Liebe und Tod in Havanna
Tochter.«
»Weißt du, Jo«, sagte der Alte und senkte schüchtern den Blick, »ich werde auch eine kleine Tochter haben, das heißt, ich hoffe, dass es ein Mädchen wird.«
»Sag bloß!«, rief Jo aus. »Da wird Mama ja nicht gerade begeistert sein. Sie hat immer davon geträumt, ihren Lebensabend an deiner Seite zu verbringen, in ihrer Kommune im Luberon.«
»Ich habe das Paradies gefunden, Jo! Also wirklich, das Luberon …«
Eine Stewardess kam, um die Passagiere der ersten Klasse abzuholen. Jo begleitete seinen Vater bis zum Flugzeug und setzte ihn in einen großen Sessel mit Kopfhörern und Kissen. Sie tranken noch ein Glas Champagner.
»Auf dein Wohl, werdender Vater!«, prostete Jo ihm zu. »Und bis Freitag, ich werde auf dich warten!«
»Ich hab dich lieb, mein Junge, dank deiner habe ich die Liebe kennengelernt.«
»Hör auf, Papa«, erwiderte Jo gerührt. »Man kommt sich ja vor wie in einem Kitschroman.«
»Ich glaube, ich erlebe einen Kitschroman, Söhnchen.«
Als der Zeitpunkt gekommen war, sich zu verabschieden, bemerkte Pedro, dass Jos Hände zitterten und dass auch er abgenommen hatte.
»Du siehst krank aus, Jo. Du machst doch hoffentlich keine Dummheiten?«
»Aber nein, Papa, keine Sorge. Ich habe gestern Abend nur ein bisschen zu viel gekokst, ich nehme ab und zu was, wenn ich down bin, um Nieve zu vergessen. Verstehst du, ich fühle mich schuldig. Wenn ich nicht nach Paris geflogen wäre, wäre sie noch am Leben. Mach nicht den gleichen Fehler wie ich. Komm auf jeden Fall Freitag wieder! Man kann nie wissen.«
Das Flugzeug machte einen Zwischenstopp in Nassau. Und Pedro bekam plötzlich Lust, das Flugzeug kurz zu verlassen. Er trank drei Rum, und als eine riesige Matrone in Uniform Jagd auf Raucher machte, flüchtete er sich auf die Toilette, wo er, auf einem wenig vertrauenerweckenden Klo, ausgiebig einen Puro-Stummel rauchte.
Maria war ausgeglichen, sie würde auf ihn warten. Und außerdem hatte er viele Dinge zu regeln. Und er musste Geld für den Lieferwagen und die Bauarbeiten mitbringen.
So grübelte er lange Zeit auf dem Klo vor sich hin, dass er beinahe seinen Anschlussflug verpasst hätte. Plötzlich hörte er, wie sein Name durch den leeren Flughafen hallte und er rannte los zu seinem Platz.
Er war der einzige Passagier in der ersten Klasse. Man behandelte ihn wie einen Bonzen, und eine Stunde später schlief er, völlig betrunken, ein.
Ich sollte eine Gefährtin für Paquito mitbringen, eine Papageiendame, die die Marseillaise pfeifen kann, dachte er noch, bevor er die Augen schloss.
Die Stewardess, die sein leeres Glas abräumte, hörte ihn zwischen lautstarken Schnarchern vor sich hin murmeln.
Der Alte imitierte Paquitos Stimme und brummte: »Napoleon! Napoleon! Hurensohn! Napoleon!«
»Jedem die Träume, die er verdient«, sagte die Stewardess laut, während sie in den vorderen Bereich des Flugzeugs zurückkehrte.
7
P ARIS FÜR EIN PAAR N ÄGEL
Paris, März 1999
Der Campingfachmarkt »Le Vieux Campeur« war ein Paradies für Vollbluthippies. Und genau das war Pedros erste Anlaufstelle, kaum dass er in Orly gelandet war und seinen Koffer zu Hause abgestellt hatte.
Er kaufte alles, was er an Büchern über Generatoren, Solarenergie, Windkraftanlagen, Wasserreinigung und mit Solarenergie betriebene Wasserboiler finden konnte, kehrte dann nach Hause zurück, duschte und legte sich mit dem Stapel Bücher ins Bett. Als er fünf Stunden später völlig erschöpft vom Jetlag einschlief, wusste er praktisch alles zu dem Thema.
Gegen Mitternacht wachte er auf und rief Anne an.
»Wo bist du?«, fragte Anne schläfrig.
»In Paris. Hab ich dich geweckt?«
»Ja, aber das macht nichts, ich freue mich, deine Stimme zu hören.«
»Hast du nicht Lust, mit mir altem Mann etwas trinken zu gehen?«
»Wenn du willst.«
»Ich komme in einer halben Stunde mit dem Taxi vorbei und hol dich ab. Wir gehen ins New Morning. Das wird uns an die guten alten Zeiten erinnern.«
––– ¤ –––
Wie der Zufall es wollte, spielte an jenem Abend im New Morning eine kubanische Band. Vor allem der Perkussionist, Miguel Anga, hatte es Pedro angetan. Noch nie hatte er jemanden so schnell die Congas schlagen hören.
»Du hast mich absichtlich hergebracht!«, zog Anne ihn auf. »Du kannst ohne Kuba nicht mehr leben.«
»Nein, das ist reiner Zufall!«, wehrte Pedro ab, dann nahm er ihre Hand und fragte sie: »Wie geht es meiner afrikanischen
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