Liebe und Vergeltung
alle Welt wissen zu lassen, daß Lady Sara St. James sich für einen anderen Mann entschieden hatte. Ideal war es, daß dieser Mann er selbst war und sie in einer Woche heiraten würden. Mühelos war ihm der Zugang zur feinen Gesellschaft gelungen, zu Weldons eigenen Kreisen. Mehr noch, er hatte dem verhaßten Feind die Braut abspenstig gemacht!
Neben dem Wort „Baronie“ vermerkte er: „Hinfällig“. Er war der Meinung, daß Benjamin Slade die Sache erfolgreich hintertrieben hatte. Leider würde es Wochen dauern, bis Sir Charles merkte, daß er den heißersehnten Titel nicht bekommen würde. Aber die Ungewißheit würde ebenso lange an Weldons Nerven zerren, und das freute Mikahl.
Bei Elizabeth Weldons Namen furchte er die Stirn. Weldon hatte keinen Zugriff auf das Vermögen, das seiner Tochter von der Mutter hinterlassen worden war. Nach dem Tod des Vaters würde Elizabeth wahrscheinlich wieder in die Obhut des Onkels und dessen Gattin kommen, beides recht anständige Leute. Ihre Zukunft schien also gesichert. Die Frage, wie Mikahl das Kind als Waffe gegen Weldon verwenden konnte, hatte neues Gewicht erhalten, seit Eliza beim Vater wohnte. Vermutlich war sie der einzige Mensch im Leben des Baronet, den er selbstlos und geradezu abgöttisch liebte.
Unversehens kam Mikahl ein Einfall, und er lächelte hämisch. Wie würde Weldon, der sich seit Jahren nichts daraus machte, unschuldigen Mädchen körperlichen und seelischen Schaden zuzufügen, wohl auf die Nachricht reagieren, daß sein Töchterchen entführt und in ein anrüchiges Etablissement verschleppt worden war? Da Weldon sich am besten vorstellen konnte, was seinem heißgeliebten Kind dort widerfuhr, würde er bestimmt Himmel und Hölle in Bewegung setzen und herauszufinden trachten, wo sie festgehalten wurde, um sie unverzüglich zu befreien.
Mikahl hatte nicht vor, Elizabeth tatsächlich in ein Freudenhaus zu bringen. Es genügte, sie zu rauben und Weldon glauben zu machen, sie hielte sich in einem Bordell auf. Mikahl sah keine Schwierigkeit, die Absicht in die Tat umzusetzen. Er mußte lediglich Sara, die mit Elizabeth befreundet war, durch geschicktes Taktieren dazu veranlassen, das Mädchen einige Tage zu sich zu nehmen und Weldon dann mitteilen, die Tochter wäre entführt worden. Natürlich durfte Sara nicht wissen, was wirklich hinter der Sache steckte, denn dann hätte sie sich niemals bereit gefunden, Mikahl behilflich zu sein. Befriedigt schrieb er neben Elizabeths Namen „Entführung und Verschleppung“.
Nun blieb nur noch die Sparte „Weldons Tod“. Mikahl war entschlossen, die gleiche Herzlosigkeit walten zu lassen, die Weldon zu eigen gewesen war. Nur der Tod des Gegners konnte die ihm angetane Schmach tilgen. Die Hochzeit mit Sara vereitelte jedoch den ursprünglichen Plan, England nach der Vernichtung des Feindes zu verlassen, und machte es erforderlich, den letzten Schlag gegen Weldon so zu führen, daß nicht der geringste Schatten eines Verdachtes auf ihn, Mikahl, fiel.
Ein Klopfen schreckte ihn aus den Gedanken. Überrascht blickte er zur Tür und sah Alastair eintreten. Rasch klappte er das Dossier zu, schob es in die Schublade und verschloß sie. Lächelnd erhob er sich und sagte erfreut: „Alastair! Dich hatte ich nicht erwartet. Wie schön, dich zu sehen!“
Alastair war nicht entgangen, daß Mikahl etwas vor ihm im Bureau verborgen hatte, fand es jedoch unhöflich, eine diesbezügliche Bemerkung zu machen. Er schüttelte dem Freund die Hand und legte dann ein umfangreiches Dossier auf den Schreibtisch. „Ich habe Einsicht in die Unterlagen genommen“, erklärte er ernst, „die du mir zur Verfügung gestellt hattest. Um Himmels willen, Mikahl, warum schaltest du nicht die Behörden ein und legst Sir Charles das schmierige Handwerk? Du hast genügend stichhaltige Beweise, die zu einer Verurteilung führen würden.“
„Ich habe meine Gründe, warum ich Weldon nicht sofort vor Gericht bringe“, antwortete Mikahl und wies auf einen Ledersessel. „Bitte.“
Alastair setzte sich, schüttelte den Kopf und murmelte: „Entschuldige, aber das begreife ich nicht.“
„Ich verspreche dir“, erwiderte Mikahl und nahm wieder Platz, „daß es nicht mehr lange dauern wird, bis Weldon die gerechte Strafe erhält.“
„Je eher, desto besser!“ sagte Alastair erregt. „Mir wurde berichtet, daß er dich und Sara in der ganzen Stadt schlechtmacht.“
„Er versucht es“, widersprach Mikahl lächelnd. „Aber es gelingt
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