Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Liebe und Marillenknödel

Liebe und Marillenknödel

Titel: Liebe und Marillenknödel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Sternberg
Vom Netzwerk:
Waren angeliefert. Zum Glück gibt es hier auch keine Lautsprecher. Die Stille ist richtig angenehm.
    » Gianni?«, rufe ich leise.
    Keine Reaktion.
    Hoffentlich erwischt mich keiner.
    Ich schlüpfe durch die Lappen und gehe so geräuschlos, wie das mit Keilabsätzen möglich ist, weiter in den Raum hinein. Ich spähe an den Palettenstapeln vorbei, gehe noch ein Stück weiter. Dann höre ich ein Geräusch hinter mir. Ich drehe mich um und sehe, wie ein gelber, zerschrammter Gabelstapler hereinfährt.
    Mist.
    Ich drücke mich in den Spalt zwischen zwei Palettentürmen und überlege fieberhaft, was ich sagen soll, wenn mich jemand entdeckt. Aber der Gabelstapler schnurrt klappernd an mir vorbei, der blonde, tätowierte Typ, der hinterm Lenkrad sitzt, hat mich nicht bemerkt.
    Dafür höre ich, wie hinter mir jemand schnauft.
    Langsam und mit klopfendem Herzen drehe ich mich um. In der Ecke sitzt Gianni und sieht mich mit seinen italienischen Augen an.

26
    Die Sonne steht schon fast senkrecht am Himmel, als sich wenig später das Rolltor vor mir öffnet und ich hinaus auf die Laderampe trete. Ich blinzle ein paarmal und versuche herauszufinden, wo ich überhaupt bin. Ah, dort ist der Eingangsbereich – also muss da hinten der Parkplatz sein.
    Menschen, die in ihrem Leben mehr als drei Sportstunden absolviert haben, würden jetzt mit einem lässigen Satz von der Rampe springen. Ich nehme lieber die enge Treppe, die an der Seite hinunterführt – Herausforderung genug, in den Schuhen. Dann laufe ich quer über den Asphalt auf den Fiat Panda zu, der mir aus der Masse der Wagen schon von Weitem entgegenleuchtet.
    Nick hat Rückbank und Kofferraum voll beladen und den Einkaufswagen weggebracht. Jetzt lehnt er sich gegen die Kühlerhaube und hält das Gesicht in die Sonne.
    Ich winke ihm zu, er sieht mich und nimmt die Sonnenbrille ab.
    » Da bist du ja endlich«, sagt er, als ich bei ihm bin. » Was war das denn?«
    » Steig ein«, sage ich.
    Er sieht mich zweifelnd an, dann macht er die Fahrertür auf, zwängt sich hinters Steuer und öffnet mir die Tür auf der Beifahrerseite.
    » Redest du nicht mehr mit mir?«, fragt er, als ich neben ihm sitze.
    » Oh doch, und wie. Gleich. Fahr los.«
    Nick hebt eine Augenbraue und sagt: » Aye, aye, Sir.« Er lässt den Motor an und Sekunden später rollen wir vom Parkplatz.
    » Nick«, sage ich und sehe ihn von der Seite an, » du glaubst es nicht …« Und dann erzähle ich ihm alles.
    Ich erzähle und erzähle und während ich das tue, schüttelt Nick immer wieder fassungslos den Kopf, oder haut durch das offene Fenster von außen gegen das Blech der Fahrertür.
    » Dass du den Dreckskerl nicht schon längst rausgeschmissen hast«, sagt er schließlich. » Ich meine, du bezahlst dem Typen Gehalt, Sophie! Der ist ja nicht einfach bloß zufälligerweise da und führt sich auf wie Ernst August – du gibst ihm auch noch Geld dafür!«
    » Ich hatte eben irgendwie Mitgefühl mit ihm«, verteidige ich mich schwächlich.
    » Mitgefühl? Mitgefühl? Weswegen denn? Weil er ein solches Arschloch ist?«
    So ein Blödmann. Natürlich nicht.
    Ich erzähle ihm von Frau Jirgls Mutter. Davon, dass sie Alzheimer hat und dass ihr Mann gestorben ist und davon, wie rührend sich die Jirgls um die Frau kümmern. Doch noch während ich rede, steigt Nick auf die Bremse, und ich werde nach vorne in meinen Gurt geschleudert.
    » Was ist denn los?«, frage ich.
    » Und den Scheiß hast du geglaubt.«
    Nick sieht mich von der Seite an, als könne er gar nicht fassen, wie blöd ich bin.
    » Natürlich hab ich das geglaubt. Warum denn auch nicht?«
    Er seufzt, schaltet, dreht sich um und legt die Hand an meine Kopfstütze. Dann fährt er rückwärts in eine Einfahrt und wendet den Wagen. Er fährt dieselbe Strecke zurück, die wir hergekommen sind, dann biegt er rechts ab, in Richtung Bahnhof. Kurz darauf halten wir in zweiter Reihe vor dem Café, in dem wir heute Morgen Cappuccino getrunken haben.
    Ich merke, wie ich anfange zu schwitzen.
    » Steig aus«, sagt er, löst seinen Gurt und macht die Warnblinkanlage an.
    » Willst du jetzt etwa Kaffee trinken?«, frage ich.
    » Steig aus«, wiederholt er und öffnet die Fahrertür.
    » Okay«, murmle ich und folge ihm.
    Nick läuft auf das Café zu, bleibt aber vor der Glastür stehen und wartet, bis ich aufgeschlossen habe. Dann tritt er einen Schritt zurück und deutet ins Innere.
    » Siehst du die Frau da drin? Die am Tresen?«
    Ich spähe durch das Fenster.

Weitere Kostenlose Bücher