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Liebe und andere Schmerzen

Liebe und andere Schmerzen

Titel: Liebe und andere Schmerzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hrg. Jannis Plastargias
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den einen oder anderen geistreichen Witz darüber abgelassen. Wie konnten diese selbstverliebten Narren auch nur ahnen, dass die Sagengestalt in »The Flesh« vor ihnen stand, mit unzähligen Frauenkadavern daheim in der Blutkammer? Eine Märchenfigur verharrte auf dem Flughafen und wartete auf ihr nächstes Opfer. Und das Warten hatte sich soeben erledigt.
    Ein Strom von Menschen floss ihm nun aus dem Gate der Maschine entgegen. Wo würde sie sein? Dieser Moment kurz bevor ihm, dem reumütigen Schlächter, neue Bräute zugeführt wurden, war immer ein ganz Besonderer. Bedeutete sie doch den Beginn einer neuen Hoffnung auf ein Leben in Freiheit. Mehrere Asiaten kamen ihm entgegen. War es nicht auch Freiheit, was Mei begehrte? In ihren endlosen Chats hatte sie von ihrer Situation auf den Philippinen erzählt: Sie als Frau in einer Gesellschaft, die durch einen wild gewordenen Islamismus nachts nicht mehr allein auf die Straße gehen konnte, ohne als Prostituierte beschimpft zu werden, inzwischen herrschte in der philippinischen Öffentlichkeit strikter Schleierzwang. Er als einsamer, vermögender Mann in Deutschland. Welche Möglichkeiten würden sich ihr hier eröffnen? Mehrere Asiatinnen passierten ihn, die Köpfe von Seidentüchern umhüllt. Wo war sie? Da! Blaubart erblickte seine neue Braut. Und es klappte ihm der Unterkiefer herunter. Das Wesen, das mit einer einfachen Reisetasche bewaffnet ihm da entgegen schritt, war anderthalb Meter reinstes TNT.
    Seine Hände begannen zu schwitzen. War sie so in den Flieger gestiegen? Sie steckte in einem pinkfarbenen Röhrenkleid, das mehr von ihrem braun glänzenden, kurvigen Fleisch preisgab, als es tatsächlich verbergen konnte. Erstaunlich muskulöse Beine, die in ebenfalls pinkfarbenen Keilschuhen endeten, trugen sie mit kraftvoll erotischem Schritt auf ihn zu. Im Gehen wippten ihre Hüften leicht von links nach rechts. Der Schweiß erreichte seine Stirn und lief ihm zwischen den Augenbrauen herab. Ihre Art zu gehen, nahm ihn völlig gefangen. Noch nie hatte Ritter Blaubart eine solch stolze Frau gesehen. Ihr langes schwarzes Haar trug sie in einem Pferdeschwanz, der neckisch über ihre Schulter links neben ihren Brüsten herab baumelte. Blaubarts geübte Augen prüften, schätzten, lechzten. Ja, diese Brüste würden sich unter seinen großen blassen Händen klein und fest anfühlen. Wann konnte er sie fassen – wann? Wenn sie die Kammer geöffnet hatte? Doch alle finsteren und schlüpfrigen Gedanken waren verschwunden, ausgelöscht, vernichtet angesichts dieses Gesichts, das immer näher kam und ihm vertrauensvoll entgegen strahlte. Allein diese Augen! Nein, er würde sie nie beflecken können, weder mit ihrem Blut noch mit seinen Samen. Sie war zu schön, um wahr zu sein. Sie verdiente nicht das Schicksal Blaubarts Braut zu sein. Doch schon war sie lachend an seiner Seite. Umarmte ihn mit schlanken, braunen Armen und drückte ihn an ihre Brüste. Völlig überwältigt ließ sich Ritter Blaubart von seiner neuen Braut einen Kuss auf die Wange hauchen.
    »Hello Darling! So great to see you!«
    » … «
    »Darling could you hand me the tea, please?«
    »Anything. Dear. Anything«

    Ritter Blaubart saß am Krankenbett seiner Geliebten. Das deutsche Klima forderte seinen Tribut und hatte Mei zwei Tage nach ihrer Ankunft eine saftige Mandelentzündung beschert. Saftig im Sinne von eiternd. Er reichte ihr den Pfefferminztee, den er aus bester Bio-Pfefferminze vom Kleinhändler seines Vertrauens nur für sie aufgebrüht hatte. Um sie herum, standen Inhaliergeräte, Wärmflaschen, angebrochene Tüten mit Hustenbonbons, Hustensäfte, eine kleine Eisbox, Taschentücher und Wechselwäsche. Trotz des schwellenden Übels im Hals seiner Liebsten, schwelgte Blaubart in seliger Verliebtheit. Sie war perfekt. Er würde alles tun, um sie wieder genesen zu lassen. Alles! Und danach würde es richtig losgehen! Die Sterne würde er ihr vom Himmel holen. Alles sollte sie haben. Alles! Ritter Blaubart war verliebt. Ja, verliebt! Und insgeheim dankte er Meis Rendezvous mit deutschen Streptokokken. Es verschaffte ihm Zeit. Am ersten Abend hatte er noch widerstehen können, ihr den Schlüsselbund zu geben. Das war normal. Der erste Abend war nie dieser Abend. Es sei denn, seine Braut ging ihm auf die Nerven. In solchen Fällen gab er sich weniger Mühe. Ließ die Blutkammer ›versehentlich‹ offen, erwähnte nicht explizit das Verbot und ähnliche Mogeleien. Sie waren stattdessen zusammen

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