Liebe und Vergeltung
daß sie errötete. „Es geht mich nichts an, was Prinz Balagrini bisher getan hat oder bis zu unserer Hochzeit macht“, antwortete sie steif.
„Es war nicht so, wie Sie vielleicht denken, Madam“, entgegnete Jenny eindringlich. „Er kam in Begleitung eines anderen Gastes zu uns ins Haus. Gleich als ich ihn sah, wußte ich, daß er sich fehl am Platz fühlte. Er hat nichts von mir gewollt und sich nur mit mir unterhalten. Im Gespräch erfuhr er, daß ich am liebsten geflohen wäre, und deshalb beschloß er, mir behilflich zu sein. Er ist ein echter Gentleman, Madam, so wie Sie eine wahre Dame sind!“
Es freute Sara zu hören, daß Jane Miller nicht Mikahls Geliebte war und er ihr zur Freiheit verholfen hatte. Er hatte einen besseren Charakter, als er selbst einzugestehen bereit war. „Ich danke dir, daß du mir das erzählt hast“, erwiderte sie glücklich. „So, und nun laß uns gehen.“
Jenny nickte eifrig und folgte der neuen Herrin in die wundervolle Welt, in der sie von nun an leben sollte.
Jenny hatte auf jedes Geräusch geachtet und sprang beim Knirschen des Schlüssels im Schloß der Haustür sofort auf, lief aus dem kleinen Salon und eilte Mr. Slade entgegen, erfüllt von dem Wunsch, die gute Neuigkeit sofort zu verkünden.
Er begrüßte sie und sagte lächelnd: „Ich muß dich nicht erst fragen, wie das Vorstellungsgespräch verlaufen ist. Ich sehe dir an, daß Lady Sara St. James dich in ihre Dienste genommen hat.“
„Sie ist so liebenswürdig und nett“, erwiderte Jenny glücklich. „Sie hat fast die gleiche Größe wie ich. Stellen Sie sich vor, Sir, sie hat versprochen, mir ihre abgelegten Kleider zu schenken, falls ich mich nicht gekränkt fühle! Als ob ich etwas dagegen haben könnte!“
„Nun, dann sollten wir das Ereignis feiern“, sagte Benjamin Slade schmunzelnd. „Wie wäre es mit einem Glas Wein?“ „Gern, Sir“, willigte Jenny ein und folgte ihm in die kleine, gemütlich eingerichtete Bibliothek.
Er schenkte aus einer geschliffenen Karaffe ein und reichte Jane Miller eines der rötlich getönten, goldgerandeten Gläser. Seines hebend, sagte er ruhig: „Auf Sie, Miss Miller, und darauf, daß alle Ihre Träume sich erfüllen mögen!“ Obgleich er sich für Janes Erfolg freute, stimmte er ihn auch melancholisch. Nun, da Miss Miller den zweiten Schritt in ein rechtschaffenes Leben getan hatte, war es sicher nur noch eine Frage der Zeit, bis Prinz Balagrinis Worte sich bewahrheiteten und Jenny einen sympathischen Lakaien heiratete. Hübsch, wie sie war, würde sie gewiß genügend Verehrer haben, die gut aussahen und das gleiche Alter hatten. Ein langweiliger Anwalt wie ich, dachte Benjamin bedauernd, der obendrein
zwanzig Jahre älter ist, hat bei ihr dann wohl keine Chancen.
„Auf Sie, Mr. Slade, weil Sie mir die anständige Zukunft ermöglicht haben“, prostete Jenny ihm zu.
Natürlich fühlte er sich geschmeichelt, wollte sich jedoch nicht mit fremden Federn schmücken. „Der Dank gebührt Seiner Hoheit, nicht mir“, widersprach er ernst. „Er hat dir zur Freiheit verholfen.“
„Natürlich trinke ich auch gern auf sein Wohl und das meiner neuen Herrin, aber Sie haben mir viel Zeit gewidmet und gezeigt, wie eine gesittete Dame sich zu benehmen hat“, entgegnete Jenny lächelnd. „Sie haben Mrs. Gimson für mich gefunden, von der ich so viel lernen konnte, vollstes Vertrauen in mich gesetzt und mir immer wieder Mut gemacht. Gut, Prinz Balagrini hat mir die Möglichkeit gegeben, ein neues Leben zu beginnen, doch erst durch Sie bekam es einen Sinn.“ „Danke, Miss Miller. Es war mir eine Ehre, Ihnen beizustehen. Also trinken wir jetzt auf Seine Hoheit und seine zukünftige Gemahlin.“ Nachdem Benjamin mit Miss Miller angestoßen hatte, erkundigte er sich zögernd: „Wann werden Sie den Dienst bei Lady Sara St. James aufnehmen?“
„Morgen. Sie schickt mir eine Kutsche.“
Benjamin war enttäuscht, daß Jane ihn so schnell verlassen würde. Er nippte an seinem Glas und erkannte unversehens, wie leer das Haus wieder sein würde, sobald Miss Miller ausgezogen war. Sie hatte es mit ihrem Frohsinn und ihrer Heiterkeit erfüllt, und deshalb würde er sie um so mehr vermissen.
„Sie werden sehr beschäftigt sein“, murmelte er bedrückt, „da Lady Sara sich mit ihrer Aussteuer befaßt.“ Er hielt inne und fügte nach kurzer Pause schlicht hinzu: „Sie werden mir fehlen, Jane.“
„Ich möchte etwas tun, um Ihnen meinen Dank für alles
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