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Liebe und Vergeltung

Titel: Liebe und Vergeltung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Jo Putney
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ungläubiges Befremden spiegelten sich in den Mienen der Umstehenden, die Sir Charles Weldons Äußerungen vernommen hatten.
    Jäh wurde Mikahl klar, daß der Baronet alle Trümpfe in der Hand hielt. Natürlich war es möglich, die Behauptungen durch Lügen entkräften zu wollen, und Mikahl war nie um eine Ausflucht verlegen. Doch wem würden die konservativen Engländer wohl glauben, einem der ihren oder einem Fremden zweifelhafter Herkunft? Das war eine rein rhetorische Frage, denn die Antwort ergab sich von selbst.
    Es störte Mikahl weniger, daß er in Verruf geriet. Weitaus mehr belastete ihn der Gedanke, daß Sara und ihre Angehörigen von dem Skandal betroffen wurden. Alastair und Haddonfield, die ihm den Zugang zur feinen Gesellschaft ermöglicht hatten, würden ihm bewußte Täuschung vorwerfen, und das zu Recht. Und Sara? Sie mußte erschüttert sein und sich tief gedemütigt fühlen. Er blickte sie an und sah, daß sie blaß geworden war und ihn fassungslos anschaute. Bestürzt fragte er sich, ob sie Weldons Bezichtigungen glaubte und wie sie darauf reagieren würde.
    „Ich wiederhole, Madam, dieser Mann ist ein Hochstapler!“ sagte Charles, befriedigt, daß er die Aufmerksamkeit seiner Umgebung hatte. „Er ist Engländer und der uneheliche Sohn einer Schankmagd aus dem East End!“
    Sekundenlang herrschte gelähmtes Schweigen, ehe die Königin sich zu Prinz Balagrini umdrehte und in kaltem Ton fragte: „Stimmt es, was gegen Sie vorgebracht wird, Sir?“ Flüchtig überlegte Mikahl, ob er die Wahrheit eingestehen sollte, verwarf den Gedanken jedoch.
    „Sie sind mir eine Antwort schuldig, Sir!“
    „Vergebt mir, Eure Majestät, daß ich mich einmische“, sagte Lord Alastair Carlisle, verließ seinen Platz und verneigte sich ehrerbietig vor der Königin. „Ich glaube, die unverschämten Anschuldigungen haben Seiner Hoheit die Sprache verschlagen. Sir Charles hat es beliebt, einen äußert geschmacklosen Scherz zu machen. Ich selbst habe mich in Kafiristin aufgehalten und war Gast im Palaste des Prinzen.“
    „Bitte, verzeihen Sie, Madam, daß ich bis jetzt geschwiegen habe“, richtete Mikahl nun das Wort an die Königin. „Manchmal habe ich noch immer Schwierigkeiten, die richtigen Formulierungen in einer mir ungeläufigen Sprache zu finden. Sir Charles hat nicht ganz unrecht. Nach europäischer Auffassung bin ich kein Prinz, denn in Kafiristan gibt es diesen Titel nicht, nur den alten mongolischen Begriff Khan. Sollte ich in Ihrem Lande verweilen, Madam, werde ich darauf verzichten, einen Titel zu führen.“
    „Ich habe Seiner Hoheit vorgeschlagen, sich in Europa Prinz zu nennen“, warf Lord Alastair ein. „Ein Khan ist der Fürst seines Stammes, und Prinz Mikahl der hochgeachtetste Mann in Kafiristan. Dafür verbürge ich mich.“
    „Lord Alastair will nur das Gesicht wahren, Madam“, sagte Charles und mußte sich sehr zwingen, vor Ihrer Majestät nicht die Kontenance zu verlieren. „Ohne seine Hilfe wäre diesem Scharlatan die Täuschung nie gelungen! Beide haben diesen Plan ausgeheckt und amüsieren sich köstlich, daß wir alle darauf hereingefallen sind.“
    Die Königin furchte leicht die Stirn und schien zu überlegen, wem sie Glauben schenken sollte.
    „Sie haben mir die Gunst erwiesen, Madam“, wandte Lady Sara sich an Ihre Majestät, „mich aufzufordern, Ihre Hofdame zu werden. Können Sie sich vorstellen, daß ich mich, meinen Rang und den ehrbaren Namen meiner Familie vergessen und mir einen Gemahl erwählen würde, der nicht standesgemäß ist?“
    Sekundenlang sah die Königin ihr prüfend in die Augen, ehe sie sich erneut zu Sir Charles Weldon umdrehte und kühl bemerkte: „Sir, Ihre Art Humor ist peinlich. Wir sind nicht belustigt.“ Den Prinzen und seine Gemahlin anschauend, fügte sie hinzu: „Sir, Lady Sara, ich würde mich freuen, wenn Sie bei einem der nächsten Empfänge meine Gäste sind.“ Dann schritt sie mit ihrem Gefolge weiter, ohne den Baronet noch eines Blickes zu würdigen.
    Charles tobte innerlich vor Wut, verneigte sich knapp und stürmte aus dem Ballsaal.
    Alastair lächelte schwach und sagte: „Ich wäre dir wirklich dankbar, wenn du dich in den nächsten Tagen mit mir in Verbindung setzen könntest, Mikahl. Gute Nacht, Sara.“ Brüsk drehte er sich um und strebte dem Ausgang zu.
    „Komm, Sara, auch wir werden uns zurückziehen“, forderte Mikahl sie leise auf. Sie war noch immer sehr blaß, doch ihre Miene verriet nicht, was in ihr

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