Liebe und Völkermord
Namen meiner Regierung danke ich noch einmal Eurem Volk für den großen Dienst, dem es unserem Land erwiesen hat.“
Der Deutsche schmunzelte und verneigte sich.
Mustafa machte eine nachdenkliche Miene. „Heißt das, Ihr gedenkt, sie alle in Waggons zu verfrachten?“
„ So ist es. Wir werden sie in der mesopotamischen Wüste aussetzen. Dort werden sie von selbst dahinsiechen. Das ist besser, als wenn wir jeden Einzelnen von ihnen erschießen würden. Das ist Verschwendung von Munition, die wir dringend an der Westfront brauchen.“
„ Gedenkt Ihr, unmittelbar Euer Vorhaben in die Tat umzusetzen, Herr
Statthalter?“
„Herr Generalmajor, wir befinden uns in der Endphase der Vorbereitungen zur Ausführung dieses Unternehmens. Wir müssen jetzt behutsam vorgehen. Alles wird bis ins kleinste Detail durchdacht werden müssen. Wir haben Feinde an allen Fronten.“
„ Der Westen wird sicherlich nicht einfach nur zuschauen, wenn er von dem Ereignis erfährt“, wandte Mustafa ein.
„ Eben deswegen muss alles gut durchplant und alles schnellstmöglich ausgeführt werden. Das alles, solange noch der Krieg in Europa tobt.“
„ Ein mächtiges Vorhaben, drei Millionen Menschen zu eliminieren, Herr Statthalter. Wenn Ihr erlaubt“, sprach der Deutsche, runzelte dabei die Stirn und schaute ungläubig.
Der Pascha nickte. „,Nur der Stärkere überlebt´, waren das nicht Eure Worte? Diese armen Geschöpfe sind wie Ameisen, die von einem Elefanten zertrampelt werden. Es war schon immer so in der Geschichte der Menschheit, dass neue Völker kamen und alte untergingen. Ohnehin besaßen sie keine vollen Bürgerrechte und daran wird sich auch nie etwas ändern.“
„Irgendwann wird es sich zweifellos herumsprechen und sie werden gewarnt werden. Sicherlich werden sich einige von ihnen in ihren Städten und Dörfern verschanzen“, sprach der Deutsche wieder und beugte sich vor wie ein Konspirator.
Mustafa nickte zustimmend dem Deutschen zu, während er aus seinem Glas trank. „Vor allem bei den Aramäern. Wie sollen wir sie in den Süden treiben, zu den Waggons, ohne dass sie einen Verdacht schöpfen? Hier wäre es meiner Meinung nach sinnvoller, die lokalen kurdischen Fürsten mit der Beseitigung dieses Problems zu beauftragen.“
„Sie kennen diese Gegend besser als ich, Herr Jüsbaschi. Herr Sturm, ja, wir werden einige Truppen in diese Provinzen entsenden müssen, um sich diesem Problem anzunehmen. Dies hat Vorrang. Wir müssen dieses Geschwür in unserem Leibe herausschneiden und ausmerzen!“
Rüdiger hob sein Glas an. „Zum Wohl, Herr Statthalter!“
Maria
Mit einem Schlag verwandelte sich des Muchtars grimmige Miene zu einer Fratze. Er lachte laut, geradezu aus seiner Kehle heraus wie ein unbändiger Gorilla. „Du Sohn des Isa, du hältst dich für so was von schlau!“, sagte er keuchend. Die Spucke tropfte vom Rand seiner Unterlippe herunter. „Du bist so was von witzig, kleiner Mann!“
Matthias schwieg eine Weile lang und starrte verärgert vor sich auf den Boden. „Euer Sohn ist es gewesen. Ich werde es beweisen, wenn Ihr wollt. Ich bin im Besitz der Patronenhülse.“
„ Fast jeder Mann hier im Dorf ist im Besitz eines Gewehrs. Du kannst damit gar nichts beweisen, Sohn des Isa!“
„ Ich will mich nicht mit Euch streiten. Johannes hat den ersten Schuss abgefeuert. Aber ich bin nicht hier, um ihn zu verurteilen. Niemand wird davon erfahren. Ich verspreche es Euch. Nur, wir haben ein Problem, die Kurden werden verlangen, dass wir ihnen den Täter überstellen. Glaubt mir, wenn es möglich wäre, würde ich mich selbst stellen.“
Der Bürgermeister platzte wieder laut vor Lachen. „Verschwende nicht meine Zeit, kleiner Mann! Wenn du irgendetwas Wichtiges vorzubringen hast, dann mach es kurz!“
Der Kleinwüchsige kam sich vor wie ein Gefangener in einem Käfig, er ein Eichhörnchen und vor ihm ein ihn anfauchender Tiger. Er nahm all seinen Mut zusammen. „Muchtar, Ihr seid der einzige Mann im Dorf, der hohes Ansehen sowohl bei den Türken als auch bei den Kurden genießt.“
Murads Grinsen vereiste. „Was willst du damit sagen?“
„Sie würden Euch verschonen. Verzeiht mir, aber dies ist der einzige Weg.“
Murad hielt inne und schnaufte. Hätte er sich nun allen Ernstes auf den kleinen Mann gestürzt? Es wäre ein unfairer Kampf gewesen. Johannes, welcher bisher nur schweigend und nachdenklich der Szenerie zugeschaut hatte, sprang auf. „Er sagt
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