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Liebe und Vergeltung

Titel: Liebe und Vergeltung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Jo Putney
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zu finden und ihn für alles büßen zu lassen. Er lachte mich aus und hatte mich und meine Drohungen nach der Abreise aus Tripolis bestimmt vergessen. Für ihn war ich nur eine vorübergehende Affäre.“
    „Und entgegen allen widrigen Umständen ist es dir gelungen, ihn aufzuspüren“, murmelte Sara und fröstelte bei der Erinnerung, wie teuflisch Charles die Wahrheit verdreht hatte, als er bei Leticias Ball über Michael sprach. Michael hatte recht. Charles war ein durch und durch verkommenes Subjekt. Sara setzte sich wieder, beugte sich vor und fragte: „Wie bist du von Tripolis nach Asien verschlagen worden?“ „Scheich Selim beschloß, mich mit anderen Burschen Mahmud II. zum Geschenk zu machen. Er fand, meine grünen Augen wären etwas so Besonderes, daß der türkische Sultan über die Gabe entzückt sein würde. Wir wurden auf eine Schebecke gebracht und segelten nach Konstantinopel. Das Schiff blieb nachts im Hafen vor Anker, da es erst morgens entladen werden sollte. Da die Kinder und Jungen nicht gefesselt waren, faßte ich mir ein Herz, sprang über Bord und schwamm an Land. Ich warf die kostbare Gibbeh fort und mischte mich am Vormittag in meinem einfachen weißen Kaftan unter die Menge. Mittlerweile hatte ich genügend Arabisch gelernt, um nicht sonderlich aufzufallen. Auf der Suche nach Arbeit gelangte ich zu einem persischen Kaufmann, der mich bei sich aufnahm. Er hatte keine Kinder und behandelte mich wie einen Sohn. Als er merkte, daß ich aufgeweckt und lernbegierig war, unterwies er mich in allen geschäftlichen Belangen. Nach seinem Tod war ich so erfahren und hatte genügend Geld, um mich selbständig zu machen. Ich wurde Händler, verließ Konstantinopel und zog mit einer Karawane nach Persien. Später führten meine Unternehmungen mich bis nach Turkestan, und der Rest meiner Geschichte ist dir bekannt.“ Es überstieg Saras Fassungsvermögen, was Michael durchgemacht hatte. „Es ist ein Wunder, daß du all die Schrecken überlebt hast“, sagte sie betroffen. „Und nun, nach all den Jahren, bist du hier, um an Charles Vergeltung zu üben.“
    „Ja!“ gab Michael zu. „Er soll leiden, und dann werde ich ihn töten. Verstehst du jetzt, warum ich mein Handeln für gerechtfertigt halte?“
    „Ich begreife dich, aber billigen kann ich deine Absichten nicht“, erwiderte Sara kopfschüttelnd. „Charles hat Strafe verdient, doch du überschreitest das Maß des Vertretbaren.“ Un-willkürlich wünschte Sara sich, Alastair hätte ihr nicht von Michaels Plänen erzählt. Nun wußte sie jedoch Bescheid und konnte die Augen nicht vor der Realität verschließen. „Bei allem Verständnis, Michael“, sagte sie eindringlich, „es ist durch nichts zu rechtfertigen, daß Unbeteiligte unter deiner Rachsucht leiden müssen!“
    „Deine Äußerungen beweisen mir, daß du meine Beweggründe nie verstehen wirst!“ entgegnete er verärgert.
    „Nein, deine Methoden werde ich nie akzeptieren können“, sagte Sara leise. „Aber geh und genieße deine Rache. Bring Charles eigenhändig um, wenn du es für richtig hältst.“ Sie schwieg, und in der Stille war nur das Ticken der Kaminuhr zu hören. „Eines muß ich dir jedoch unmißverständlich klarmachen. Ganz gleich, was dir widerfahren ist, mit einem Mann, durch den Unschuldige zu leiden haben, kann ich nicht leben!“
    Im ersten Moment begriff Michael nicht, was Sara damit zum Ausdruck bringen wollte. Dann erkannte er die Bedeutung ihrer Worte, sprang zornig auf und ging zu ihr. Sich auf die Armlehnen des Fauteuils stützend, beugte er sich vor und herrschte Sara an: „Wie kannst du es wagen, mich vor ein Ultimatum zu stellen! Glaubst du ernstlich, du könntest mich davon abhalten, das zu tun, wofür ich bislang gelebt habe?“ „Von einem Ultimatum kann nicht die Rede sein“, widersprach Sara bedrückt. „Ich weiß, daß ich dich nicht unter Druck setzen kann. Meine Liebe bedeutet dir nichts, also habe ich auch keine Möglichkeit, dich anderen Sinnes zu machen. Ich habe nicht einmal das Recht dazu. Du mußt deiner inneren Stimme folgen so wie ich. Und ich werde dich verlassen.“
    Die Worte trafen Michael wie ein Schlag. Benommen richtete er sich auf und wich einen Schritt zurück. „Ich höre zum ersten Mal, daß du mich liebst“, murmelte er verwirrt. „Warum sagst du das jetzt? Soll das eine Waffe sein, um mich zur Umkehr zu bewegen?“
    „Ich habe nie darüber gesprochen, weil ich glaubte, du wolltest es nicht hören“,

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