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Liebe und Marillenknödel

Liebe und Marillenknödel

Titel: Liebe und Marillenknödel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Sternberg
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demselben Lachen, im Arm einer Frau. Es muss irgendwo im Süden aufgenommen sein, denn im Hintergrund hält eine Palme ihre stacheligen Blätter ins Bild.
    Unwillkürlich halte ich die Luft an, eine Sekunde nur, dann atme ich aus.
    Die Art und Weise, auf die die beiden glücklich und vertraut miteinander aussehen, versetzt mir einen Stich. Plötzlich wird mir klar, wie wenig ich über Nick weiß. Ob er Familie hat. Wer seine Exfreundinnen sind. Ob er schon einmal geliebt hat und wenn ja, warum es vorbeigegangen ist. Der ganze Kram, den man doch voneinander erfahren will.
    Ich bringe den Stapel Bilder wieder in Ordnung und will gerade das Zimmer verlassen, da höre ich durch das offene Fenster von draußen ein Geräusch, hohl und metallisch. Dann folgt ein leises Plätschern, es klingt, als würde jemand an die Rückseite des Hauses pinkeln. Plötzlich fällt mir meine Mission wieder ein, ich eile ans offene Fenster – und traue meinen Augen nicht. Von hier oben sieht man hinab auf den Brennholzstapel, mit dem im Herbst die Stube beheizt wird. Und auf Jirgl, mit einem Kanister Benzin in den Händen.
    Ich hole Luft, weiß aber gar nicht, was ich schreien soll – Feuer? Hilfe? Polizei? Ich entscheide mich für ein einfaches Kreischen, sehr hoch, sehr lang, sehr laut. Jirgl schaut erschrocken zu mir nach oben und fängt hektisch an, den Kanister zu schütteln, in der Hoffnung, dass die klare Flüssigkeit so ein bisschen schneller fließt.
    » Aaaaaaah!«, kreische ich noch einmal.
    Jirgl schmeißt den Kanister ins Gras und zieht hektisch ein Briefchen Streichhölzer aus der Hosentasche. Er versucht, eines anzuzünden, doch das bricht ab, bevor es entflammt. Er probiert ein zweites, aber auch das geht aus, ehe er etwas damit anstellen kann. Er versucht ein drittes, diesmal brennt es. Er wirft es eilig in die Pfütze, doch nichts passiert, keine Explosion, keine Stichflamme – das Streichholz muss im Flug erloschen sein.
    Der Mann ist ein Fall für die Darwin Awards, aber ehrlich.
    Er zündet noch eines an, und ich nehme den Blumentopf von der Fensterbank. Jirgl schaut zu mir auf, ich hole aus, das Streichholz in seiner Hand geht wieder aus. Er wirft es trotzdem in die Pfütze, ich lasse den Blumentopf auf ihn niedersausen, doch Jirgl gibt Fersengeld, bevor an der Stelle, wo gerade eben noch er gestanden ist, ein Haufen aus Tonscherben, Erde und zerstörter Zimmerpflanze liegt.
    » Das Schwein flieht!«, kreische ich und werfe eine Vase hinterher, die auf dem schmalen Bord über dem Schreibtisch steht, dann renne ich los. » Haltet ihn!«
    Mit einem Mal ist überall im Haus Bewegung. Vereinzelt kommen Gäste aus ihren Zimmern, irgendwo im Erdgeschoss schlägt eine Tür, und endlich stürzt mir Nick entgegen, aus der Richtung der Toilette.
    » Was ist?«, fragt er.
    » Jirgl!« Mehr bringe ich nicht raus und renne weiter. Nick fragt nicht länger, sondern läuft mir hinterher.
    » Er hat versucht, das Haus anzuzünden!«, keuche ich.
    » Dieses Schwein!«, schnauft Nick.
    Vor dem Haus hat mein Vater bereits die Verfolgung aufgenommen, aber natürlich ist Jirgl viel schneller als er. Er fetzt die Fahrbahn entlang, bergab, das beschleunigt sein Tempo.
    Keine Ahnung, warum er nicht in sein Auto gestiegen ist. Vielleicht befürchtet er, dass ihn dann die Polizei abfängt, denn nach unten führt nur eine einzige Straße.
    Nick gibt Stoff, aber leider muss man sagen: Unsportlich ist dieser Jirgl nicht, er läuft und läuft, als ob’s kein Morgen gäbe.
    Na ja, in seinem Fall könnte das ja durchaus stimmen.
    Plötzlich habe ich eine Idee. Ich schlage einen Haken und laufe jetzt barfuß quer über die Wiese, fast senkrecht den Berg hinab, so kann ich ihm weiter unten an der Serpentine vielleicht den Weg abschneiden.
    Mann, ist das steil. Ich tripple Meter für Meter durch das Gras, stolpere, schlage um ein Haar nach vorn hin. Ich richte mich wieder auf, erreiche den Weg – doch da ist Jirgl natürlich schon an mir vorbei, und Nick auch, so weit war die Strecke ja nicht. Ich bleibe stehen, überlege, was ich machen soll – und dann entdecke ich plötzlich jemanden weiter unten auf dem Weg.
    Was macht denn der hier?
    » Herr Philippi!«, kreische ich. » Herr Philippi!«
    Herr Philippi hat den Blick starr auf den Weg vor ihm gerichtet, doch jetzt blickt er auf, hebt seinen Wanderstock und lacht mich an. Er denkt offensichtlich, ich würde ihm bloß nett winken, doch dann erkennt er die Panik in meinem Gesicht.
    » Was ist

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