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Liebe und andere Schmerzen

Liebe und andere Schmerzen

Titel: Liebe und andere Schmerzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hrg. Jannis Plastargias
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geduldig, weil sie natürlich keinen Blassen hatte, wer Wenger ist. Frauen. Es ist eigentlich schon alles abgemacht, sagte ich ihr, ich muss mir nur noch ein paar Sporen zu Hause verdienen. Mit 21 werde ich Millionär sein – selfmade.
    Sie hörte auf, sich gelangweilt umzusehen und ihre großen braunen Augen ruhten fortan nur noch auf mir. Genau wie ihre Hände.
    Natürlich fand sie schnell heraus, dass ich geflunkert hatte – bis auf das mit meinen Eltern, wir waren tatsächlich ziemlich wohlhabend – aber da hatte ich sie schon entjungfert und somit mein Ziel erreicht. Außerdem liebte ich ja immer noch Julie.
    Bettina folgten Svetlana, Nathalie, Aischa, Verena, Druda – Mann, war die heiß – und Barbara ›Babsi‹ Müller. Dann war der Sommer vorbei. Julie hatte ich inzwischen verwunden, aber nicht vergessen. Keine war wie sie.
    Im Herbst wurde ich endlich 15 und rückte tatsächlich in die B-Jugend auf. Gleich in meinen ersten fünf Spielen schoss ich drei Tore, worauf Bettina reumütig bei mir anrief und sich entschuldigte, wie dumm sie damals gewesen sei. Ich sagte ihr, sie solle sich deswegen keine Gedanken machen, es gäbe nun einmal Menschen, die eher oberflächlich sind und denen der gesellschaftliche Stand wichtiger ist als ihre wahren Gefühle. Das sei doch kein Drama. Nein, sagte sie, so sei sie im Grunde gar nicht, sie habe sich nur so belogen gefühlt.
    »Das ist schon in Ordnung«, sagte ich zu ihr, »ich hab dich nicht geliebt, also hast du mich auch nicht verletzt.«
    Ich hörte nie wieder von ihr.
    In den kommenden Jahren folgten einige Bettinas, Svetlanas, Nathalies, Aischas, Verenas, Drudas und Barbara ›Babsi‹ Müllers. Aber es gelang mir nicht, eine Frau zu finden, für die mein Herz so brannte wie für Julie. Dafür baute ich meine Fußballerkarriere weiter aus und machte mir einen Ruf als Casanova. Auf jedes Tor, das ich schoss, kamen im Schnitt fünf Frauen, eine schöner als die andere. Hin und wieder war eine dabei, bei der ich mich wohler als bei den Übrigen fühlte. Aber keine, keine war wie Julie.
    Mein 23.Geburtstag. Ich spielte zwar nicht bei Arsenal, aber immerhin bei unserem Verein. Wir wären in diesem Jahr beinahe Deutscher Meister geworden, hatten ganz ansehnliche Zuschauerzahlen auf unseren Stadionrängen und ich war meiner ersten Million tatsächlich recht nahe gekommen. Mein Vater kümmerte sich um meine Finanzen, meine Mutter um meine Wäsche und ich mich um meine Damen. Mal eine, mal mehrere zugleich, nahm ich sie Nacht für Nacht mit in mein luxuriös ausgebautes Dachgeschoss im Elternhaus. Ich war im besten Sinne des Wortes sorglos. Mein Leben hätte nicht perfekter sein können.
    Dann geschah es. Meine persönliche Apokalypse.
    Wie gesagt: mein 23.Geburtstag. Ich gab eine Party wie jedes Jahr und hatte an die 200 Gäste. Meine Eltern waren höflicherweise verreist, überließen mir das ganze Haus samt 50 AR Garten. Der Alkohol floss in Strömen, wir kifften und koksten im blanken Unverstand, und ich hatte die Idee – diese wahnsinnig bescheuerte Idee – mit dem Nacktfußball. Also spielten wir: elf nackte Kerle gegen elf nackte Frauen.
    Es dauerte ungefähr eine Stunde, dann hatte das Youtube-Video – es gibt immer solche beknackten Videos bei derartigen Aktionen! – 60.000 Klicks. Am nächsten Morgen um neun war es schon fast eine halbe Million. Und um zehn kam der Anruf meines Vereins, dass ich draußen bin.
    Meine Profi-Fußballerkarriere war zu Ende. Dabei war es weniger das Nackt-Spiel, sondern die blöden Weiber, die der Presse erzählt hatten, dass sie nie mitgemacht hätten, wenn wir – allen voran ich – sie nicht unter Drogen gesetzt hätten. Meinem Rauswurf beim Verein inklusive exorbitanter Vertragsstrafe folgte eine Zivilklage wegen Verstößen gegen das BtMG. 90 Tagessätze à 475 Euro. Mein Anwalt meinte, ich hätte Glück gehabt, ich gälte wenigstens nicht als Vorbestraft.
    Mein Vater sah das anders. Für ihn war ich ein Verbrecher und er warf mich aus dem Haus. Die Kohle für den Ausbau – den hatte schließlich ich bezahlt – behielt er als Schmerzensgeld für sich und Mutter und den Schaden ihres Ansehens in der Nachbarschaft ein. Danke, du scheiß anständiger Kerl! Ich war von einem Tag auf den anderen arbeitslos, wohnungslos und pleite.
    Seither schlage ich mich mit Kellnern durch und lass mich aushalten, mein blendendes Aussehen ist mir ja zum Glück geblieben. Die Frauen sind nett, oft einiges älter als ich, allesamt attraktiv

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