Liebe Unerwuenscht
Caroline, ohne sich umzudrehen.
»Darf ich mal Ihr Bad benutzen?«
»Bitte. Ich habe Ihnen schon ein paar Sachen hingelegt. Suchen Sie sich aus, was Sie wollen.«
Normalerweise verbat Jennifer sich strikt jede Einmischung in ihre Garderobe. In Anbetracht der Situation und ihrer absolut stillosen Bekleidung war sie aber dankbar, dass Caroline daran gedacht hatte, wie unwohl sie sich darin fühlen musste.
Jennifer ging ins Bad, nahm eine ausgiebige Dusche und begutachtete anschließend die Kleidungsstücke, die Caroline zurechtgelegt hatte. Eine Packung mit neuer Unterwäsche war auch dabei.
Fünf Minuten später betrachtete Jennifer sich im Spiegel. Die Jeans und das weiße Hemd standen ihr gut, wie sie zufrieden feststellte.
Das fand Caroline auch, als Jennifer die Küche betrat. Sie schaute Jennifer einen Moment befangen an. Einen Moment zu lange, als dass es von Jennifer unbemerkt blieb. Die reagierte jedoch nicht mit einer ihrer üblichen spöttischen oder gar anzüglichen Bemerkungen darauf.
»Danke«, sagte Jennifer statt dessen mit warmer Stimme.
Caroline nickte nur. Sie hatte in der Zwischenzeit den Tisch gedeckt, tat jetzt die Steaks auf die Teller, schnitt die aufgewärmten Baguettes in gleichmäßige Stücke und legte sie in einen Korb, den sie ebenfalls auf den Tisch stellte. Orangensaft und Gläser standen bereits dort.
Schweigend setzten sie sich und begannen zu essen.
»Was werden Sie jetzt tun?« unterbrach Caroline schließlich die Stille.
»Zunächst einmal will ich Ihnen versichern, dass ich wirklich niemanden getötet habe.«
Das war zwar keine Antwort auf Carolines Frage, aber es lag Jennifer daran, das klarzustellen. »Und dass ich Ihnen sehr, sehr dankbar bin, für das, was Sie für mich tun. Ich hoffe, ich kann Ihnen einmal etwas von dem zurückgeben.«
Caroline winkte ab. »Schon gut, nicht der Rede wert.«
»Was ich genau tun werde? Ich weiß es noch nicht. In jedem Fall werde ich mit Sarah sprechen.«
Diese Sarah hatte Jennifer vorhin schon erwähnt. »Womit glauben Sie denn, setzt Sasse Ihre Freundin unter Druck?«
»Tja. Sarah betreibt eine private Ermittlungsagentur. Da empfiehlt es sich nicht, der Falschaussage beschuldigt zu werden. Sie könnte ihre Zulassung verlieren.«
»Aber nur wenn sie lügt. Tut sie das?«
»Sarah kann einfach keinen Ärger mit der Polizei gebrauchen«, wich Jennifer aus. »Aber genau den wird Sasse ihr versprochen haben. Er kann sehr einschüchternd sein.«
Caroline hob zweifelnd die Augenbrauen hoch.
Jennifer seufzte. Sie wollte Caroline nicht mit mehr Details versorgen als nötig. Aber es wäre auch undankbar, ihre Hilfe mit Unaufrichtigkeit zu erwidern. »Also gut, ich erzähle Ihnen . . . etwas mehr. Ihr Bild von mir wird danach kein besseres sein. Im Gegenteil. Ich hoffe nur, Sie bereuen es nicht, mir geholfen zu haben.«
Caroline schaute Jennifer offen an. »Ach wissen Sie, ich wirke vielleicht nicht immer so, aber im Grunde bin ich jemand, der weiß, was er tut und auch dazu steht. Sie sitzen nicht hier, weil ich vergaß Sasse anzurufen als Sie schliefen, sondern weil ich der Überzeugung bin, dass Sie zwar eine ziemlich nervige Person sind, aber niemanden absichtlich töten. Hätten Sie das getan, wären Sie doch untergetaucht. Statt dessen kamen Sie zu mir. – Warum eigentlich?«
Jennifer lächelte entschuldigend. »Ich wollte Ihnen keine Unannehmlichkeiten bereiten, aber Sie waren die einzige, die mir einfiel, bei der Sasse mich nicht sofort vermuten würde.«
»Sasse wirft mir vor, ich hätte Ihnen zur Flucht verholfen«, erzählte Caroline.
Jennifer überraschte es nicht, das zu hören. »Aber dazu fehlt Ihnen jedes Motiv. Deshalb ist dieser Vorwurf unhaltbar. Das weiß Sasse auch.«
»Ja, er war einfach nur stinksauer auf alles und jeden, weil Sie ihm entwischt sind. Und jetzt weiß ich auch warum. Aber was ist nun? Erzählen Sie!«
Jennifer überlegte kurz, wie sie anfangen sollte. »Man könnte sagen, Sarah hat mich in diese Schwierigkeiten gebracht«, begann sie. »Andererseits war Sarah einfach eine Figur in einem Spiel mit vielen Figuren. Wie beim Schach. Jede Figur kann das Spiel bestimmen, die Dame genauso wie der Bauer. Es kommt immer auf die Situation an.« Jennifer legte ihr Besteck ab und schaute Caroline ernst an. »Ich nehme an, Sie haben über mich die verschiedensten Dinge gehört. Einiges war vielleicht übertrieben, aber das meiste eher nicht. – Ich bin Jennifer Feiler, die erfolgreiche Managerin
Weitere Kostenlose Bücher