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Liebe und andere Parasiten

Liebe und andere Parasiten

Titel: Liebe und andere Parasiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Meek
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eine schreckliche Mischung aus Märtyrer und Feigling, und eitel obendrein.«
    »Was würdest du an meiner Stelle tun? Wenn du ein Kind haben willst, die Ärzte bei dir nichts feststellen können, was dagegenspricht, und der Mensch, der dir klarmacht, dass es dein Problem ist, derjenige ist, den du erklärtermaßen am meisten liebst, genau der, mit dem du ein Kind haben willst?«
    »Er muss es erfahren. Er muss tapfer sein und der Sache ins Gesicht sehen. Es gibt andere Möglichkeiten. Wozu muss er die Welt mit einem Haufen kleiner Alexe bevölkern?«
    »Warum muss irgendjemand eigene Kinder haben?«, sagte Bec. »Er ist stolz.« Sie starrte auf die Tischplatte. »Maria meinte, ich sollte mit jemand anders schlafen, um schwanger zu werden, und Alex nichts sagen.«
    Karin legte die Hände flach auf den Tisch, beugte sich ruckartig vor und sah Bec ins Gesicht. »Was? Würdest du das tun ?« Ihr Grinsen war breit, und ihre Augen leuchteten. Bec hatte das Gefühl, eine andere Frau noch niemals derart stark gefesselt zu haben. Sie wurde rot.
    »Ich habe ihr gesagt, das könnte ich nicht.«
    »Ich bin sicher, so was kommt vor«, sagte Karin.
    »Kennst du denn eine, die …«
    »Nein, aber ich bin sicher, es kommt vor.« Karin lachte verwundert, schüttelte den Kopf und sah Bec an, als ob sie jahrelang der Meinung gewesen wäre, es mit einem völlig anderen Menschen zu tun zu haben, und erst jetzt die wahre Persönlichkeit erkennen würde. Bec betrachtete das schöne, berühmte Gesicht ihrer Schwägerin und fühlte die Wärme ihrer Zuneigung. Verwunderung von einer Künstlerin, Verwunderung von einer schönen Frau und Mutter, die auf den Spielplätzen der Großen zweifellos unendlich viele verwunderliche sexuelle Grenzüberschreitungen gesehen hatte, wirkte wie Zustimmung.
    Absurd, dachte sie und fragte sich, was absurd war, Marias Vorschlag oder die Vorstellung, er sei nicht zu verwirklichen. Sie wollte ein Kind mit Alex haben, und sie wollte, dass Alex glücklich war, und das Hindernis, das einem solchen guten Ausgang im Wege stand, hatte etwas Absurdes. Wir leben nicht mehr in der alten Welt, dachte sie. Sex kann uns nicht mehr zugrunde richten. Nicht in London, nicht in unserer Zeit.
    61
    Bec ging Dougie aus dem Weg. Vielleicht, dachte sie, ging er ihr aus dem Weg. Wie sonst konnte es sein, dass sich zwei Menschen, die in einem Haus allein waren, nicht öfter über den Weg liefen? Sie hatten verschiedene Arbeitszeiten. Sie aßen selten zu Hause. Sie hielten sich in ihren Zimmern auf. Bec hörte die Dielen knarren, wenn Dougie an ihrer Tür vorbeikam, hörte Schließgeräusche, wenn er das Haus betrat und ging, und sein Pfeifen im Bad. Wenn sie sich doch mal begegneten, nickten sie sich zu und sagten Hallo. Er war wie ein Untermieter, abgesehen davon, dass er Becs Blick zu erhaschen versuchte und sie seinem auswich. In diesen Momenten schien er ihr sehr groß und still zu werden, und sie fühlte sich wie ein kleines Wuselwesen, das unter drohenden Gewitterwolken schutzsuchend davonhuscht.
    Einmal ging sie mit ihrem Laptop ins Wohnzimmer, setzte sich aufs Sofa und merkte erst, als sie mit den Tasten zu klappern begann, dass Dougie im Schneidersitz in einer schummerigen Ecke las. Becs Herz begann zu rasen, und sie errötete.
    »Ich habe nicht gewusst, dass du da bist«, sagte sie.
    Dougie stand auf.
    »Ich bin gern allein, wenn ich arbeite«, sagte sie.
    Dougie verließ das Zimmer, und Bec saß mit brennendem Gesicht unbewegt da.
    Eine Woche vor Alex’ Rückkehr kam Dougie am Freitagabend spät zu Bec ins Wohnzimmer. Sie guckte gerade einen Film. Dougie blieb auf der Schwelle stehen und entschuldigte sich für die Störung. Er wollte ihr mitteilen, dass er vorhabe, am nächsten Tag wegzugehen.
    »Gehst du angeln?«, sagte Bec. Sie hielt den Film an.
    »Ich ziehe zurück in den Norden. Endgültig.«
    »Oh. Das tut mir leid. Gibt’s einen bestimmten Grund?« Sie klang kalt und höflich. Ausländer hätten gesagt, sie klinge englisch.
    Dougie sah sie einen Moment wortlos an und sagte dann: »Ich wollte dir Bescheid geben. Ich seh zu, dass ich so viel mitnehm wie möglich. Den Rest hol ich später irgendwann.«
    Bec stand auf und zog sich den hinuntergerutschten Träger ihres Tops über die Schulter. »Tut mir leid, dass ich neulich so biestig war. Ich weiß nicht, warum ich mich so gehen lassen habe.«
    »Ich weiß, warum.«
    »Du hast mir nichts getan.«
    »Du kannst mich einfach nicht leiden, Bec, das ist normal. Ich bin

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