Liebe und andere Schmerzen
nimm ihn mit zu dir, behalte ihn bei dir, für immer! Sei glücklich! Ich verfiel in Depressionen, musste mich wochenlang krankschreiben lassen, weil ich keinen Willen mehr hatte aufzustehen, zu leben. Und doch meldete ich mich nie bei ihm. Aus Liebe zu ihm. Sagte mein Kopf …
Ich kniete noch immer am Grab, mein Gesicht feuchter als vorhin – war es der Regen oder die Tränen? Ich weiß es nicht.
E.M. Jungmann
LOTTE
E s war Liebe auf den ersten Blick. Ich weiß, es klingt banal, aber ich sah sie und wusste, ich muss sie haben. Ich blieb stehen, starrte sie an. Es war mir egal, was die anderen dachten, wenn sie mich so sahen. Ich ging auf sie zu, bewunderte ihre ausladenden Hüften, diesen prachtvollen runden Hintern, schlich um sie herum, betrachtete sie von vorne, was für Augen, so klar, so ausdrucksstark. Ein Lichtstrahl fiel von irgendwo ein und brach sich blitzend in ihren Linsen. Sie hatte formvollendete Wangen, breit und hoch, das Gesicht einer Diva. Sie war so wunder-wunderschön. Wir waren füreinander gemacht. Und obwohl mir klar war, dass ich mir eine wie sie niemals leisten konnte, verabschiedete ich mich mit einem schmachtenden Blick, wandte mich ab und ging mit dem beschwingten Gefühl einer frischen Liebe nach Hause.
Man mag mich für oberflächlich halten, weil mir das Äußere so viel bedeutet. Ich gebe zu, die schönen Dinge haben es mir angetan. Ich liebe schöne Häuser, schöne Landschaften, schöne Menschen, schöne Autos ... Ist das so verwerflich? Ich bin der Meinung, das Schöne will zum Schönen.
Meine erste Freundin, Französin, war eine beauté céleste, eine überirdische Schönheit. Sie hieß Julie und war 17, ich damals 14. Sie führte mich in die Geheimnisse der körperlichen Liebe ein. Das dauerte einen Sommer lang, besser gesagt, zwei Wochen. Länger währte unser Urlaub an der Côte d‘Azur nicht. Aber es fühlte sich wie ein ganzer Sommer an.
Sie hatte eine Stimme wie ein Engel. Lippen wie die fleischgewordene Versuchung und ihre Sprache … oh, diese Sprache. Jedes Wort klang wie eine Liebeserklärung. Obwohl ich kaum verstand, was sie sagte, wusste ich, keine Frau würde ich jemals mehr begehren als sie.
Als Mann kehrte ich aus Frankreich zurück.
Ich war schon damals recht groß für mein Alter und die Natur hatte mich vor Pickeln und anderen unschönen Seiten des Pubertierens bewahrt. Ich bin, was man naturblond nennt. Das habe ich meiner Mutter zu verdanken. Sie ist Schwedin. Eine Bilderbuchschwedin. Zierlich, Augen wie Aquamarine und aschblond. Mein Vater lernte sie in Stockholm kennen und hat sie vom Stand weg geheiratet. Sieben Monate später kam ich. Aber mein Vater sagt immer, er hätte sie auch dann zur Frau genommen, wenn sie nicht mit mir schwanger gewesen wäre. Er ist ein durch und durch anständiger Kerl. Das habe ich zwar nicht von ihm geerbt, aber ich schulde ihm meine Größe und den muskulösen Körperbau. Und er hat von Anbeginn dafür gesorgt, dass ich mich sportlich betätige. Das sollte mir bezüglich meiner späteren beruflichen Zukunft bald schon sehr zugutekommen.
Mit elf war ich der Star der Jugendfußballmannschaft meiner Schule. Mit zwölf wurde ich vom örtlichen Fußballverein – Erstligist, selbstredend – in die C-Jugend aufgenommen. Meine Profi-Fußballerkarriere konnte kommen, ich war bereit dafür.
Aber zurück zu den Damen. Ich kam also von der Côte d‘ Azur nach Hause und begegnete zwei Tage nach meinem letzten Beischlaf mit Julie der liebreizenden Bettina. Es war im Freibad, sie war 16 und schön wie Aphrodite. Ihr langes, blondes Haar klebte nass auf den braun gebrannten Schultern, nachdem ich sie vom Beckenrand ins Wasser gestoßen hatte und ihr hinterher sprang, um sie zu retten.
Bettina war die erste Deutsche, die ich ins Bett bekam. Ich musste ganz schön hart dafür arbeiten, es dauerte immerhin drei Tage von unserem Kennenlernen an. Endgültig gewann ich ihr Herz im Kino. Ich lud sie zu Fever Pitch ein. Als ich im Augenwinkel mitbekam, wie sie sich vor lauter Langeweile im Kinosaal umzusehen begann, womöglich nach jemand Besserem als mir, legte ich den Arm um sie und raunte: »Hey, schau gut hin, in vier Jahren spiel ich auch bei Arsenal.« Dann erzählte ich ihr, dass ich bei unserem Verein in der B-Jugend bin, eigentlich in die A-Jugend solle, aber die Regeln … okay, ich müsse halt noch warten. Aber ich habe reiche Eltern, mein Vater kenne Arsène Wenger persönlich. Den Trainer von Arsenal, erklärte ich
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