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Liebe und Tod in Havanna

Liebe und Tod in Havanna

Titel: Liebe und Tod in Havanna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jérômel Savary
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strenges Strafgesetz erlassen. Anfang 1999, am Tag nach einer knallharten Rede Fidels, waren die Mädchen in buntem Lycra, die Jo ein Jahr zuvor so ans Herz gewachsen waren, vom Malecón verschwunden. Und die Playas del Este, klassischer Treffpunkt für illegale Liebesspiele, wurden nun gründlich von Patrouillen durchkämmt, die jedes hübsche schwarze Mädchen gleich mitnahmen, das sich näher als zehn Meter an einen Ausländer heranwagte.
    Kurz gesagt, Raúl mochte keine Ausländer.
    »Was hat dieser alte Franzose mit dir gemacht? Hat er Geld?«
    Maria blickte Raúl verächtlich an. »Ich bin keine Hure! Und das weißt du ganz genau, Raúl! Ich verzeihe dir, weil du eifersüchtig bist. Aber rede nie wieder so mit mir!«
    Sie küsste ihn flüchtig auf seinen Bart und stieg aus dem Laster.
    Sobald er hinter der Kurve verschwunden war, umgab Maria eine vollkommene Stille. Sicher, man konnte die Nachtvögel singen hören und die Hunde, die zu Füßen des Hügels bellten, aber es gab nicht ein einziges menschliches Geräusch. Nur die Natur und sonst nichts. Maria liebte diese Stille. Aber an jenem Tag, als sie die Tür zum kleinen Klassenzimmer öffnete, war sie unruhig. Zum ersten Mal hatte sie Angst, allein zu schlafen.
    Als wäre der stillschweigende Schutz, den sie bis dahin genossen hatte, durch ihr Abenteuer mit dem Ausländer ausgelöscht worden.
    Und erst im Morgengrauen, nachdem sie die ganze Nacht im schwachen Lichtschein einer Öllampe gelesen hatte, konnte sie bei den ersten Sonnenstrahlen einschlafen.
    In Wirklichkeit hatte sie auf Pedro gewartet.
    Und er war nicht gekommen.
    ––– ¤ –––
     
    »Bravo, Papa! Du warst großartig!«
    »Findest du, Söhnchen?«
    Der Alte und sein Sohn saßen auf der Terrasse des Patio an der Plaza de la Catedrál und tranken einen Mojito nach dem anderen.
    »Du hättest deine Tournee gar nicht besser beginnen können. Die Nachricht von deiner Unterhaltung mit Fidel wird sich im ganzen Land verbreiten, und morgen wirst du in Matanzas deinen Siegeszug starten.«
    »Scheiße! Das hatte ich völlig vergessen. Ich hab nicht die geringste Lust, nach Matanzas zu fahren.«
    »Zu spät, Alter! Du bist jetzt ein Star, und wenn du die Tour absagst, wirst du innerhalb von vierundzwanzig Stunden des Landes verwiesen. Außerdem solltest du langsam wissen, was du willst in deinem Leben. Du wolltest deine Tournee, und jetzt hast du sie! Morgen Matanzas, Mittwoch und Donnerstag Santiago, Freitag Guantánamo, Sonntagnachmittag Pinar del Río.«
    »Aber das geht nicht, Maria wartet auf mich! Ich muss wieder zurück, und zwar noch heute Abend!«
    »Wenn sie dich liebt, wird sie auch ein paar Tage länger warten.«
    »Woher soll ich denn wissen, ob sie mich liebt? Wir kennen uns doch kaum, ich habe sie zwei Stunden in meinem Arm gehalten.«
    »Eben, lass ihr Zeit, zu sehen, ob du ihr fehlst. Und du versuch mal wieder etwas nüchterner zu werden. Ich bin sicher, dass du dich morgen schon wieder in ein anderes Mädchen vernarrst! Es gibt hier so viele schöne Mädchen!«
    Der Alte sagte sich, dass Jo wahrscheinlich Recht hatte. Er würde Maria wiedersehen, sie würden wieder zusammen unter dem Wasserfall duschen, sie würden sich in dem kleinen Zimmer lieben, er würde am nächsten Morgen wieder in das Klassenzimmer hinuntergehen, und dann?
    »Sie ist dreißig Jahre jünger als ich und lebt auf dem abgelegensten Hügel der Welt, aber ich habe solche Lust, sie wiederzusehen!« Er nahm den Arm seinen Sohnes. »Mein Junge, wie kann ich sie benachrichtigen, dass ich erst in ein paar Tagen komme?«
    »Auf die Post kann man sich nicht verlassen und ein Telefon hat sie natürlich nicht. Ein Nachbar vielleicht. Das müsste man herausfinden.«
    Ein abgemagertes, fiebriges Kind hatte sich mit einem Arm voller Rosen dem Tisch genähert.
    »Cuanto quieres para todo eso?«, fragte Pedro den Jungen.
    »Para todo?«, rief der Junge aus, erschrocken über eine so ausgefallene Frage. »No sé, son un dollar cada una, no sé cuanto tengo!«, und er begann, seine Rosen auf so ungeschickte Art zu zählen, dass sie auf das glänzende Pflaster des Platzes fielen.
    »Toma veinte dollares!«
    Der Junge steckte die zwanzig Dollar ein und rannte davon, und ließ die Rosen auf dem Pflaster liegen.
     
    ––– ¤ –––
     
    Gegen acht Uhr morgens hupte es vor der Schule. Ein klappriges Taxi stand davor. Maria, die ihren Wecker nicht gehört hatte, sprang aus dem Bett und öffnete die Fensterläden.
    »Ich

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