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Liebe und Marillenknödel

Liebe und Marillenknödel

Titel: Liebe und Marillenknödel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Sternberg
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Überraschung nicht zu überhören.
    » Hallo, Sarah«, erwidere ich und gebe mir Mühe, dabei so normal und locker wie möglich zu klingen. Dabei weiß ich natürlich, dass Sarah sich von solchen Manövern nicht täuschen lässt. Sarah wäre nicht Sarah, wenn sie nicht auch über den halben Globus hinweg riechen würde, wenn etwas nicht in Ordnung ist. Ich meine, sie merkt sogar, wenn eine Cappelletti-Füllung einen Hauch Zitronenschale enthält, wo ich schon froh bin, zu erkennen, dass es Cappelletti sind. Okay, kein guter Vergleich, aber es dürfte klar sein, was ich meine.
    » Du klingst aber nicht gut«, sagt sie.
    Da, bitte: Sie hat einfach den siebten Sinn.
    » Ach …«, sage ich ausweichend.
    Ich habe keine Ahnung, warum die von Hardenbergs immer um den heißen Brei herumreden müssen, wenn es ihnen schlecht geht. Mein Vater macht das genauso. Nur meine Mutter hat eine andere Strategie: Wenn es bei ihr schlecht läuft, dann sucht sie jemanden, der schuld ist. Aber letztendlich ist es bei uns allen das Gleiche: Wir führen uns auf, als sei es eine Schande, wenn man mal ein paar Schritte lang auf der Schattenseite des Lebens geht.
    » Sag schon. Was ist?«, sagt sie durch den knacksenden Hörer.
    » Ach Sarah …«, druckse ich herum.
    Möglicherweise liegt es daran, dass es eine Schande ist, wenn einem die eigenen Angestellten auf der Nase herumtanzen und die Gäste weglaufen und man geradewegs auf die Pleite zusteuert, ohne das Geringste dagegen zu unternehmen. Zu meiner Verteidigung könnte man einwerfen, dass ich ja erst seit zwei Tagen hier bin, aber trotzdem: Irgendetwas läuft hier ganz gewaltig schief.
    Ich schließe die Augen. Ich spüre, wie sich der riesige Himmel über mir dreht, wie die mächtigen Berge mich umstellen, und komme mir so klein vor wie in meinem ganzen Leben noch nie.
    » Na?«, sagt sie mitfühlend.
    Ich seufze, kann aber immer noch nichts sagen. Wahrscheinlich bin ich einfach nicht der Typ, der erfolgreich ist. Ich habe einen miesen Studienabschluss. Ich habe es nie zu einer Festanstellung gebracht. Ich bin Single, ich bin einsam. Ich kann mir nicht einmal die Fingernägel der rechten Hand lackieren. Und nun das. Gescheitert, schon nach wenigen Metern.
    » Ach Sarah, es ist alles so schrecklich«, bringe ich es endlich über die Lippen. In Krisen-Knigge für Manager – wie man Katastrophen und Fehlschläge richtig kommuniziert steht zwar, dass grobe Verallgemeinerungen nicht ganz die richtige Strategie sind, um seine Schwierigkeiten offenzulegen, aber was soll’s. Mir hilft es.
    » Alles?«, neckt sie mich.
    Ich nicke. Und obwohl ich natürlich selbst weiß, dass sie das nicht sieht, bin ich doch sicher, dass sie es spüren kann.
    » Schieß los. Was genau«, sagt sie.
    Ich atme durch, und dann erzähle ich ihr alles. Wie Herr Jirgl mich behandelt. Wie Frau Jirgl mich behandelt. Wie Gianni immer dreinschaut. Dass in den letzten Tagen ein einziger Gast da gewesen ist, der prompt übereilt wieder abgereist ist, und dass die Leute nicht einmal mehr für eine Jause haltmachen. Und dann erzähle ich ihr von meinem Verdacht: Dass niemand mehr kommt, weil das Essen so schrecklich schlecht geworden ist.
    » Meinst du wirklich, dass es am Essen liegt?«, fragt sie misstrauisch.
    Ich nicke. » Alrein war im ganzen Gadertal bekannt für seine Gulaschsuppe. Die Leute sind aus dem Tal hochgewandert dafür! Ich weiß nicht genau, was das Geheimnis daran war, es war ja nur eine Gulaschsuppe, aber sie war wirklich unglaublich gut. Und vorhin habe ich mir eine machen lassen und …«
    » Und, was war damit?«
    Ich zögere. Es ist gar nicht so leicht, Worte zu finden für das, was da in der Suppentasse schwamm. Wie hat Herr Philippi es genannt? Das Rezept sei leicht modifiziert worden, nicht ganz zugunsten des Geschmacks. Man muss sagen, Herr Philippi ist ein Mann mit Manieren. Oder er hat einfach bloß Sinn für Humor.
    » Na komm, Sophie, jetzt sag schon.«
    Meine Güte. Wenn es ums Essen geht, kann Sarah manchmal ganz schön ungeduldig werden.
    » Also, das Fleisch war zur einen Hälfte schwabbelig, zur anderen Hälfte zäh. Es war überhaupt kein Paprika darin, dafür so viel Glutamat, dass es geschmeckt hat wie beim China-Imbiss. Die Suppe war mit irgendetwas angedickt, keine Ahnung mit was, aber sie hatte die Konsistenz von Vanillesoße – nur, dass sie rotbraun war.«
    Durch den Hörer kommt ein würgendes Geräusch.
    » Sarah, das war unfassbar ekelhaft. Und du kennst mich, ich bin echt

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