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Liebe und andere Schmerzen

Liebe und andere Schmerzen

Titel: Liebe und andere Schmerzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hrg. Jannis Plastargias
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verschossen, oder? Jedenfalls siehst du so aus!«
    »Bin ich nicht! Du bildest dir was ein! Und überhaupt, ich hab’ jetzt keine Zeit das zu diskutieren, ich sitze grad an den Hausaufgaben für morgen!«
    »Oh, entschuldige bitte, dass ich es gewagt habe, dich dabei zu stören! Oder euch? Du lernst doch bestimmt mit Anna zusammen, die scheint ja mittlerweile auch irgendwie wichtiger zu sein als ich!«
    Olga erschreckt.
    »Gar nicht wahr!«
    Vor lauter Wut und Überraschung legt Olga den Hörer auf. Einen Moment lang steht sie zitternd neben dem Telefon, dann geht sie langsam zurück in ihr Zimmer, legt sich wieder aufs Bett und starrt an die Decke.
    Die Tage ziehen sich dahin. Olga brütet vor sich hin. Anna wirft ihr während des Unterrichts und in den Pausen immer wieder sehnsüchtige Blicke zu. Hannah beobachtet und kommt langsam zu einer Erkenntnis.
    Es ist schon nach zwölf, das Haus ist ruhig. Olga wälzt sich in ihrem Bett, findet keinen Schlaf. Die Worte von Ewald stecken ihr immer noch in den Knochen, machen sie unsicher.
    Ist es wirklich falsch, was ich fühle?
    Sie grübelt über diese Frage nach, ohne zu einem Ergebnis zu kommen. Seufzend steht sie auf, zieht sich einen Pulli über und schleicht sich hinunter ins Wohnzimmer und an Vaters Laptop, der auf dem Couchtisch steht. »Lesbisch« tippt sie auf Google ein. Zuerst landet sie auf dem Wikipedia-Eintrag, liest über Sappho und Feminismus, über Regenbogenfamilien, Butches, Femmes und Cunnilingus. Sie taucht ein in eine fremde Welt, von Wikipedia klickt sie sich weiter auf »lesarion - Die Lesben-Community«, verliert sich in Forumsdiskussionen über Beziehungsprobleme, Sexpraktiken und ›Coming Out‹.
    Coming Out? »... bezeichnet den individuellen Prozess, sich seiner gleichgeschlechtlichen Empfindungen bewusst zu werden ...« liest sie auf Wikipedia nach. In ihrem Kopf beginnt es zu rattern. Fasziniert surft sie weiter, entdeckt lesbische Zeitschriften, lesbische Kneipen und Partys in größeren Städten, Beratungsangebote, sogar Reiseveranstalter. Auf Youtube findet sie Ausschnitte aus »The L-Word«; beim Anblick der sich küssenden und miteinander schlafenden Frauen wird ihr ganz kribbelig. Stundenlang kauert sie auf dem Sofa, starrt gebannt auf den Bildschirm, bis ihr fast die Augen zufallen.
    Am nächsten Morgen sitzt sie mit müden Augen im Unterricht.
    »Hast du die Nacht durchgemacht?«, fragt Hannah verwundert.
    »So ähnlich«, erwidert Olga und grinst schief. Hannah lächelt sie an. Verlegen wendet sich Olga wieder der Tafel zu, wo Frau Schröder gerade unregelmäßige französische Verben auflistet. Der Vormittag verläuft ereignislos. Olga träumt vor sich hin, ab und an wirft sie Anna einen kurzen Blick zu, jedes Mal durchfährt sie ein sanftes Kribbeln, das noch stärker wird, wenn sie sich die Bilder aus den Youtube-Videos in Erinnerung ruft. Mittags schlendert sie mit Hannah nach Hause. An der Kreuzung, an der Olga nach links abbiegen muss und Hannah geradeaus weitergeht, bleiben sie einen Moment stehen.
    »Du magst Anna ziemlich gerne, oder?«, fragt Hannah.
    Schweigen breitet sich aus. Ein dicker Kloß sitzt in Olgas Hals, sie schluckt mehrmals, um ihn zu vertreiben.
    »Ja«, kommt es endlich aus ihr heraus, »sehr«.
    Hannah lächelt. »Schön, dass du es endlich zugibst. Hab’ ich mir schon lange gedacht.«
    Olga ist schockiert. »Wie? Warum hast du dir das gedacht?«
    Hannah sieht sie amüsiert an. »Olga, ich habe Augen im Kopf! Wie ihr euch immer anseht ... wie du ihr hinterher schmachtest. So hast du bei David nie ausgesehen ...«
    Olga wird puterrot und starrt verschämt auf den grauen Straßenbelag zu ihren Füßen.
    »Ist es so offensichtlich?«, flüstert sie schließlich, »haben es die anderen auch alle gesehen?«
    Hannah sieht sie nachdenklich an.
    »Hey, machst du dir deshalb etwa Gedanken? Ich glaube nicht, dass es irgendwer sonst bemerkt hat. Nicht, dass ich wüsste, zumindest. Es ist mir nur mit der Zeit aufgefallen, weil ich dich kenne!«
    Sie legt ihrer Freundin beruhigend einen Arm um die Schulter. Die scharrt unruhig mit den Füßen hin und her, wagt es nicht, Hannah anzusehen.
    »Du?« Sie holt tief Luft. »Glaubst du, dass es falsch ist, mit Anna und mir?«
    »Was? Wie kommst du denn darauf? Warum sollte es falsch sein? Weil ihr zwei Frauen seid? Das ist doch totaler Quatsch! Wer hat dir denn so was erzählt?« Hannah ist empört.
    »Naja, in der Gemeinde…«, setzt Olga an, doch sie wird gleich

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