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Liebe und Völkermord

Liebe und Völkermord

Titel: Liebe und Völkermord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Imran
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den Schlächtern machen mussten, trieben Orhan und den Ali Pascha an den Rand von Schizophrenie, Hysterie und verstohlener Psychopathie. Und schließlich hatten beide bisweilen Suizidgedanken.
    In dieser Nacht stand das Zelt des Ali Pascha weit abseits der aramäischen Dörfer. In einigen Dörfern wüteten die Söldner noch. Von hier aus blieb er von dem entsetzlichen Lärm verschont. Er lag da auf seiner Matte und schloss seine Augen. So versuchte er, endlich an etwas Schönes zu denken. Da war der prächtige Garten seiner Villa. Er stolzierte durch ihn und da kamen ihm seine vier Ehefrauen eine nach der anderen lächelnd entgegen. Sie trugen prächtige Kleider aus Frankreich. Dann sah er die Diener seines Hauses. Da war auch die hübsche Aramäerin unter ihnen, welche sich Fatima nannte. Fatima war ein gutes Mädchen. Bereitwillig hatte sie jeden seiner Wünsche erfüllt. Sie war zwar von ihrem Volk verstoßen worden und sie selbst wollte nichts mehr von ihrem Volk wissen, aber dennoch war sie immer noch eine Aramäerin. Besonders ihr Lächeln erheiterte ihn. Sie war so schön. Er berührte sie sanft an ihrer rechten Wange. Sie kicherte und verneigte sich vor ihm. Zweifellos war sie eine Perle. Dann stellte er sich vor, die meisten aramäischen Frauen wären so anmutig und so vorzüglich wie Fatima. Welch ein Verbrechen hätten dann seine untergebenen Söldner begangen! Und er dachte weiter, vielleicht waren ihre Ehemänner auch keine schlechten Menschen. Welch ein Verbrechen hätten dann seine untergebenen Söldner begangen! Sofort wurde er aus seinem herrlichen Traum herausgerissen. Er öffnete seine Augen, setzte sich auf und schaute um sich herum. Dann kam er wieder zu sich und legte sich wieder hin.
    Diese Tage waren die schlimmsten seines Lebens. Lachen konnte er nicht mehr. Freude über das schöne Erlebte in seinen Erinnerungen konnte er nicht mehr empfinden. Er hatte sogar die Lust an Weibern verloren. Innerlich betete er für ein baldiges Ende dieser Qualen. Jedoch blieb der Ausblick auf die Zukunft düster für ihn.
    Orhan stand vor seinem Zelt und bat um Einlass. Erst zögerte Ali und antwortete seinem Adjutanten nicht, doch dann gewährte er ihm seine Bitte. Vor einem Tag war Orhan vom Pferd gefallen und hatte sich sein linkes Bein gebrochen. Ein Soldat hatte drei saubere Hemden beschafft und sie um das Bein gewickelt. Orhan war nun auf dem Bein gelähmt und konnte sich nur noch mit Hilfe eines bis zu seiner Hüfte langen Gehstocks vorwärts bewegen.
    Der Halbkrüppel humpelte hinein und setzte sich auf die Matte gegenüber von dem Pascha hin. Das Zelt maß etwa sechs Meter in der Länge und fünf Meter in der Breite, genug Platz, um sich in ihm frei bewegen zu können.
    Orhan hielt in seiner linken Hand eine Feldflasche. Er trank aus ihr. Hochprozentiger griechischer Rotwein war sein Lieblingsgetränk. Danach hielt er die Flasche in die Richtung des Paschas, obwohl er wusste, wie der Pascha reagieren würde. Er tat es aus Gewohnheit und Respekt. Der Pascha schüttelte erwartungsgemäß den Kopf und hob mehrmals abweisend seine linke Hand.
    „Du siehst heute nicht gut aus. Was ist los mit dir? Fühlst du dich nicht gut? Bist du krank?“
    Der Pascha wandte sich ab von ihm, drehte seinen Körper nach rechts, schob seinen rechten Arm unter seine rechte Gesichtshälfte und lag nun mit dem Rücken zu Orhan gewandt. Der alte Freund zuckte nur mit den Achseln und trank danach noch einen ordentlichen Schluck vom Wein. Er rülpste. Dann seufzte er. Ihm wurde sehr warm und augenblicklich besetzten dutzende Schweißperlen seine Stirn. Er wischte sie mit der Oberfläche seiner linken Hand weg, doch nur einen Augenblick später schossen wieder dutzende von ihnen hervor. Seine Augenlider wurden schwach, er hatte kaum noch Kraft, sie zu heben. Trotz seiner Trunkenheit war sein Verstand immer noch scharf. „All der Mist hier hat bald ein Ende. Glaub mir“, sprach er mit schriller Stimme und rülpste danach wieder. Rülpsen und Schmatzen waren in dieser Region von diesen Völkern des Ostens nicht verpönt und galten in der Gesellschaft Bekannter und Fremder und allgemein nicht als ein Zeichen von Respektlosigkeit oder Unmanierlichkeit.
    Der Pascha rührte sich nicht, er gab vor, eingeschlafen zu sein, doch Orhan kannte ihn zu gut und wusste, der Pascha war noch wach und dachte über irgendetwas nach. „Ich habe von einem unserer Soldaten erfahren, wohin die Aramäer geflohen sind. Sie sollen in Richtung eines

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