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Liebe und Vergeltung

Titel: Liebe und Vergeltung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Jo Putney
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bestimmte Briefe oder Geschenke entgegennehmen dürfte.
    „Ist etwas nicht in Ordnung?“ fragte sie verwirrt und schaute ängstlich den Vater an.
    Da er nicht von einem zufällig die Halle durchquerenden Diener belauscht werden wollte, antwortete er nicht, nahm die Tochter bei der Hand und stieg mit ihr die Stufen zur ersten Etage hinauf. Der Salon lag rechts von den im Halbrund gruppierten weißen Marmorsäulen, durch die der zweite, in das Obergeschoß führende Abschnitt des Treppenhauses ge-schickt verdeckt wurde. Charles öffnete den zur Straße gelegenen Raum, schob Eliza hinein und schloß nachdrücklich die Tür. „Sprich nie wieder den Namen dieser Frau aus, Elizabeth!“ sagte er schroff. „Vergiß alles, was sie dir je erzählt hat, und denke nicht mehr an sie!“
    Entsetzt schaute Eliza ihn an und stammelte: „Aber warum? Willst du ... werdet ihr denn nicht heiraten?“
    „Nein!“ antwortete er hart. „Sie hat sich schandbar benommen und ist unwürdig, meine Gattin und deine Stiefmutter zu sein!“
    „Was ... was ist denn ... geschehen? Was hat sie getan? Zu mir war sie immer sehr nett.“
    „Diese Frau hat dich nie gern gehabt. Sie wollte nur Eindruck auf mich machen“, erwiderte Charles und verlor plötzlich die Geduld mit der Tochter. „Ich verbiete dir, je wieder über sie zu sprechen! Hast du verstanden, Eliza? Ich will kein Wort mehr über sie hören!“
    Eliza traten die Tränen in die Augen.
    Unversehens tat sie ihm leid. Sie war ja nur ein unwissendes Kind, der größte Schatz in seinem Leben. „Setz dich“, forderte er sie in ruhigerem Ton auf. „Ich werde läuten, damit man uns Tee bringt.“
    Befürchtend, sie könnte ihn erneut gegen sich aufbringen, hockte sie sich auf die Kante eines Sessels und fragte beklommen: „Kann ich jetzt nicht bei dir wohnen?“
    Charles wollte es bestätigten, besann sich jedoch eines anderen. Vielleicht war es besser, Elizabeth zu sich zu holen. Ihre Cousinen waren oberflächliche, stupide Kreaturen und bereits im heiratsfähigen Alter. Es würde nicht mehr lange dauern, bis seine Tochter albernes Geschwätz über Männer zu hören und überflüssige Flausen in den Kopf gesetzt bekam. Abgesehen davon, würde bald jeder im Haus über die gelöste Verlobung tratschen. Viel schrecklicher jedoch war der Gedanke, Sara könne Heather überreden, ihr ein Treffen mit Elizabeth zu ermöglichen. Mit ihrem Charme war es Sara ja stets gelungen, Desmond und dessen Gattin zu becircen. Nein, das durfte nie geschehen! Es war unerläßlich, daß Elizabeth bei ihm lebte. Niemand wußte besser als er, was gut für sie war.
    Im Gegensatz zur Mutter hing sie voller Ehrfurcht an ihm, und zum Lohn für ihre Liebe würde er dafür sorgen, daß sie von allen schlechten Einflüssen ferngehalten wurde. Sie sollte nicht mehr in die Lateinschule gehen, sondern eine Gouvernante bekommen, die wußte, was sich schickte. Gewiß, er war genötigt, sich in absehbarer Zeit eine begüterte Frau zu suchen, die ihm dann hoffentlich den ersehnten Stammhalter gebar und sich auch um Elizabeth kümmerte, doch im Augenblick erschien ihm die beabsichtigte Lösung die günstigste.
    „Doch, Elizabeth, du wirst zu mir ziehen“, versicherte er ihr. „Und zwar so schnell wie möglich. Ich habe dich sehr vermißt.“ Ihre düstere Miene erhellte sich, und von einem seltenen Impuls überwältigt, ging er zu ihr, schloß sie herzlich in die Arme und sagte tröstend: „Wir beide werden allein sein, aber wir brauchen niemanden.“
    „Oh, Papa!“ erwiderte Eliza und schmiegte sich glücklich an ihn. „Das ist wunderbar!“ Immer hatte sie sich gewünscht, ein Zeichen seiner Zuneigung zu erhalten, und nun hatte er ihr zu erkennen gegeben, daß er sie liebte.
    Charles richtete sich auf, ging zum Klingelzug und läutete. Dem eintretenden Dienstmädchen trug er auf, ihm und seiner Tochter Tee und Gebäck zu servieren.
    Nach wenigen Minuten wurde das Gewünschte gebracht, und mit kindlichem Eifer spielte Eliza die Rolle der Dame des Hauses. Sorgsam schenkte sie Tee ein und reichte dem Vater das Täßchen. Und wie eine Dame ließ sie sich im Fauteuil nieder, zupfte sich den Rock glatt und nippte geziert an der hauchdünnen Porzellantasse. Aufmerksam lauschte sie den Erklärungen des Vaters, daß er verständlicherweise sehr beschäftigt und nicht sehr oft bei ihr sein könnte, doch das war ihr gleich. Zumindest eine Weile am Tage würde sie ihn endlich für sich haben. Sie mußte ihn nicht einmal mit

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