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Liebe und Marillenknödel

Liebe und Marillenknödel

Titel: Liebe und Marillenknödel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Sternberg
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nicht bedient hat. Schweinenase, Blondierung, Ohrring … Aber Sophie, vielleicht gehst du selbst mal runter und …«
    » Na ja«, sage ich, » was soll ich ihm denn da unten auflauern? In fremden Hotels rumhängen ist ja schließlich nicht verboten. Das heißt, es ist natürlich ein Unding, dass er es während seiner Arbeitszeit tut, aber in Wirklichkeit kann er natürlich hingehen, wo er will.«
    » Sophie, vielleicht solltest du trotzdem mal …«
    » Papa, Jirgl fliegt ohnehin raus«, beruhige ich ihn, » und zwar hochkant.« Ich fange an, ihm von den Dingen zu erzählen, die wir gerade erfahren haben, aber er fällt mir ins Wort.
    » Sophie!«
    » Was bist du denn so aufgeregt?«, frage ich und betrachte ihn verständnislos.
    » Ich bin nicht aufgeregt!«, sagt er. » Ich möchte nur, dass du dich mit eigenen Augen davon überzeugst, was er dort treibt!«
    Ich sehe ihn prüfend an, aber er weicht meinem Blick aus. Sein Gesicht scheint alle Kontur verloren zu haben, wie eine Sandburg, die von der Brandung überrollt wird.
    » Wieso, Papa? Passiert dort etwas Schlimmes?«
    Er wendet sich mir wieder zu. Es ist fast so, als sei etwas Flehendes in seinen Augen.
    » Ich kann nicht mehr sagen«, sagt er.
    » Aber warum denn nicht? Was ist denn?«
    » Geh einfach hin«, sagt er, fast tonlos.
    Ich sehe Nick zweifelnd an.
    » Hau ruhig ab«, sagt er. » Ich halte hier die Stellung.«
    » Lauf«, sagt mein Vater.
    Und dann renne ich.
    Oh Gott, ist das peinlich. Ich kann nur hoffen, dass mich niemand beobachtet. Junge Frau rennt in Keilsandalen eine Wiese hinunter und ist hinterher so außer Atem, dass sie sich an einem Baum festkrallen muss, während sich ihre Lunge einfach nicht beruhigen will. Sie pumpt und pumpt und pumpt, und ich kann nichts tun, außer so zu hecheln, wie sie es will. Dabei ist der Weg doch gar nicht weit, allenfalls einen Kilometer.
    Ich muss wirklich anfangen, Sport zu treiben. Und zwar gschwingert, wie wir Südtiroler sagen.
    Ich beuge mich noch einmal vor, atme ganz weit aus und dann ganz tief ein, dann sehe ich auf.
    Da steht tatsächlich Jirgls Jeep, in der Parkbucht direkt neben dem Eingang. Dahinter breitet sich ein Traum aus gletscherblauem Glas und geschliffenem Beton aus, cool und elegant und, na ja, kühl.
    Es fühlt sich ein bisschen so an, als würde ich mich einem Eiswasserbecken nähern, als ich darauf zugehe. Ich hoffe nur, da drin erkennt mich niemand. Obwohl, warum sollte es so sein – bis jetzt hat sich noch kein Kollege von hier bei mir oben vorgestellt. Und selbst wenn: Es ist ja nicht verboten, bei der Konkurrenz einen Kaffee zu trinken, oder?
    Ich wuschle mir noch einmal durchs Haar, wische mir hinter einer Säule mit dem Saum meines Kleides die Stirn trocken und trete ein.
    Die Lobby ist leer und – zumindest verglichen mit dem Hausflur von Alrein – wahnsinnig weitläufig. Bei uns oben ist schon ein herumstehender Reisekoffer ein Hindernis, hier sind ein paar graue Ledersessel im Ra um verteilt und wirken eher wie herumliegende Bauklötze als wie Möbel. Aus unsichtbaren Lautsprechern pluckert minimalistische Lounge-Musik, das Licht kommt aus in die Decke eingelassenen Lampen. Alles, was ich an Leben entdecken kann, ist eine Art Riesenterrarium, ein raumhoher Glaskasten mitten in der Lobby, in dem es grün wuchert und auf dessen Boden eine fette Schlange döst.
    Bitte liegen bleiben, ja?
    Zum Glück ist auch die Rezeption gerade unbesetzt. Ich gehe weiter, unsicher, in welcher Richtung ich suchen soll. Idiotischerweise hat Papa mir nicht gesagt, wo er Jirgl gesehen hat. Ich überlege. Bei den Zimmern? Eher nicht, zumindest kann ich mir nicht vorstellen, was Jirgl da getan haben könnte. In der Lobby ist niemand. Bleibt bloß, was zufälligerweise auch noch am wahrscheinlichsten ist, wenn es um meinen Vater geht: das Restaurant.
    Man müsste nur noch wissen, wo das ist.
    Ah, was haben wir denn da – Schilder! Dolomiten Lounge Restaurant steht auf einem, und auf dem anderen Café Terrasse. Zum Glück zeigen beide in dieselbe Richtung. Vorsichtig gehe ich ein paar Schritte weiter.
    » Kann ich Ihnen helfen?«
    Hups.
    Langsam drehe ich mich um. Da steht eine Frau in stahlgrauem Kostüm, auf dem Kopf trägt sie ein kleines Käppchen. Sie sieht aus wie eine Flugbegleiterin und lächelt auch so.
    » Äh … ja«, grinse ich. » Das Restaurant, wo ist das bitte?«
    » Geradeaus und dann auf der rechten Seite«, sagt sie. » Ich bringe Sie hin.«
    » Nicht nötig«, sage ich

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