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Liebe und Vergeltung

Titel: Liebe und Vergeltung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Jo Putney
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wandte Sara sich ab, nicht imstande, Michael noch länger in die Augen zu sehen.
    Er sprang auf, hielt sie am Arm fest und drehte sie schroff zu sich herum. „Weldon hat mich zu dem gemacht, was ich bin!“
    erwiderte er zornig.
    Ihn verächtlich musternd, sagte sie kühl: „Ich sehe nicht, daß Charles dich zu einem armseligen, ohnmächtigen und bedauernswerten Menschen gemacht hat. Vor mir steht ein intelligenter, erfolgreicher und sehr wohlhabender Mann, der tun und lassen kann, was ihm beliebt. Ich habe eher den Eindruck, daß du dich aus eigenem Ermessen dazu entschlossen hast, so mitleidlos und barbarisch zu sein.“
    „Du weißt nicht, wovon du sprichst!“ entgegnete Michael und ließ Sara los.
    „Dann klär mich auf, bat sie leise und schaute ihn eindringlich an. „Was hat Charles dir angetan? Warum glaubst du, ein Recht auf Vergeltung zu haben?“
    Diese Situation hatte Michael unbedingt vermeiden wollen. Doch nun begriff er, daß es zu einem endgültigen Bruch zwischen Sara und ihm kommen würde, falls er sich weiterhin ausschwieg und sich nicht bemühte, ihr Verständnis zu finden. Er setzte sich wieder, blickte zu Boden und sagte: „Ich hatte dir ja erzählt, daß Jamie McFarland mich auf sein Schiff mitnahm. Ich segelte um die Welt und lernte, was er mir beibrachte. Wir hatten nie Schwierigkeiten, da die seefahrenden Nationen durch ihre Gesandten mit Schutzgeldzahlungen an die jeweiligen Regierungen dafür sorgten, daß ihre Schiffe nicht von Piraten überfallen wurden oder gefangengenommene Staatsangehörige freigekauft werden durften. Es gab jedoch immer Freibeuter, die sich nicht an diese Regeln hielten. Obwohl wir unter britischer Flagge fuhren, wurden wir zwei Jahre später von Seeräubern angegriffen. Die Hälfte der Mannschaft wurde auf der Stelle getötet, die andere nach Tripolis auf einen Sklavenmarkt geschafft.“
    Sara wagte nicht, den Gatten zu unterbrechen, kehrte zum Sessel zurück und nahm wieder Platz.
    „Es war entsetzlich heiß, und wir alle hatten schreckliche Angst, was uns bevorstehen würde“, fuhr Michael ruhig fort. „Weldon kam auf den Platz. Später erfuhr ich, daß er sich auf einer ausgedehnten Mittelmeerreise befunden hatte und in Tripolis sehr angesehen war. Ich glaube, die Neugier hatte ihn auf den Markt verschlagen. Da ich erst zehn Jahre alt war, hatte man mich von den übrigen getrennt und zu den Frauen und den Kindern gebracht. Als ich Weldon sah, vermutete ich, er wäre Engländer, riß mich von der Gruppe los und rannte zu ihm. Ich erklärte ihm, daß ich aus London wäre, und flehte ihn an, mir zu helfen.“
    „Er hat dir seine Unterstützung verweigert?“ warf Sara ahnungsvoll ein.
    „Ja. Selbst jetzt noch, fünfundzwanzig Jahre später, weiß ich genau, was damals geschah. Ungeachtet der vom Himmel brennenden Sonne war Weldon tadellos gekleidet und rümpfte bei meinem zerlumpten Anblick die Nase. ,Ach, du bist aus London?“ sagte er spöttisch. ,Nun ja, bei dem grauenvollen Cockney, das du sprichst, könntest du nirgendwo anders herstammen.“ Dann faßte er mir unter das Kinn und meinte: ,Du bist ein niedliches Bürschlein. Ich habe nie Augen von solcher Farbe gesehen.“ Ein Aufseher näherte sich uns und zerrte mich zu den Frauen zurück, doch Weldon rief mir noch zu: ,Ich will sehen, was ich für dich tun kann, Bursche.““
    Sara griff nach der auf dem Tisch stehenden Karaffe, schenkte sich und Michael Cognac ein und schob ihm ein Glas zu.
    Er nahm es, trank einen Schluck und sagte erklärend: „Christen durften keine Sklaven kaufen, und deshalb arrangierte Weldon es, daß ein libyscher Bekannter mich erstand. Ich wurde zu Weldon gebracht und bedrängte ihn, auch Jamie und seinen Matrosen zu helfen. Der britische Konsul hatte die Möglichkeit, uns alle auszulösen, und deshalb wollte ich, daß er benachrichtigt wurde. Weldon versprach es.“
    Gebannt hörte Sara zu und nippte hin und wieder an ihrem Glas.
    „Gleich nach meiner Ankunft in Weldons Haus nahm ein Diener mir die verschlissenen Kleider weg. Ich mußte baden, erhielt einen hübschen Seidenkaftan und eine goldverbrämte weiße Gibbeh und reichlich zu essen, bekam Weldon jedoch nicht zu Gesicht. Tage vergingen, und ich fing an, mich zu langweilen, als er mich plötzlich zu sich rufen ließ. Verständlicherweise lief ich eifrig zu ihm. Ich war beeindruckt von dem gutaussehenden jungen Mann, der mich vor der Sklaverei bewahrt hatte. Ich rechnete damit, daß er, der so viel Macht besaß,

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