Liebe und andere Zufalle
Cal, »was sich als vollkommen umsonst herausstellte, weil er sein ganzes Vermögen einer Wohltätigkeitsorganisation vermacht hatte. Und was ist deine Entschuldigung?«
»Meine Mutter wollte eine Göttin«, antwortete Min schwach.
»Na, die hat sie bekommen«, meinte Cal. »Ich nehme alles zurück, es ist der perfekte Name für dich.«
»Und die Mutter meines Vaters hieß Minnie«, fuhr Min fort und bemühte sich, beiläufig zu klingen. »Es war sozusagen ein Kompromiss. Und warum heißt du nicht Robert?«
»Ich habe seinen letzten Vornamen bekommen«, erklärte Cal. »Zum Glück. Ich könnte mir mich nicht als Bob vorstellen.«
»Bob Morrisey.« Min lehnte sich in ihren Sessel zurück und versuchte, überlegen zu wirken. »Dieser komische Knilch in der Versandabteilung.«
»Der Versicherungsagent Ihres Vertrauens«, säuselte Cal.
»Der Gebrauchtwagenhändler, dem Sie nicht trauen können«, versetzte Min.
»Calvin Morrisey dagegen ist der alte Bock, der die Firma im Jahre 1864 gegründet hat«, fuhr Cal fort. »Oder, in diesem Fall, der Typ, der deinen Schuh hat.«
»Meinen Schuh?«
»Rote Bänder, stylischer Absatz, riesige, knallige Blüte.«
»Mein Schuh .« Min richtete sich begeistert auf. »Ich hätte nicht gedacht, dass ich den noch mal wieder sehe.«
»Na ja, das wirst du auch nicht, außer du isst mit mir zu Mittag«, versetzte Cal. »Ich habe ihn als Geisel in meiner Gewalt. In diesem Augenblick habe ich ein Schießeisen auf seinen Absatz gerichtet.«
»Ich esse mittags nur eine Kleinigkeit an meinem Schreibtisch«, begann Min und dachte sofort: Ach, um Himmels wil len, geht's noch zickiger ?
»Emilio versucht es gerade mit einem Mittagstisch. Er braucht dich. Und ich brauche dich auch.«
»Ich kann nicht«, entgegnete Min, während jede Faser ihres Körpers schrie: Ja, ja, alles, was du willst . Gott sei Dank konnten ihre Fasern nicht sprechen.
»Du kannst Emilio nicht so im Stich lassen«, beschwor Cal sie. »Er liebt dich. Und es gibt Chicken Marsala. Na los, leb doch mal ein wenig. Ein ganz klein wenig.«
Ein ganz klein wenig. Sogar Cal wusste, dass sie eine vernünftige, verplante Niete mit Glücksspielaversion war. »Ja«, stieß Min hervor, und ihr Herz begann wieder, wild zu pochen. »Ich würde schrecklich gern meinen Schuh wieder zurückhaben und Chicken Marsala zu Mittag essen.«
»Denk daran, du musst mit mir essen«, warnte Cal. »Du siehst diesen Schuh erst wieder, wenn du etwas isst.«
»Das kann ich ertragen«, antwortete Min und fühlte eine überwältigende Erleichterung. Dann legte sie auf und betrachtete ihren Bericht.
Sie hatte Herzen darauf gemalt. Dutzende winzig kleiner Herzen.
»Ach du meine Güte«, seufzte Min, und ihr Kopf sank auf die Tischplatte.
Als Min das Emilio's betrat, fragte ein dunkelhaariger Teenager sie an der Tür: »Wollen Sie zu Cal?«, und als sie nickte, fuhr er fort: »Er sitzt dort an Ihrem Tisch«, und machte mit dem Kopf eine Geste in den Speiseraum hinein.
»Habe ich denn einen Tisch?«, fragte Min, aber dann erblickte sie Cal an dem Tisch beim Fenster, an dem sie bei ihrem ersten Mal gesessen hatten, und für einen Moment blieb ihr der Atem weg. Ich vergesse immer wieder, wie schön er ist , dachte sie und beobachtete ihn, wie er entspannt dasaß, die dunklen Augen durchs Fenster auf die Straße gerichtet, sein perfektes Profil ihr zugewandt. Seine Finger trommelten auf dem Tisch, und seine Hände wirkten kraftvoll. Min erinnerte sich, wie gut sie sich auf ihrer Haut angefühlt hatten, und dachte: Verschwinde, so schnell du kannst . Da erblickte er sie, stand auf und lächelte, und seine Augen strahlten dabei, als freue er sich, sie zu sehen. Sie erwiderte das Lächeln und ging auf ihn zu. Charmebolzen , dachte sie und verlangsamte ihre Schritte, aber er hatte bereits einen Stuhl für sie hervorgezogen.
»Danke, dass du gekommen bist«, sagte er, und sie ließ sich auf den Stuhl gleiten und dachte: Auf irgendetwas ist er aus, pass bloß auf . Dann bemerkte sie, dass er zu Boden blickte, und fragte mit einem nervösen Krächzen: »Was ist?«
»Deine Schuhe«, antwortete er. »Was für welche trägst du heute?«
»Das klingt wie ein obszöner Telefonanruf«, erwiderte sie mit bemüht ruhiger Stimme, streckte dann aber einen Fuß aus, damit er ihre blauen Krokodilhaut-Slipper sehen konnte, deren offene Zehenpartie ihre passend blau lackierten Zehennägel enthüllte.
Er schüttelte den Kopf. »Da habe ich schon was Besseres an dir
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