Wieso?«
»Nur so.«
Bec lächelte, riss sich ein Stück Küchenpapier ab und putzte sich die Nase. Dougie trat an sie heran, und sie ließ zu, dass er die Arme um sie legte und sie hielt. Sie drückte ihn sacht auf die Brust, und er ließ sie los und trat zurück.
»Alex fehlt mir«, sagte sie.
»Fühlt sich leer an hier bloß zu zweit.«
»Es war nett, deine Tochter kennenzulernen.«
»Aye, sie mag dich.«
»Ich hab nie gefragt, wie euer Angeltrip war.«
»Prima. Wir hatten viel Spaß. Hat er dir nichts erzählt?« Dougie stockte, um sich zu einer bescheidenen Tapferkeit aufzuschwingen. »Ich hab vor wegzugehen, zurück nach Schottland.«
»Oh.«
»Ich hätte nicht so lange bleiben sollen.«
»Wir haben dich gern hier.«
»Echt?«
»Ich mag es, wenn du da bist.«
»Macht mich langsam mürbe, Bec.«
»Was soll das heißen?«
»Ach, das weißt du doch.«
»Ich weiß es nicht. Was macht dich mürbe?«
»Das weißt du genau.«
»Das sagst du immer. Vielleicht solltest du wirklich gehen.«
»Aye, vielleicht.«
»Willst du hierbleiben?«
»Es geht nicht. Nicht so.«
Sie starrten sich an.
»Ich weiß nicht, worauf du hinauswillst«, sagte sie.
»Was bringt dich auf den Gedanken, dass ich auf irgendwas hinauswill?«, sagte Dougie.
»Ich hätte gern, dass du bleibst, solange du willst und solange du meinetwegen nicht auf dumme Gedanken kommst. Und ich möchte sicher sein, absolut sicher, dass du in dem Moment gehst, wo ich es dir sage, und nicht wiederkommst.«
»Nicht wiederkommen? Warum denn das? Was soll ich denn machen?«
Bec wurde rot. Sie ließ Dougie stehen, ging auf ihr Zimmer und rief Alex an, und beim zwanzigsten Versuch hob er ab und sagte, er sei gerade gelandet. Mit ihm zu sprechen nahm dem Tag die Schwere, und sie erzählte ihm nur, dass sie Dougies Tochter kennengelernt habe. Sie ging ruhiger und zufriedener zu Bett.
Am nächsten Morgen bestätigte ihr Körper, was der Test ihr schon gesagt hatte: dass sie nicht schwanger war.
59
Am Montagmorgen, achtundvierzig Stunden nach Alex’ Abreise, hatte Bec das erste Bewerbungsgespräch. Zu Mittag schlug sie eine Einladung von einem indonesisch-österreichischen WHO -Mitarbeiter aus und begab sich allein zu einem Imbiss, ganz benommen von den vielen Dingen, die sie tun musste, und von der Erkenntnis, dass sie im Jahr darauf verpflichtet sein würde, Reden bei Banketten zu halten und um die Welt zu fliegen.
Unterwegs kam ihr eine Frau entgegen, die sie überrascht anschaute, langsamer ging und den Kopf drehte, als sie auf einer Höhe waren. Bec erkannte sie nicht. Sie lächelte kurz und unverbindlich, ging weiter und betrat die Imbissstube. Sie stellte sich in die Schlange und blickte sich um, als die Türglocke klingelte. Die Frau trat ein und kam auf sie zu.
»Sind … bist du Rebecca Shepherd?«, fragte die Frau.
»So heiße ich«, sagte Bec.
»Ich habe dein Bild in der Zeitung gesehen. Ich bin Maria, Alex’ Ex.«
Sie hatte kurze schwarze Haare, kastanienbraune Augen und dunkle Haut mit kleinen Anflügen dunklerer Sommersprossen auf den Wangenknochen. Sie war kleiner als Bec, ein paar Jahre älter und hübscher, als Bec gedacht hatte. Marias schwarze Jacke war über einem lockeren weißen Top und schwarzen Leggins geöffnet, und Bec erkannte, dass sie schwanger war.
»Herzlichen Glückwunsch«, sagte sie.
Maria lachte, bedankte sich und blickte mit einem kurzen verlegenen Schulterhochziehen zur Seite.
»Es soll im März kommen«, sagte sie. »Ich weiß nicht, warum ich dir gefolgt bin. Du musst mich für eine Stalkerin halten.«
Bec meinte, das sei doch Quatsch, und statt in der Schlange auf ein Sandwich zu warten, ging sie mit Maria zu einem Tisch am Fenster, wo eine Kellnerin sie bediente. Bec war der Appetit vergangen, und sie hatte das
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