Liebe und Völkermord
werden ihnen versprechen, ihnen nichts anzutun, wenn sie uns ihre Waffen übergeben. Dann kommt es endlich schnell zu einem Ende dieser elendigen Kampagne.“
„ Ich muss Euch noch um etwas bitten, Exzellenz.“
Der Pascha schaute Heinz verwundert an. „Alles, worum Ihr mich bittet, Generalmajor. Was habt Ihr?“
„Mir geht es gut. Nur, wisst Ihr, der Agha Muhammad hat mir gedroht.“
„ Inwiefern?“
„ Ach, es war nur eine Lappalie. Dennoch, ich würde mich sicherer fühlen, wenn ein paar Eurer Männer Wache vor meinem Zelt halten würden.“
„ Ich werde es sofort veranlassen.“
Der Pascha schämte sich. Er war dem Agha Muhammad Ali noch nicht begegnet. Dennoch empfand er tiefe Scham, als er von dem Vorfall im Zelt des Jüsbaschi erfuhr. Den Kurden musste er zurechtweisen. Er nahm sich vor, dies gleich nach der Schlacht zu tun.
Isa aus Kafro war unversehrt in Iwardo angekommen. Mit ihm kamen 500 Flüchtlinge aus seinem Heimatdorf. Der Dorfälteste von Iwardo, Daniel Hedojo, wies sie an, im Kloster Mor Huschabo zu weilen. Im Kloster gab es nicht genügend Matratzen und Matten für alle Gäste. So schliefen die meisten von ihnen auf dem harten Steinboden.
Obwohl Isa nicht der Bürgermeister seines Dorfes gewesen war, erklärte er sich selbst zum neuen Anführer der Kafroje in Iwardo. Er hatte sich verändert. Nicht mehr der harmlose Hirte steckte in ihm. Er war nun ein von Rachegelüsten blinder Krieger geworden. Seine Tochter Maria fand er nicht unter den nachgekommenen Flüchtlingen, so nahm er an, sie sei tot. Ihn plagten auch Schuldgefühle. Vor Aufregung und im Übersturz der Handlungen hatte er sein geliebtes verletztes Schaf namens Basse fallen und zurückgelassen. Auch in diesem Fall nahm er an, sie sei tot.
Als die Heere der Muslime von den Aramäern gesichtet wurden, rief Daniel Hedojo Isa und seine Gefolgsleute zu Hilfe. Er war hinterlistig und wollte seine eigenen Leute nicht zuerst opfern.
Die Kafroje errichteten die Schutzwälle um das Dorf herum. Kafroje hielten Patrouillen an den drei Zugängen des Dorfes ab.
Als am Abend um zwei Minuten vor 18 Uhr das kürzlich eingetroffene Heer des Jüsbaschi sie angriff, übernahm Isa das Kommando und stellte sich dem Heer der Kurden und Türken mit einem Gefolge von hundert mit alten und teil verrosteten und kaum tauglichen Gewehren bewaffneten Männern entgegen.
Sie standen sich mit einem Abstand von nur 50 Metern gegenüber. Das Tal zwischen den beiden hoch ragenden Bergen bot nur eine Fläche von 100 Metern. Die Muslime griffen in geschlossenen Reihen von zehn Mann an. Als die Aramäer unaufhörlich auf sie feuerten und in ihren vorderen Reihen ein Mann nach dem anderen tot zu Boden fiel, lösten sich ihre Reihen auf. Der furchtlose Isa lud sein Gewehr dreimal in nur einer Minute nach. In seiner Jugend hatte er seinen Vater jeden Tag bei der Wildschwein-Jagd begleitet. Nun war er wieder in seiner alten Form und ein ausgezeichneter Schütze. Aus hundert Metern Entfernung traf er mühelos eine Natter. Seit zehn Jahren hatte er nun kein Gewehr mehr in die Hand genommen. Doch so geübt war er und so stark hatte sich das Handwerk des Schützen in sein Gehirn eingebrannt. Nach nur fünf Schüssen auf die Feinde und zwei Minuten war er zu seinen besten Tagen zurückgelangt. Zehn bewaffnete kurdische Schützen hatte er schon tödlich getroffen. Dann schrie er laut: „Die Heiligen und die Erzengel sind mit uns! Kommt mit mir und lasst uns die Teufelsanbeter aus unserem Land verjagen!“
Seine Neffen Danho und Hanna und all die anderen Männer neben und hinter ihm jubelten und rannten ebenfalls los in Richtung der Muslime. Die Kurden und Türken hielten inne, als sie die herannahenden wilden Krieger sahen. Auf ihrer Seite waren schon 20 Männer gefallen. Sie hatten sich erhofft, die Aramäer im Sturm zu besiegen, und das ohne Verluste. Sie hielten es für sinnvoller, sich zurückzuziehen und die Aramäer später noch einmal anzugreifen. Als Isa und seine Genossen sahen, wie sie sich zurückzogen, blieben sie stehen und schossen auf sie, während sie sich im Rückschritt in ihr Dorf zurückzogen.
Indes war das Lager der Muslime gespalten. Der Jüsbaschi konnte die Kurden nicht mehr unter Kontrolle halten. Agha Muhammad Ali weigerte sich, jeden Befehl des Türken auszuführen und seine Männer in den sicheren Tod zu schicken. Ursache für seinen plötzlichen Unwillen war der Streit mit Generalmajor Heinz Sturm gewesen. Der Preuße hielt
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