Liebe und Vergeltung
flüsterte Sara traurig. „Aber ich liebe dich schon fast seit dem Tag unserer ersten Begegnung. Sonst hätte ich nie so vieles getan, das gegen meine Prinzipien verstößt.“
„Ich hatte stets den Eindruck, du wärst mit meinem Verhal-ten einverstanden gewesen“, entgegnete Michael in beißendem Ton. „War das nicht der Grund, weshalb du dich mit mir vermählt hast?“
„Nein, falls du damit auf deine Verführungskünste angespielt hast“, antwortete Sara bekümmert. „Ich habe dich geheiratet, weil ich dich liebte. Warum hätte ich sonst einen Mann zum Gatten nehmen sollen, von dem ich ahnte, daß er mir das Herz brechen würde?“
„Das Herz brechen?“ wiederholte Michael verblüfft. „Wie?“ „Schon vor der Hochzeit fürchtete ich, daß unsere Ehe nicht lange dauern würde, und wußte, es würde mich sehr treffen, wenn du mich eines Tages verläßt“, sagte Sara und strich sich müde über die Stirn. „Aber ich sehnte mich so nach dir, daß ich bereit war, allen Kummer auf mich zu nehmen.“
„Hast du wirklich gedacht, ich hätte dich in der Absicht geheiratet, dich wieder zu verlassen?“ fragte Michael fassungslos.
„Nun, Berechnung will ich dir nicht unterstellen“, antwortete Sara langsam. „Ich denke jedoch, daß viele Gründe zu deiner Entscheidung geführt haben. Du fandest mich amüsant. Außerdem plagten dich Gewissensbisse, weil du mein Ansehen ruiniert hattest. Der Gedanke, die Tochter eines Herzogs zur Gattin zu nehmen, hat dir sicher auch gefallen, und außerdem hattest du Verlangen nach mir. Im übrigen habe ich inzwischen gemerkt, daß ich dir Mittel zum Zweck war. Du wolltest Charles treffen und hast mich deshalb ihm abspenstig gemacht. Von Liebe hast du nie gesprochen. Nun erklärt sich mir, warum. Bei so viel in dir aufgestautem Haß ist kein Platz für Liebe.“
„Auch du hast mir nie gesagt, daß du mich liebst!“ erwiderte Michael schroff.
„Vielleicht war ich zu stolz“, räumte Sara ein und lächelte wehmütig. „Ich wußte, daß ich dich verlieren würde, und wollte dich nicht in mein Herz sehen lassen.“
„Zum Teufel, was macht dich so sicher, daß ich angeblich nicht bei dir bleiben will?“ brauste Michael auf. „Dauernd redest du davon. Ich begreife den Grund nicht. Ja, du und ich stammen aus anderen Welten, aber ich habe immer treu zu meinem Wort gestanden! Meinst du, das Ehegelöbnis bedeutet mir nichts?“
„Ich konnte mir nicht vorstellen, daß du nach deinem abenteuerlichen Leben zur Ruhe kommen würdest. Du selbst hast geäußert, du hättest eine Ehe nie in Betracht gezogen. Ich ging davon aus, daß es nur eine Frage der Zeit wäre, bis du wieder rastlos würdest und fortgingest.“ Sara hielt inne, überlegte einen Moment und fuhr bedächtig fort: „Hätte ich gewußt, daß du Engländer bist, wäre ich wahrscheinlich zuversichtlicher gewesen, was unsere Ehe anbetrifft. Ich gebe zu, daß ich in den vergangenen Wochen viele Gemeinsamkeiten mit dir entdeckt und geglaubt habe, es sei möglich...“ Verlegen verstummte Sara.
Am liebsten hätte Michael ihr entgegengeschleudert, daß sie sich in jeder Hinsicht geirrt hätte. Doch er wußte zu genau, daß es nicht zutraf. Dennoch war ihre Schlußfolgerung falsch. Er hatte sie nicht nur aus reinem Kalkül geheiratet. Unversehens wurde ihm wieder warm, und hastig lockerte er sich das Krawattentuch. „Bei allem, was du mir vorwirfst, übersiehst du einen Punkt“, sagte er langsam. „Du hast mir damit gedroht, mich zu verlassen, nicht umgekehrt. Ich habe es bisher nicht getan und auch in Zukunft nicht die Absicht!“
Sara schlug die Hände vor das Gesicht und schüttelte verzweifelt den Kopf. „Seltsam“, flüsterte sie tonlos. „Ich wußte, du würdest mir das Herz brechen. Ich ahnte allerdings nicht, daß es auf diese Weise geschehen würde.“
„Gib mir nicht die Schuld!“ erregte sich Michael. „Ich habe mich bemüht, dir ein guter Gatte zu sein, und bis heute hattest du nicht den geringsten Grund zur Klage.“
„Ich habe auch jetzt keinen Anlaß, mich darüber zu beschweren“, erwiderte Sara und schaute Michael ernst an. „Du hättest nicht aufmerksamer sein können, selbst wenn du mich lieben würdest. Ich finde es jedoch unerträglich, welche Einstellung du anderen gegenüber beweist. Deinetwegen wäre Alastair fast gestorben.“
„Meinst du, es täte mir nicht leid?“
„Sicher bedauerst du es, aber die Verantwortung für den Zwischenfall trägst du! Merkst du denn
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